6: Erde und Schatten

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Es gibt viele verschiedene  Arten Leuten auf die Nerven zu gehen. Man kann versteckte Lautsprecher in Schlafzimmern verstecken, Juckpulver in Hosen streuen oder einfach immer wieder und wieder die gleichen Fragen stellen. Natürlich funktioniert Jakes Mezhode auch wunderbar: Man lässt seine Schwester mit dem Fahrrad durch die Gegend fahren. Kilometerweit. Zumindest gefühlt. Nicht dass es mir etwas ausgemacht hätte, Jake zu Hilfe zu kommen. Aber es wäre schön gewesen, wenn er mir zumindest gesagt hätte wo er war, anstatt ein paar gruselige Dinge anzudeuten und dann einfach aufzulegen. Bea konnte ich natürlich nicht um Hilfe bitte, denn das jetzt schon dünne Geflecht aus Lügen würde dann sofort in sich zusammenfallen. Abgesehen davon, dass dies so oder so irgendwann passieren würde. Niemand glaubte mir ernsthaft, dass Jake Zombiekostüme bastelte, besonders nicht seine Stiefmutter, die ihn besser kannte, als die meisten anderen Menschen.

Der Fahrtwind schlug mir ins Gesicht und die kalte Luft brannte in meinen Lungen. Dank Phil und seiner Begeisterung am Sport ging ich mittlerweile oft ein bisschen laufen und bemühte mich auch sonst mich mehr zu bewegen. Es machte mir sogar ziemlichen Spaß, aber Kondition hatte ich trotzdem nicht.  Ich fuhr an den Straßenrand und steckte mir eine lange schwarze Strähne hinter das Ohr. Ich trug keinen Helm und damit mir die Haare nicht ins Gesicht flogen hatte ich sie zu einem tiefen Flechtzopf zusammengebunden. Nur leider war ich nicht besonders gut darin meine Haare zusammen zu flechten, darum hingen mit einige Strähnen trotzdem im Gesicht. Ich zog mein Handy hervor und tippte Jakes Nummer ein, so wie es in den letzten anderthalb Stunden schon öfter getan hatte. Ich erwartete nicht, dass Jake abhob, aber es konnte nicht schaden, es noch einmal zu versuchen. Doch noch bevor ich wählen konnte begann mein Handy zu vibrieren und der Refrain von Whitsnakes “Here I go again“ zerriss die Stille. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich daran zu erinnern, dass das mein Klingelton war.

“Jake?“
Ich konnte weder die Erleichterung, noch den Ärger komplett aus meiner Stimme verbannen.
“Vermutlich“, nuschelte eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
“Was soll das heißen, vermutlich? Du musst doch wissen, wer du bist“
“Darf ich nicht auch einmal einen Witz machen?“
Jake klang verärgert. Dabei hatte er, meiner Ansicht nach keinen wirklichen Grund dazu. Er war schließlich nicht wie ein Irrer durch die Gegend gefahren.
“Nicht in dieser Situation. Wo bist du?“
“Suchst du mich etwa?“
Ich nickte. Dann fiel mir ein, dass er das gar nicht sehen konnte.
“Natürlich. Du hast gesagt du hättest ein übermagisches Problem, dass indirekt etwas mit Rose zu tun hat. Glaubst du, ich kann nach so einer Andeutung noch Zuhause sitzen und lernen mit meinen Jedifähigkeiten Kaffee zu kochen?“
“Du hast keine Jedifähigkeiten“
“Darum geht es doch gar nicht!“
“Wo bist du jetzt ungefähr?“, erkundigte er sich.
“Irgendwo in der Nähe von der Kirche“
Er seufzte.
“Das kann überall und nirgendwo sein“
Ich blickte mich nach einem weiteren Orientierungspunkt um.
“Hier steht ein Briefkasten. Und ich bin an einer relativ befahrenen Straße“
“Gut. Ich komm zu dir“
Es knackte und die Leitung war tot, noch bevor ich protestieren konnte.

Ich hätte Jake gerne die Hölle heiß gemacht. Dafür, dass ich Bea hatte anlügen müssen. Dafür, dass ich durch die Straßen gejagt war. Und dafür, dass er nicht an sein verdammtes Telefon gegangen war! Doch kaum hatte es mein Bruder (trotz meiner eher wagen Angaben...) geschafft mich zu finden, wusste ich das mir da jemand zuvor gekommen war. Jake war ein ordentlicher Mensch. Normalerweise, wenn er nicht gerade seiner psychophatischen Cousine begegnet war, war seine Kleidung sauber und seine Haare ordentlich. Jetzt sah er jedoch aus, als hätte ihn jemand an den Füßen gepackt und als Wischmopp genutzt. Trotzdem winkte er mir ruhig zu.
“Ach du Scheiße“, rutschte es mir heraus.
“Was ist denn mit dir passiert?“
Jake klopfte sich die Erde von der Hose.
“Nichts Besonders“
“Und wo warst du?“
“Ich hatte ein ungewolltes Rendevous mit dem Wasserschatten“
Seine Stimme war so ruhig, als würde er das Telefonbuch auswendig. Wahrscheinlich war das auch der Grund dafür, dass ich das, was er sagte erst einmal nicht wirklich registrierte. Ich nickte.
“Ach so“

Im Schatten der Elemente [Unbearbeitet Fassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt