Am nächsten Morgen wurde ich davon wach, wie jemand mir sanft eine Haarsträhne hinter das Ohr legte. Ich öffnete langsam meine Augen und sah direkt in Bens braune Augen.
"Süße, ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt.
"Ja.", meinte ich.
"Sicher? Du siehst nicht so aus."
"Schatz mir geht's gut. Es ist alles in Ordnung."
"Okay. Wenn irgendwas ist kannst du mir jeder Zeit Bescheid sagen. Das weißt du, oder?"
"Ja klar, aber es ist wirklich alles in Ordnung."
"Na dann ist ja gut.", meinte Ben nun, aber ich merkte ihm an, dass er mir nicht so wirklich glaubte und allein sein Blick sagte aus, dass er mich für's Erste nicht aus den Augen lassen würde. Wir kannten uns einfach viel zu gut als dass wir uns gegenseitig anlügen könnten.
"Wir haben den Transporter schon so weit beladen und für die Pferde liegt auch alles bereit. Den Rest musst du machen da lassen uns deine Beiden nicht dran.", berichtete Ben nun, während er mir hoch half.
"Okay. Danke!", sagte ich und machte mich nun daran Devil mit einer Bürste, die auf der Stallgasse lag über zu putzen und ihm schließlich Decke und Transportgamaschen an zu legen. Das Selbe tat ich auch mit Ginger und führte die Beiden dann nach draußen, wo Emely und Jenny bereits warteten.
Wir begrüßten uns kurz, bevor ich dann Devil den Strick über den Hals warf. Der Hengst kannte das Ganze schon und ging von allein brav in den Transporter, wo er ruhig stehen blieb. Ginger warf ich nun ebenfalls den Strick über den Hals, aber ging mit ihr in den Transporter rein, da sie das noch nicht so kannte und noch nicht allein hinauf ging.
Ich band nun beide Pferde an und versicherte mich noch einmal, dass alles da war, was sie brauchten, bevor ich den Transporter dann verließ und wir alle zusammen in Richtung Polen fuhren.Pünktlich zu Abendfütterung kamen wir dann zuhause an und stiegen aus. Schon kamen uns die Anderen entgegen und Jenny und Tom fielen sich direkt in die Arme. Ich ging allerdings erst einmal nach hinten, um die Pferde aus zu laden und zum Stall zu führen. Dort angekommen kam mir Johannes mit seiner Nachwuchs Stute Bella entgegen. Er blieb an der Stallgasse stehen und wartete, bis ich Ginger versorgt hatte. Dann zog er mich in seine Arme und sagte: "Hey Schwesterchen. Ist wieder alles in Ordnung?"
"Es geht so.", meinte ich und löste mich von ihm, um Devil Transportgamaschen und Decke ab zu nehmen. Dazu klinkte ich einen zweiten Strick in seinem Halfter ein und sagte: "Wir können los."
"Okay. Dann komm. Ich muss nur schnell Julia Bescheid sagen. Die reißt mir den Kopf ab, wenn ich ihr nicht Bescheid sag."
"Gut."
Wir gingen nun zum Transporter zurück, wo nur noch Ben und Julia warteten.
"Was habt ihr denn vor?", fragte Julia direkt.
"Ausreiten.", erklärte ich und Johannes fügte noch hinzu: "Wir sind so in einer Stunde zurück."
"Wenn ihr einen Moment wartet mach ich schnell Milan fertig und komm mit.", meinte Julia nun. Johannes schaute nun fragend zu mir rüber und ich schüttelte den Kopf.
"Wir wollten eigentlich alleine ausreiten.", erklärte Johannes nun.
"Ja eigentlich. Und uneigentlich komm ich jetzt mit."
"Schatz, bitte nicht."
"Warum nicht?"
"Wir müssen mal ein bisschen reden."
"Das könnt ihr auch, wenn ich dabei bin."
"Nein. Eben nicht."
"Warum nicht?"
"Liebling! Bitte! Wir müssen ungestört und alleine ein bisschen reden. Wir sind auch in einer Stunde spätestens wieder da. Versprochen!"
"Na gut. Wenn's unbedingt sein muss.", meinte Julia nun schulterzuckend und machte auf dem Absatz kehr in Richtung Haus.
"Krieg ich noch einen Kuss?", fragte Johannes, aber Julia lief weiter und meinte nur eiskalt: "Nö."
Johannes zuckte nur mit den Schultern und meinte: "Von mir aus können wir dann."
"Okay.", sagte ich und wandt mich dann Ben zu.
"Esst ruhig schon was. Wir kommen dann nach.", sagte ich zu ihm.
"Okay. Bis später, Süße!", sagte Ben und gab mir einen Kuss. Ich erwiderte diesen und schwang mich mit Hilfe des Zauns auf Devils Rücken, um dann mit Johannes zusammen in den Wald zur Lichtung zu reiten. Dort stiegen wir ab und setzten uns in das Gras.
"Ist bei dir wieder alles in Ordnung?", fragte Johannes nachdem wir eine Weile so gesessen hatten.
"Es geht so.", meinte ich nur.
"Woran hängt es?"
"Ich weiß nicht. Ich hab einfach Angst ihn zu verlieren."
"Das tust du nicht. Er wird immer bei dir sein. In deinem Herzen."
"Ich will ihn aber hier haben. Vor mir."
"Ich weiß und das wirst du auch noch viele Jahre. Er wird nicht morgen tot umkippen."
"Woher willst du das wissen?"
"Schau ihn dir doch an. Er ist glücklich und er hat dich immer im Blick. Er weiß, dass er dich hier nicht alleine lassen kann. Und selbst wenn hast du doch so viele tolle Erinnerungen von ihm. Der gesamte Flur und dein Zimmer sind vollgekleistert mit Bildern von ihm."
"Aber die Bilder bringen ihn mir dann auch nicht mehr zurück."
"Nein, aber wenn du ihn vermisst, gehst du einfach in den Stall zu Ginger und kuschelst mit ihr. Sie ist seine Tochter und im Prinzip er als Stute und mit Scheckung. Sie wird dir noch viele Jahre erhalten bleiben und irgendwann wirst du dann von ihr ein Fohlen haben. So hast du ihn im Prinzip immer bei dir und er wird ja noch so einige Jahre leben."
"Ich hoffe es."
"Das wird er. Er wird dich nicht verlassen. Dazu hat er dich viel zu gern und er ist doch noch recht jung."
Mir half das alles allerdings nicht so wirklich und meine Augen wurden schon wieder glasig.
"Ach Lischen. Komm her.", meinte Johannes und nahm mich in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn und ließ meinen Tränen freien Lauf.
So saßen wir eine Zeit lang, bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte. Langsam löste ich mich von meinem Bruder und schaute zu ihm hoch.
"Alles okay?", fragte er. Ich nickte nur und so saßen wir erst einmal eine ganze Weile schweigend nebeneinander im Gras.
"Ist zwischen dir und Julia alles in Ordnung?", brach ich nach einer langen Zeit das Schweigen.
"Ich weiß nicht.", meinte Johannes.
"Wie du weißt nicht?"
"Seit ein paar Wochen ist sie irgendwie komisch. Dauernd eifersüchtig, wenn ich was mit irgendwem anderem außer ihr mache und ihre Laune wechselt auch alle paar Sekunden."
"Klingt schwer nach einem neuen Neffen."
"Meinst du?"
"Ja. Der Beschreibung nach auf jeden Fall."
"Und was mach ich jetzt? Im einen Moment ist sie kurz davor mich um zu bringen und im nächsten klappt sie heulend zusammen. Ich hab echt keine Ahnung mehr, was ich machen soll."
"Du solltest das mittlerweile doch gewohnt sein. Das wäre immerhin die dritte Schwangerschaft."
"Ja, aber diesmal ist das alles irgendwie noch deutlich extremer. Sie spricht teilweise nichtmal mehr mit mir. In der Zeit, wo ihr jetzt weg wart, haben wir uns nahezu durchgehend gestritten."
"Wenn es wirklich das ist, dauert das doch nur neun Monate."
"Ja. Und diese neun Monate können und werden sich tierisch lang ziehen."
"Du schaffst das schon."
"Wenn ich denn nur irgend eine Idee hätte, wie ich es schaffe, dass nicht schon so eifersüchtig ist, wenn ich nur kurz mit wem anders was mache!"
"Das ist doch ein Zeichen für dich, dass du ihr wichtig bist."
"Aber damit übertreibt sie ganz schön. Ich bin demnächst öfter tagelang weg zum Fußball spielen. Wie schaffe ich es das so hin zu kriegen, dass sie in der Zeit nicht völlig am Rad dreht?"
"Zeig ihr, dass sie dir mindestens genauso wichtig ist."
"Und wie soll ich das bitteschön hinkommen?"
"Keine Ahnung. Rede mit ihr, mach ihr Komplimente oder Geschenke oder was auch immer. Du musst ihr nur zeigen, dass sie dir wichtig ist."
"Verdammt, wenn das denn alles so einfach wäre!"
"Wie zeigst du ihr denn sonst, dass du sie liebst?"
"Das brauch ich ihr doch nicht zeigen. Das weiß sie doch."
"Oh man! Ich glaub du hast da ein etwas schwerwiegenderes Problem."
"Und das heißt?"
"Wann habt ihr das letzte Mal Zeit zu zweit verbracht?"
"Vor den Kindern."
"Also vor 12 Jahren?"
"So ungefähr. Ja."
"Ganz ehrlich Johannes. Als deine Frau wäre ich da auch eifersüchtig, wenn du dauernd nur mit anderen Frauen alleine rumhängst."
"Das tu ich doch nur mit dir."
"Und ich bin keine Frau oder was?"
"Doch. Natürlich."
"Na siehst du."
"Aber du bist meine Schwester und du bist verheiratet! Ich werd wohl kaum was mit dir anfangen! Da braucht sie nicht eifersüchtig sein."
"Ist sie aber! Du musst ihr irgendwie zeigen, dass du nur sie liebst und das sie dir wichtiger ist als ich es bin."
"Das weiß sie doch."
"Nein tut sie nicht. Woher denn auch, wenn du es ihr nicht sagst?"
"Das heißt es liegt alles an mir?"
"Ja. Irgendwie schon."
"Und jetzt?"
"Du musst mit ihr reden und zwar dringend sonst ist sie bald weg."
"Bist du sicher, dass sie das macht?"
"Ganz sicher. Das ist Julia. Die bringt das."
"Verdammt! Wie viel Uhr ist es?"
"Keine Ahnung."
"Wir müssen zurück! Schnell!"
"Wenn du mich schnell hoch schmeißt können wir sofort los.", meinte ich. Mein Bruder tat dies sofort und schwang sich dann selber in den Sattel, um dann im vollem Galopp zurück zu reiten, wo wir von den Pferden sprangen und sie zum Stall führten. Dort kam uns bereits Ben entgegen, der meinte: "Das war jetzt aber eine lange Stunde."
"Wie lange waren wir weg?", fragte Johannes.
"Also jetzt exakt drei ein halb Stunden."
"Scheiße! Julia bringt mich um!", bemerkte Johannes hysterisch.
"Dann geh. Ich mach deine Kleine schon fertig.", meinte ich.
"Danke!", sagte Johannes, drückte mir die Zügel in die Hand und machte auf dem Absatz kehrt.
"Wenn ich dir noch irgendwie helfen kann sag Bescheid!", reif ich ihm noch hinterher.
"Ja.", rief er zurück und rannte ins Haus.
"Ist zwischen den beiden alles in Ordnung?", fragte Ben mich nun.
"Nicht wirklich, aber das kann ich dir nicht erzählen. Sonst krieg ich Ärger mit Johannes.", meinte ich nur.
"Okay. Dann lass uns die Beiden Mal fertig machen."
"Ich nehm Devil und du die Kleine?"
"Ja."
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Der falsche Sprung - Korrektur
Ngẫu nhiên"Der Falsche Sprung" ist der vierte Teil mein Buchreihe über die Bewohner des Gestüts Michalòw. Emely Michalòw ist mittlerweile 16 Jahre alt und steckt mitten in der Pubertät. Hier wiederholte sie alles, was Lisa damals bereits mit 13 Jahren gemacht...