Kapitel 51

84 4 0
                                    

Ich schwang mich nun aus dem Sattel des Hengstes und übergab ihn wieder an Emely.
"Reit ihn noch ein bisschen trocken und bring ihn dann weg. Dein Champion hat für heute genug getan.", sagte ich mit einem breiten Grinsen.
"Sagtest du gerde mein Champion?", fragte sie erstaunt.
"Ja. Dein Champion. Erinnerst du dich nicht mehr an deinen Geburtstag? Du durftest dir noch ein Pferd aussuchen. Ich gehe mal schwer davon aus, dass du ihn willst."
"Danke!", strahlte Emely und fiel mir um den Hals.
"Das heißt aber auch, dass du ab jetzt für ihn verantwortlich bist. Du musst dich um ihn kümmern.", mahnte ich.
"Ja. Ich weiß. Ich verspreche dir, dass ich gut auf ihn aufpassen werde!"
"Vergiss dabei aber auch Meike nicht! Sie ist auch immernoch dein Pferd!"
"Das würde ich nie tun! Meine Kleine könnte ich nie vernachlässigen!"
"Okay. Dann reit ihn jetzt noch ein bisschen warm und bring ihn weg."
"Darf ich ihn im Gelände trocken reiten?"
"Ja, aber nur im Schritt! Und pass ein bisschen auf. Er war bis jetzt erst einmal mit mir im Gelände. Er ist das noch nicht so gewohnt."
"Mach ich.", sagte sie und war auch schon mit dem Hengst zusammen verschwunden. Mit einem breiten Grinsen schwang ich mich nun auf Ginger und begann mit dem Training. Bevor ich allerdings richtig mir dem Parcours anfing, ließ ich von Johannes allerdings erst einmal die Stangen auf die richtige Höhe legen. Jetzt war es originalgetreu der Parcours vom CHIO und es konnte los gehen. Ginger kannte den Parcours noch nicht und wir machten ein paar kleinere Fehler, aber alles in allem klappte es ganz gut und ich war zufrieden mit meiner Kleinen. Dafür, dass sie noch so jung war und nicht viel Erfahrung hatte, machte sie das schon richtig gut.

Nach dem Training übergab ich Ginger dann wieder an Jenny und machte mit den nächsten Pferden weiter.

Am Abend ging ich dann noch mit Paul joggen, bevor ich mich dann wieder an die Büro Arbeit machte.
Als ich mich dann mitten in der Nacht zu Ben legte, öffnete dieser seine Augen und schaute mich groß an. Was mich allerdings wunderte war, dass kein Kommentar dazu kam, dass ich schon wieder so spät war. Hatte er etwa tatsächlich verstanden, dass es sowieso nichts brachte, dass er jedes Mal rum meckerte und es aufgegeben?
"Wie geht's dir?", fragte ich.
"Naja.", meinte er.
"Was heißt naja? Hast du wieder Schmerzen?"
"Nein. Keine Sorge."
"Warum dann nur naja?"
"Ich vermisse dich."
"Ach du bist süß. Morgen hat Paul seinen letzten Tag hier und am Montag fährt er nach Hause. Dann hab ich wieder mehr Zeit. Und bald ist Winter. Dann haben wir weniger zu tun und noch mehr Zeit."
"Hast du Emely eigentlich heute schon gesehen?"
"Ja. Die hängt die ganze Zeit bei Paul rum."
"Also hattest du doch Recht?"
"Ja klar. Deine Tochter hat den selben Geschmack, wie ihre Mutter."
"Muss ich mir jetzt Sorgen machen, weil du den ganzen Tag mit ihm trainierst?"
"Nein. Keine Sorge. Ich betrüge dich schon nicht. Das würde ich nie tun. Ich liebe nur dich.", meinte ich und gab ihm einen Kuss.
"Ich liebe dich auch!", sagte er und erwiderte diesen.
In Bens Armen schlief ich dann nach einer Weile schließlich ein.

Am nächsten Morgen ging es dann, wie gewohnt, mit der Fütterung los und danach weiter zum Freispringen mit Paul und Bismarck. Der Hengst machte seine Sache jetzt schon deutlich besser, als noch am vorherigen Tag.
Nach Bismarck ließ ich dann Ginger noch ein wenig Freispringen. Danach schwang ich mich dann wieder in den Sattel und trainierte mit meinen anderen Schützlingen weiter.
Am Mittag setzte ich mich dann auf Ginger und ritt mit Emely und Paul zu der Geländestrecke in der Nähe. Hier hatte ich die Erlaubnis bekommen mit den Beiden zu trainieren und so mussten wir ausnahmsweise mal nicht unerlaubt über die zwei Meter Mauer springen, sondern ritten durch das Tor am Eingang. Das hatten wir nach einiger Zeit auch gefunden. Vorher verirrten wir uns allerdings erst einmal ganz schön.
"Ich dachte ihr wärt schon öfter da geritten.", sagte Paul verwundert.
"Ja, aber wir haben eigentlich noch nie den Eingang genommen.", meinte ich.
"Wie seid ihr denn dann rein gekommen?"
"Die Mauer ist nur zwei Meter hoch. Das springt Ginger ohne Probleme."
"Ihr seid nicht ernsthaft einfach über die Mauer gesprungen oder?"
"Doch."
"Ist das denn erlaubt?"
"Nein."
"Kann es sein, dass ihr irgendwie nur Mist baut, wenn keiner dabei ist?"
"Nein. Das machen wir auch, wenn jemand dabei ist."
"Aha."
"Wir sind halt ein bisschen verrückt. Da musst du dich wohl oder übel dran gewöhnen, wenn du mit uns unterwegs bist.", meinte ich und trabte die Stute unter mir nun an.
"Wir traben jetzt einmal die Strecke ab und galoppieren dann wieder zurück. Dann sind die Pferde schon mal warm.", erklärte ich zuerst auf deutsch für Paul und dann noch einmal auf polnisch für Emely. Dies taten wir dann auch und trabten die Strecke dann einmal komplett ab, bevor wir dann im vollen Galopp zurück ritten. Nun waren die Pferde warm und ich erklärte wieder auf beiden Sprachen einmal: "Emely hält ihr Pferd hier ein bisschen im Bewegung und Paul fängt an mit dem Parcours. Danach dann andersrum. Ich reite nebenher und schaue mir eure Runden an. Die Stellen, die euch am schwersten Fallen, üben wir dann noch ein paar Mal."
Von den Beiden kam nur ein Nicken und so ritt ich nun mit Paul zusammen zum Start. Ich zählte bis drei und dann ging es auch schon los. Im vollen Galopp jagten wir los und Paul machte seine Sache schon relativ gut. Ein paar kleinere Fehler schlichen sich dann aber doch ein. Sein größtes Problem war es immer noch die Distanzen richtig ab zu schätzen und zu treffen. Auch fiel es ihm noch schwer die Linien richtig zu treffen. Da musste dringend dran gearbeitet werden, aber das konnte auch ich in einem einzigen Wochenende nicht alles wieder ausbügeln. Dafür hätte ich mehr Zeit gebraucht. So etwas konnte niemand innerhalb von drei Tagen lernen. Wir waren unserem Ziel allerdings schon deutlich näher gekommen. Immerhin wusste Paul jetzt genau, wo seine und Bismarcks Schwächen waren und wie er daran arbeiten konnte. Mit Hilfe von einem halbwegs guten Trainer, der ihnen Tipps gab, konnte daraus schon mal was werden.

Der falsche Sprung - KorrekturWo Geschichten leben. Entdecke jetzt