Kapitel 29

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Sie machte nun also den Plan fertig und druckte ihn aus, während ich geduldig wartete.
Als sie dann fertig war, blieb sie vor mir stehen und schaute mich aus großen Augen an.
"Komm. Du musst ins Bett.", sagte ich und legte sanft einen Arm um sie. Sie schaute mich nur weiterhin groß an. Sie war ja echt völlig fertig! Und da wollte sie die nächste Nacht auch noch durch machen? Dann wäre sie morgen endgültig am Ende gewesen.
"Ach komm her. Du bist ja total fertig.", sagte ich und hob sie nun vorsichtig hoch. Sie krallte sich direkt an mir fest und kuschelte sich dicht an mich. Ich trug sie nun langsam nach oben, wo ich sie sanft auf dem Bett absetzte und mich daneben setzte. Sie rutschte direkt auf meinen Schoß und kuschelte sich an mich. Ich nahm sie in den Arm und sagte ruhig: "Du bist total kaputt. Mach dich fertig und leg dich hin. Ich komme auch gleich.", sagte ich und wartete, bis sie langsam von meinem Schoß gerutscht war und sich fertig machte. Ich tat das ebenfalls und verschwand kurz im Bad.

Als ich wieder kam lag Lisa schon im Bett und schaute mich groß an. Ich legte mich neben sie und sagte: "Du hättest ruhig schon schlafen können."
Sie kuschelte sich nur wortlos an mich. Sanft schloss ich sie in meine Arme und wenig später spürte ich auch schon, wie ihre Atmung gleichmäßiger wurde und sie eingeschlafen war. Sie war echt total ko. Das mit Johannes hatte sie echt mitgenommen. Sie gab das zwar nicht immer so zu, aber Johannes war ihr echt wichtig. Auch wenn ich ihn auf den Tod nicht leiden konnte und der Meinung war, dass er ihr nicht wirklich gut tat, wusste ich, dass sie ihn brauchte. Er war der Letzte, den sie von ihrer Familie noch hatte und sie brauchte ihn als Rückhalt. Auch wenn ich es von Herzen gerne würde, konnte ich ihr leider nicht die komplette Familie ersetzen. Das konnte niemand. Ich war ja schon froh, dass sie ihren Eltern nicht mehr all zu sehr hinterher trauerte. Bei ihrer Mutter war es allerdings noch immer recht schwierig. Die Beiden standen sich eben immer sehr nah und es war immerhin ihre Mutter. Das steckte man nicht einfach so weg. An den Tod meiner Mutter konnte ich mich nicht mehr erinnern. Ich war viel zu jung, als sie starb. Ich konnte mich ja nicht mal mehr richtig an sie erinnern und alles, was von ihr geblieben war, hatte mein Vater verbrannt. Das war seine Art gewesen damit um zu gehen. Die Tatsache, dass sie an Krebs starb, machte ihn zu dem, was er heute ist. Erst nach ihrem Tod wurde er so griesgrämig und streng. Mit mir hatte er nie darüber gesprochen. Er hat mir nichtmal selbst gesagt, dass sie gestorben war. Das musste meine Oma für ihn machen und danach wurde das Thema in der kompletten Familie tot geschwiegen. Die Pferde waren es, die mir geholfen hatten. Ihnen hatte ich alles erzählt und in ihnen die besten Zuhörer gefunden. Sie unterbrechen dich nicht und gaben keine Kommentare dazu ab. Sie stehen einfach nur still und hören dir zu. Genau deshalb liebe ich sie so sehr. Sie haben mir über ihren Tod hinweg geholfen und waren neben Lisa schon immer die Einzigen, denen ich so richtig vertraut habe. Vor allen Dingen Shalima hatte es mir schon immer angetan. Auch, wenn sie ein kleines, unscheinbares Fohlen war, hatte ich schon immer an sie geglaubt. Sie war mein Schatz und das war sie auch heute noch. Meine Stute von der ich alles gelernt habe, was ich weiß. Das erste Pferd, was ich komplett selber ausgebildet und trainiert habe. Nur selten saß jemand anderes außer mir auf ihrem Rücken und ihre Fohlen sind die Besten von allen. Sie ist wirklich eins unserer besten Pferde und wird auf Ewig in meinem Herzen bleiben.

Mit dem Gedanken an meine Stute schlief ich ein und schlief, bis am nächsten Morgen der Wecker klingelte.
"Schon wieder so spät?", fragte Lisa neben mir verschlafen.
"Ja. Wir müssen los.", sagte ich und gab ihr einen Kuss. Sie erwiderte diesen und sagte: "Morgen."
"Morgen Süße! Wie geht's dir?"
"Gut. Wieso fragst du?"
"Weil du gestern Abend echt nicht gut aussahst."
"Ich war nur ein bisschen fertig."
"Ein bisschen ist gut. Du warst völlig am Ende."
"Keine Sorge. Mir geht's gut."
"Sicher?"
"Ganz sicher. Es ist alles gut."
"Okay. Wenn was ist dann sag Bescheid! Du musst nicht die ganze Zeit durch arbeiten. Du kannst auch mal einen Tag Pause machen."
"Ich hab doch heute zwei Stunden Pause."
"Als ob du da Pause machst. Wie ich dich kenne, sitzt du dann im Auto und machst den Plan für morgen."
"Da brauch ich höchstens eine Stunde."
"Ja. Und in der anderen Stunde betüttelst du dann Johannes und Julia oder machst den anderen Plan."
"Du kennst mich einfach zu gut!"
"Ja. Pause machst du erst, wenn dich irgendwer dazu zwingt."
"Warum sollte ich auch Pause machen? Dafür hab ich viel zu viel zu tun."
"So langsam wird es schwierig. Wir müssen entweder ein paar Pferde verkaufen oder mehr Personal einstellen. Das geht so nicht weiter!"
"Dann find mal jemanden, der hier arbeiten kann."
"Ja. Das ist das Problem."
"Wart einfach ab. Emely ist doch bald aus der Schule und kann dann komplett hier anfangen. Dann sind wir schonmal einer mehr und wenn ich das richtig sehe, bleibt mein Vielseitigkeitsreiter auch hier."
"Wieso sollte er?"
"Hier hat er die besten Möglichkeiten. Lauter Top Trainer, tolle Dressur- und Springplätze und ein tolles Gelände, wo man bestimmt ein paar Sprünge hin bauen kann. Außerdem noch Flutlicht und eine Hochmoderne Anlage mit allen drum und dran. Dazu kommt dann noch die hübsche Tochter vom Chef in die er sich verknallt."
"Du hast Träume!"
"Ne. Ich bin nur realistisch. Wirst du noch sehen."
"Na dann bin ich ja mal gespannt!"
Wir machten uns nun fertig und aßen kurz was, bevor wir dann im Stall die Pferde fütterten und Lisa die Zettel mit den Aufgaben für heute aufhängte. Dann fuhren wir direkt los zum Krankenhaus.
Dort angekommen standen Julia und Johannes schon an der Einfahrt und warteten.
"Hey! Wie geht's euch?", fragte Lisa, als die Beiden eingestiegen waren.
"Jetzt, wo ich aus diesem grauen Kasten raus bin schon viel besser!", meinte Julia.
"Das klingt ja schonmal gut. Und dir?", fragte sie an Johannes gewandt.
"Jetzt wieder gut.", kam es von diesem.
"Super! Dann jetzt ab nach Hause. Die Pferde warten!", sagte sie und eine Stunde später kamen wir auch schon am Gestüt an. Julia verschwand direkt im Stall, während wir erst einmal am Auto blieben.
"Ist wirklich alles in Ordnung?", fragte Lisa nun an Johannes gewandt. Dieser nickte nur und folgte dann Julia.
"Und was machen wir jetzt?", fragte ich.
"Arbeiten würde ich sagen.", meinte Lisa und verschwand bei Ginger im Stall.

So arbeiteten wir nun den ganzen Tag durch, bis wir dann am Abend völlig fertig ins Bett fielen. Bei diesem Tagesablauf blieb es und wir arbeiteten den ganzen Tag durch, um dann abends völlig fertig ins Bett zu fallen. Nebenbei machte Lisa dann noch die Nächte durch, wenn ich sie nicht bremste. Emely machte auch weiterhin nur Mist und verbrachte die Wochenenden damit sich sinnlos zu betrinken. So waren sie und Lisa eigentlich durchgängig am Streiten und jeder schimpfte auf den Anderen. Ich durfte mir das alles anhören und verzweifelte so langsam. Lisa war damals ja schon schlimm gewesen, aber Emely toppte das alles nochmal mindestens um das doppelte. Zu dem geklautem Auto kamen dann noch versuchter Einbruch bei einer Freundin, Beleidigung von Beamten und Diebstahl einer Bierdose an einer Tankstelle. Ein Wunder, dass sie nur Geldstrafen bekam, aber andererseits wollen die Polizisten sie wahrscheinlich auch nicht haben. Die fragten schon gar nicht erst mehr, sondern fuhren sie einfach nur nach Hause.

Ein paar Wochen später ging es dann zum Rennen. Alles war so weit organisiert, bis Lisa dann am Abend, bevor wir fahren wollten fragte: "Was ist eigentlich mit Emely? Was machen wir mit der?"
"Hier lassen.", meinte ich.
"Ja das ist klar, aber wer passt auf die auf?"
"Jenny?"
"Kommt mit uns."
"Julia?"
"Das überleben beide nicht."
"Und wer sonst?"
"Dein Vater?"
"Vergiss es! Das überlebt Emely nicht!"
"Klar. Die hat eine große Klappe und kann sich wehren. Ich mach mir da eher Sorgen um deinen Vater."
"Ne."
"Auf ihn hört sie vielleicht auch mal."
"Ich weiß nicht..."
"Uns bleibt nichts anderes übrig."
"Na gut. Aber du sprichst mit ihm!"
"Okay. Wenn du in der Zeit noch Sheylas Sachen einpackst."
"Mach ich."
"Gut. Dann bis gleich!"
"Ja.", sagte Lisa noch und verschwand dann, während ich die restlichen Sachen der hübschen Rappstute packte.

Der falsche Sprung - KorrekturWo Geschichten leben. Entdecke jetzt