Nach einer kurzen Pause ging es dann weiter. Erneut ging es die ganze Zeit hin und her, bis die gegnerische Mannschaft ein Tor schoss. Also stand es jetzt eins zu eins. Nun ging es wieder die ganze Zeit hin und her, bis es dann auf einmal eine komische Haufenbildung vor unserem Tor gab. Hier wurde nun ein paar Mal vor jegliches Aluminium des Tors geschossen, bis dann auf einmal Ruhe war. Okay. Das konnte nichts gutes heißen. Ich konnte allerdings auch nicht erkennen, was los war.
Ben drehte sich nun zu uns und rief: "Lisa, kommst du mal bitte?"
Okay. Das konnte nur eins bedeuten. Irgend ein Unfall. So schnappte ich mir nun schonmal meinen Erste Hilfe Kasten und lief über das Spielfeld zu den Anderen. Dort lag Johannes am Boden und hielt sich die blutende Nase. Na klasse! Ich wusste es! Das konnte einfach nicht gut gehen!
"Was ist los?", fragte ich.
"Er hat den Ball abgekriegt.", berichtete Henri, ein Kumpel von Julian, der auch in unserem Team spielte.
"Na klasse. Johannes du bist bitte jetzt so schlau und guckst dir nicht deine Hände an, sondern kommst mit mir!", wies ich meinen Bruder an und half ihm hoch, um ihn dann vor mir her zur Bank zu schieben. Dort setzte ich ihn drauf und fragte: "Wie sehr tut es weh?"
"Ziemlich.", meinte Johannes.
"Gebrochen?"
"Keine Ahnung."
"Lässt du mich tasten?"
"Wenn du vorsichtig machst."
"Versprochen."
"Okay."
Johannes nahm nun die Hand runter und ich stellte fest: "Da brauch ich gar nicht tasten. Die ist gebrochen. Das seh ich so schon."
"So schlimm?", fragte Johannes.
"Ich hab leider keinen Spiegel, um es dir zu zeigen, aber deine Nase ist in der Mitte durch und hübsch verbogen."
"Und jetzt?""
"Kann mal irgendwer gucken, ob er hier irgendwo Pappe oder sowas in der Art findet?", fragte ich nun in die Runde.
"Ich gehe.", meinte Jenny und verschwand.
"Was hast du vor?", fragte Julia.
"Ich schieb seine Nase schonmal so weit gerade und leg ihm eine provisorische Schiene an.", berichtete ich. Julia nickte nur. Wenig später kam Jenny dann auch schon mit einem großen Stück Pappe und einer Schere wieder.
"Sehr gut! Danke!", sagte ich und nahm ihr beides ab, um aus der Pappe dann ein Stück heraus zu schneiden, das in etwa die Größe von Johannes Nase hatte. Vorsichtig schob ich nun Johannes Knochen wieder halbwegs gerade aufeinander, während Julia sich von ihm die Hand zerquetschen ließ. Als dann alles wieder saß legte ich ihm provisorisch eine Art Schiene an. Das Spiel neigte sich im Hintergrund langsam dem Ende hinzu, aber ich bekam davon nicht mehr viel mit, da ich eher damit beschäftigt war die Knochen von Johannes so zu befestigen, dass sie für's erste so halbwegs hielten. Bis Julia mich dann nach einer Weile vorsichtig an der Schulter antippte.
"Was denn?", fragte ich, während ich die Nase von Johannes weiterhin verband.
"Ich glaub da ist nochmal dein Typ gefragt.", meinte Julia.
"Wieso? Was ist los?"
"Ich weiß auch nicht, aber Ben liegt am Boden und sieht irgendwie aus, als hätte er ganz schön Schmerzen."
"Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?"
"Doch. Leider schon."
"Scheiße! Könnt ihr euch mal kurz drum kümmern, dass ihr den hier her kriegt? Dann verbinde ich Johannes eben zu ende."
"Okay.", meinte Julia und verschwand auch schon zusammen mit Jenny und Mia. Ich wickelte nun schnell noch Johannes seine Nase ein und stand dann auf.
"Nicht bewegen und nicht anfassen!", wies ich Johannes an und ging dann zu Ben, der mittlerweile, mit den ganzen Anderen um sich herum, ein paar Meter von dem Spielfeld entfernt, auf dem Boden lag.
"Was ist passiert?", fragte ich.
"Ich weiß auch nicht so genau, aber er ist irgendwie umgeknickt und lag dann am Boden.", berichtete Julian.
"Okay. Ihr spielt weiter und ich kümmer mich um ihn.", wies ich nun an.
"Ich bleib hier. Sam kann für mich spielen.", meinte Julian.
"Nein!", kam es leise von Ben.
"Julian, ich mach das hier schon. Keine Sorge. Spiel du nur weiter!", sagte ich.
"Sicher?"
"Ganz sicher! Gewinnt ihr lieber mal das Spiel. Das hilft Ben momentan mehr."
"Okay.", sagte Julian und dann verschwanden alle wieder, um weiter zu spielen. Ich kniete mich nun zu Ben auf den Boden und fragte: "Was ist los?"
Von Ben kam keine Antwort.
"Wo tut es weh?", fragte ich weiter. Wieder keine Antwort von Ben.
"Schatz, wenn du nicht mit mir sprichst, kann ich dir auch nicht helfen!"
Von ihm kam nur ein leichtes Nicken.
"Julian sagt du bist umgeknickt. Der Fuß?"
Wieder nur ein leichtes Nicken seitens Ben.
"Welcher? Links oder rechts?"
"Links.", sagte Ben so leise, dass es kaum mehr ein Wimmern war.
"Okay.", sagte ich und krabbelte nun auf die linke Seite von ihm.
"So. Ganz ruhig. Ich zieh dir jetzt vorsichtig den Schuh aus. Ich bemühe mich auch dir nicht weh zu tun. Versprochen!", sagte ich und tat dies nun. Ganz langsam und vorsichtig öffnete ich den Schuh und zog ihn ihm aus. Ben atmete schwer und ich sah ihm an, dass er starke Schmerzen hatte. Ganz vorsichtig entfernte ich nun auch Stutzen, Schienbeinschoner und Strumpf.
"Der Knöchel?", fragte ich nun mit einem Blick auf seinen dick angeschwollenen Knöchel. Wieder kam von Ben nur ein leichtes Nicken.
"Okay.", sagte ich und krabbelte nun wieder hoch zu seinem Kopf. Sanft fuhr ich ihm durch das Haar und fragte: "Wo genau tut es weh? Das Gelenk selber oder die Bänder drum herum?"
"Beides.", kam es leise von Ben.
"Okay. Das klingt nicht gut, aber ich krieg das hin. Versprochen!", sagte ich und wischte ihm sanft eine einzelne Träne weg.
"Willst du eine kurze Pause oder soll ich weiter machen?", fragte ich nun.
"Mach weiter.", kam es leise von Ben.
"Dann taste ich jetzt mal deinen Knöchel ab. Das ist für dich wahrscheinlich ziemlich schmerzhaft, aber es muss sein. Sonst bekommen wir nie raus, was du hast."
"Mach einfach. So weiß ich wenigstens, was auf mich zu kommt.", sagte Ben leise. Ich rutschte nun wieder runter zu seinem Fuß und sagte: "Okay. Dann einmal tief einatmen und Zähne zusammen beißen. Ich leg los.", sagte ich nun. Ben nickte leicht und tat dies. So tastete ich nun langsam von seinem Knie aus abwärts die Bänder und schließlich den Knöchel ab. Diesen berührte ich nur leicht, als Ben auch schon zusammen zuckte.
"Entschuldigung Schatz! Ich weiß das tut weh, aber ich muss da jetzt mal dran. Ich bin ganz vorsichtig! Versprochen!", sagte ich mit zittriger Stimme. Er tat mir einfach so schrecklich leid, wie er da mit schmerzverzerrtem Gesicht und Tränen in den Augen lag. Da musste ich einfach mit weinen. Ich riss mich allerdings so gut es ging zusammen und versuchte zumindest ihm so wenig Schmerzen wie möglich zu bereiten. Er stöhnte trotzdem auf vor Schmerzen, als ich ganz vorsichtig seinen Knöchel abtastete.
Als ich dann fertig war, krabbelte ich direkt wieder hoch zu seinem Kopf und strich ihm tröstend die Tränen von der Wange.
"Ach Schatz, du glaubst gar nicht wie leid es mir tut!", flüsterte ich und strich ihm sanft immer wieder über das Haar.
"Es tut mir so leid!", flüsterte ich erneut.
"Alles gut Süße. Besser du machst das, als irgend ein inkompetenter Arzt.", wimmerte Ben leise.
"Der wird das vielleicht dann nochmal machen.", flüsterte ich leise. Auch wenn ich ihm die Schmerzen liebend gern ersparen wollte, musste das vermutlich sein.
"Was ist jetzt eigentlich?", fragte Ben nun vorsichtig.
"Willst du das wirklich wissen?", fragte ich.
"Ja.", kam es leise von ihm und ich meinte einen Hauch von Unsicherheit in seiner Stimme gehört zu haben.
"Okay. Deine Bänder sind stark überdehnt und dein Sprungelenk ist mehr oder weniger hinüber.", erklärte ich knapp.
"Was heißt hinüber?", fragte Ben und nun war ich mir mit der Unsicherheit ganz sicher.
"So, wie ich das beurteilen kann, ist das ein Trümmerbruch.", erklärte ich. Ben nickte nur und ich wusste, dass er leise vor sich hin fluchte diesem Spiel überhaupt zugestimmt zu haben. Er hatte wirklich starke Schmerzen und da half jetzt nicht mal mehr, dass ich kurz davor war mit ihm zu heulen und ihm tröstend immer wieder durch das Haar fuhr und ihm sanft die Tränen von der Wange wischte.
Nach einer Weile kam Julian zu uns und kniete sich neben mich.
"Wie geht's dir?", fragte er besorgt und ich wusste, dass er sich fast genauso viele Sorgen machte, wie ich. Dazu kam noch, dass er sich vielleicht sogar Vorwürfe machte ihn da mit rein gezogen zu haben.
Ben zuckte auf seine Frage nur mit den Schultern.
"Wir haben das da für dich gewonnen!", sagte Julian nun und ich konnte erkennen, wie sich Bens Gesicht kurzzeitig erhellte.
"Danke.", sagte er leise.
"Wie sieht's denn aus? Was sagt die Fachkraft?", fragte Julian nun vorsichtig an mich gerichtet.
"Wenn du dir seinen Knöchel so anguckst, erklärt das denke ich einiges.", meinte ich. Er nickte nur und meinte: "Der ist ganz schön dick. Was genau ist los?"
"Seine Bänder sind stark überdehnt, was wohl durch das Umknicken kommt, was du mir beschrieben hast. Außerdem hat er einen Trümmerbruch am Sprungelenk.", erklärte ich.
"Scheiße!", fluchte Julian und sprach damit das aus, was wir alle dachten, aber nicht aussprachen.
"Ganz genau das.", stimmte ich ihm zu und auch Ben nickte leicht zur Bestätigung.
"Was machen wir jetzt?", fragte Julian nun.
"Wir müssen auf jeden Fall ins Krankenhaus. Zum einen mit Johannes und mit Ben auf jeden Fall auch. Da wird es wohl auf eine Operation hinaus laufen müssen.", erklärte ich.
"Soll ich einen Notarzt rufen?"
"Der ist frühestens in einer Stunde hier und braucht dann nochmal mindestens eine Stunde zurück. In der Zeit sind wir dreimal ins Krankenhaus gefahren."
"Und was sonst?"
"Wir müssen ihn irgendwie in irgend ein Auto kriegen und im Krankenhaus dann wieder raus."
"Wie willst du das denn machen? Es ist ein Wunder, dass wir ihn überhaupt vom Platz gekriegt haben! Er kann den Knöchel nicht bewegen geschweige denn auftreten."
"Ich weiß. Das haben ein Trümmerbruch und überdehnte Bänder so an sich."
"Und wie willst du ihn dann bis ins Krankenhaus kriegen?"
"Irgendwie kriegen wir das schon hin."
"Okay. Wenn du meinst."
"Kannst du fahren?"
"Ja. Klar."
"Gut. Dann sag den Anderen Bescheid, dass sie sich beeilen sollen. Sobald alle fertig sind geht's los."
Julian nickte und verschwand in Richtung Umkleidekabinen.
Ich blieb bei Ben sitzen und konzentrierte mich wieder ganz auf ihn.
"Wie geht's dir?", fragte ich nun.
"Ich hab Schmerzen ohne Ende.", meinte Ben.
"Ja. Das weiß ich, aber wie geht es dir sonst so?"
"Relativ gut. Wieso?"
"Wenn dir der Kreislauf weg geht oder so etwas, sagst du bitte sofort Bescheid, okay?"
"Ja. Wieso sollte das passieren?"
"Bei so starken Schmerzen ist öfter das Problem, dass einem dann mit der Zeit einfach der Kreislauf weg sackt."
"Das hatte ich noch nie."
"Du hattest auch noch nie so starke Schmerzen, oder?"
Nun kam nur noch ein Nicken von ihm.
"Ach verdammt! Warum ziehst immer nur du diese Unfälle magisch an?", fragte ich nun.
"Ich weiß es nicht.", kam es leise von Ben.
"Ich auch nicht."
DU LIEST GERADE
Der falsche Sprung - Korrektur
Random"Der Falsche Sprung" ist der vierte Teil mein Buchreihe über die Bewohner des Gestüts Michalòw. Emely Michalòw ist mittlerweile 16 Jahre alt und steckt mitten in der Pubertät. Hier wiederholte sie alles, was Lisa damals bereits mit 13 Jahren gemacht...