Nun schwiegen wir eine Weile, bis Ben fragte: "Hast du vielleicht irgendwelche Schmerzmittel oder so?"
"Nein und ich darf dir auch nichts geben. Du musst wahrscheinlich operiert werden. Da kann ich dich nicht vorher mit Schmerzmitteln voll pumpen."
"Verdammt!", fluchte Ben leise.
"Ach Schatz. Es tut mir so leid! Ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen, aber ich darf dir nichts geben.", sagte ich und strich ihm sanft durch das Haar.
"Die Anderen sind bestimmt gleich fertig. Dann können wir direkt los und sind in einer Stunde da."
"Ich weiß nicht, ob ich das so schnell will."
"Das ist alles nichts schlimmes. Die machen nichts anderes, als dich vielleicht nochmal ab zu tasten und zu röntgen. Dann wirst du wahrscheinlich operiert und davon bekommst du sowieso nichts mit. Wenn du dann aufwachst, hast du einen Gips und kannst auch schon wieder nach Hause."
"Das ist nicht das Problem. Diese Ärzte sind nur einfach inkompetent!"
"Ich pass schon auf, dass die keinen Mist bauen. Keine Sorge."
"Darfst du da überhaupt mit rein?"
"Lass mich mal machen. Ich krieg das schon hin."
Nun kam Julian auch schon wieder und meinte: "Die Anderen kommen sofort."
"Willst du dich nicht auch umziehen?", fragte ich.
"Das kann ich auch später noch. Jetzt sind erstmal andere Sachen wichtiger.", meinte Julian.
"Wir kommen hier schon klar. Du kannst ruhig gehen."
"Nein. Ist schon gut."
Nach einer kurzen Zeit des Schweigens kamen dann auch die Anderen und Louis fragte: "Wie können wir helfen?"
"Ben muss ins Krankenhaus. Dafür müssen wir ihn aber irgendwie in ein Auto kriegen. Da er aber nicht laufen kann, könnte sich das ziemlich kompliziert gestalten. Es wäre also ganz gut, wenn ihr helfen könntet.", erklärte ich.
"Ihn zum Auto zu kriegen ist kein großes Problem. Die Frage ist nur, wie wir ihn bis zum Krankenhaus kriegen. Er wird ja wohl kaum einfach sitzen können.", bemerkte Louis.
"Wir könnten ihn ja einfach quer auf die Rückbank legen.", meinte Julia mit einem breiten Grinsen. Das sollte wohl ironisch gemeint sein, aber die Idee war eigentlich gut.
"Die Idee ist gar nicht mal so schlecht!", meinte ich.
"Jetzt ernsthaft?", fragte Julia überrascht.
"Ja. So könnten wir das machen.", sagte ich.
"Ist das denn so einfach erlaubt?", fragte Louis nun.
"Das ist mir gerade sowasvon egal! Das ist ein Notfall. Da muss das mal gehen. Außerdem sind wir hier sowieso in dem größten Kaff. Da kommt die Polizei nur raus, wenn es gar nicht anders geht.", meinte ich.
"Na dann lass uns mal los legen.", sagte Julian.Mit vereinten Kräften schafften die Männer es dann irgendwie Ben auf die Rückbank von Julians Auto zu hiefen. Das war zum Glück ziemlich groß, sodass das gerade so passte. Ich setzte mich nun zu Ben nach hinten und legte seine Beine vorsichtig auf meinen Schoß. So taten wir wenigstens etwas halbwegs gutes für seinen Kreislauf. Damit hatte er allerdings erstaunlicherweise keine Probleme.
Alle gemeinsam fuhren wir nun also mit einer kompletten Fußball Mannschaft ins Krankenhaus. Dort wurde Ben dann vorsichtig wieder aus dem Auto gehievt und so gestützt, dass er auf einem Bein in die Notaufnahme hüpfen konnte. Dort sah er allerdings scheinbar nicht mitleidig genug aus und es kamen erstmal sämtliche anderen dran.Nach fast einer Stunde wurden wir dann endlich aufgerufen und wen trafen wir? Den netten Arzt, der mich beim letzten Krankenhaus Aufenthalt so gerne zum Essen einladen wollte. Na super. Nicht der schon wieder!
"Ach hallo! So schnell sieht man sich wieder!", sagte er. Leider hatte er mich sofort wieder erkannt.
"Ja. Leider.", meinte ich.
"Darf ich Sie vielleicht dies mal einladen?"
"Nein! Ich bin immernoch glücklich verheiratet und würde es sehr begrüßen, wenn sie jetzt mal ihre Arbeit machen würden!", sagte ich angenervt. Meine Güte! So langsam wurde ich echt wütend! Da kommt man mal mit einem ernsten Notfall und dann steht da so ein inkompetenter Arzt vor einem, der einen einladen will! Es durfte doch nicht wahr sein!
"Was gibt's denn diesmal?", fragte der Arzt nun an mich gerichtet.
"Sportunfall. Die Bänder sind stark überdehnt und er hat einen Trümmerbruch am Sprungelenk.", erklärte ich.
"Dann wollen wir das mal abtasten.", meinte der Arzt.
"Das ist unnötig! Ich hab das schon gemacht und sie wissen, doch was es ist! Da könnte man ihm diese Schmerzen wenigstens ersparen! Wie wäre es stattdessen mal mit Röntgenaufnahmen?", sagte ich nun schon leicht wütend.
"Wenn Sie meinen."
"Ja das meine ich!", nun war ich endgültig wütend. Wozu gab es denn überhaupt noch einen Arzt, wenn man dem sagen musste, was er zu tun hatte?
So ging es nun zum Röntgengerät, wo Ben dann erstmal geröntgt wurde. Er war kaum in dem Raum, als mein Handy klingelte. Mit einem Blick auf den Bildschirm sagte ich zu Julian: "Das ist Emely. Ich muss da eben mal dran. Bin sofort wieder da."
Dann ging ich ein paar Meter weiter und meldete mich: "Hey Emely."
"Hey. Wo bleibt ihr? Ihr wolltet doch schon vor zwei Stunden da sein!", fragte Emely.
"Wir sind im Krankenhaus."
"Wieso? Was ist passiert?"
"Johannes hat einen Ball abbekommen und die Nase gebrochen und Papa ist heftigst umgeknickt. Der muss gleich wahrscheinlich noch operiert werden."
"Ach du Scheiße!"
"Ja. Und ich muss jetzt auch wieder los. Der Arzt kann leider nichts alleine. Dem muss ich sagen, was er zu tun hat. Ich meld mich dann später nochmal."
"Okay. Bis dann!
"Ja. Bis dann!"
Ich legte nun auf und ging wieder zurück zu Julian.
"Emely weiß Bescheid. Die sitzt zuhause und wartet.", berichtete ich.
"Okay. Soll irgendwer sie holen fahren?", fragte Julian.
"Ne. Lass mal. Ich telefoniere gleich nochmal mit ihr und geb ihr zwischendurch Bericht. Jenny wollte mit Julia und Johannes ja wieder zurück fahren. Da können die dann bei ihr gucken."
"Okay. Kann ich sonst irgendwie helfen?"
"Du könntest aufpassen, dass ich diesem Arzt nicht gleich die Nase breche. Der kann ja gar nichts!"
"Doch. Dich anbaggern kann er sehr gut."
"Ja. Das ist aber auch das Einzigste. Ich frag mich echt, wie der es geschafft hat Arzt zu werden!"
Der Arzt kam nun mit den Röntgenaufnahmen an und schaute sich diese ganau an.
"Darf ich mal?", fragte ich und nahm ihm die Bilder direkt aus der Hand.
"Hier die Bänder sind alle heftigst überdehnt und da sind mehrere Brüche.", erklärte ich und zeigte auf verschiedene Stellen der Aufnahme, sodass auch Julian verstand, was ich meinte.
"Ja. Was machen wir denn da?", fragte der Arzt nun.
Das war jetzt nicht sein Ernst oder? Der fragte mich jetzt ernsthaft, was er machen musste! Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Sollte ich vielleicht gleich alles selber machen?
"Ich würde sagen sofort amputieren!", sagte ich wütend.
"Meinen Sie wirklich, dass das nötig ist?", fragte der Arzt.
"Mein Gott! Das war Ironie! An ihnen scheint das nur irgendwie ab zu prallen!"
"Warum sind Sie denn jetzt so wütend?"
"Weil sie als Arzt nichts taugen! Soll ich ihn vielleicht gleich selber behandeln? Das wäre vielleicht effektiver!"
"Was meinen Sie denn jetzt? Was machen wir?"
"Wie wäre es mit operieren und alles wieder gerade rücken?"
"Das ist eine gute Idee."
"Ja dann los! Wir haben keine Zeit zu verlieren!"
"Alles mit der Ruhe."
"Nichts mit der Ruhe! Ich wollte heute gern noch fertig werden! Ich hab zuhause 300 Pferde stehen, die alle gefüttert werden müssen und meine Tochter wartet auch!"
Der Arzt blieb allerdings bei seinem Arbeitstempo und hatte scheinbar nicht gerade die Ahnung, die er hätte haben sollen. So endete es damit, dass ich ihm im Prinzip die Arbeit abnahm und mehr oder weniger alles alleine machte. Die Frage war nur wozu der Arzt überhaupt da war. Das einzigst gute daran war, dass ich nicht viel betteln musste, um mit zur OP kommen zu dürfen. Den Typen ließ ich da garantiert nicht alleine dran! Wer wusste, was der da machte! Dem traute ich es auch zu, dass er die falschen Knochen befestigte.
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Der falsche Sprung - Korrektur
Random"Der Falsche Sprung" ist der vierte Teil mein Buchreihe über die Bewohner des Gestüts Michalòw. Emely Michalòw ist mittlerweile 16 Jahre alt und steckt mitten in der Pubertät. Hier wiederholte sie alles, was Lisa damals bereits mit 13 Jahren gemacht...