Wir gingen nun rein und mit einem Blick auf die Uhr bemerkten wir, dass wir nur noch zehn Minuten hatten, bis die Pferde gefüttert werden mussten. Also machten wir uns in Windes Eile fertig und gingen dann raus, um die Pferde zu füttern. Dabei gab es schon schräge Blicke, da wir ja eigentlich noch gar nicht da sein sollten und die Anderen das ja alles nicht mit bekommen hatten. Ich erklärte allerdings niemanden etwas, sondern trommelte nach der Fütterung alle in der Sattelkammer zusammen.
"Was macht ihr denn schon hier?", fragte Tom verwundert. Er hatte in den anderen Ställen gefüttert und uns daher noch nicht gesehen.
"Wir hatten gestern Abend noch eine leichte Katastrophe und mussten daher eher zurück.", erklärte ich.
"Leicht ist gut.", meinte Julia.
"Wo ist denn Jenny?", fragte Tom besorgt.
"Noch auf dem Turnierplatz. Der geht's gut. Keine Sorge!", beruhigte ich ihn.
"Na dann ist ja gut!"
"Was ist denn jetzt?", fragte James nun.
"Stuart ist gestern Abend gestorben. Sein Herz war kaputt und hat dann einfach aufgehört zu schlagen.", erklärte Ben nun. Dann war absolute Stille im Raum. Stuarts drei Freunde schauten betreten auf den Boden und keiner traute sich etwas zu sagen.
Nach einer Weile ging James dann zu Ben und reichte ihm die Hand.
"Mein Beileid. Es tut mir leid für dich, dass es so plötzlich kommen musste!", sagte er ernst. Ben nickte nur still. Dann war wieder alles ruhig.
"Gibt es auch irgendwas erfreuliches?", fragte Tom nach einer Weile.
"Kyros und Sheyla haben mit einer Nasenlänge Abstand zwischen einander den elften und zwölften Platz gemacht.", berichtete ich nun.
"Na das ist doch wenigstens etwas Gutes.", meinte James.
"Sonst noch irgendwas neues?", fragte Johannes.
"Ja. Es wird ab jetzt so einiges anders laufen. Ich werde mit Ginger auf Olympia hin trainieren. Das heißt ich muss sehr viel Zeit in ihr Training stecken. Ab sofort ist also immer, wenn ich mit dem einen Pferd fertig bin, das nächste Pferd komplett fertig gesattelt und so weit es geht aufgewärmt. Außerdem brauche ich jemanden, der meinen Büro Kram macht.", erzählte ich.
"Was muss der denn so alles können?", fragte Jack.
"Planen, Buchhaltung und gut mit Computern umgehen.", erklärte ich.
"Okay. Dann sind wir drei schonmal raus. Bei uns scheitert es an den Computern.", meinte James.
"Ich weiß. Und die Anderen können eins von den anderen Sachen nicht. Das war schon immer mein Problem."
"Und was machen wir jetzt?", fragte Tom.
"Ich mache Nachtschichten ohne Ende und dann muss das eben irgendwie gehen, bis wir jemanden gefunden haben, der das kann.
"Das geht auch nicht. Da gehst du dran kaputt.", meinte Ben.
"Genau.", stimmte Johannes ihm zu. Wow! Das war das Erste Mal, dass sie sich in einem Punkt einig waren! Der Hammer! Das merkte auch Julia, denn sie fragte überrascht: "Wart ihr euch gerade ernsthaft einig?"
Von den Beiden kam nur ein Nicken.
"Wow! Der Hammer! Das ist ja noch nie passiert!", bemerkte Julia begeistert. Sie war mittlerweile auch davon angenervt, dass die Beiden sich aus irgend einem Grund auf den Tod nicht ausstehen konnten. Warum verstand niemand. Klar konnten sie unterschiedlicher gar nicht sein, aber deshalb konnte man doch trotzdem irgendwie miteinander klar kommen. Sie mussten sich ja nicht unbedingt lieben, aber wenigstens mit einander klar kommen. Dann wäre ich ja schon zufrieden.
"Gibt es irgend einen Plan für heute?", fragte Tom nun.
"Ja. Es ist Sonntag und die Pferde haben frei. Ihr kümmert euch bitte drum, dass die alle samt auf die Weide kommen und abends dann wieder rein geholt werden. Ich kümmer mich um alles andere und heute Abend treffen wir uns dann zur Fütterung wieder hier.", erklärte ich.
"Okay. Sonst noch irgendwas?"
"Ja. Ginger bleibt bitte in der Box. Um die kümmer ich mich heute."
"Gut. Dann bis heute Abend!"
"Ja. Bis dann!"
Es verteilten sich nun alle auf die Ställe, um die Pferde raus zu bringen, während ich mich auf den Weg zu Ginger machte.
"Kann ich dir vielleicht helfen?", fragte Ben, der mir gefolgt war.
"Ja. Du könntest mir beim Aufbauen helfen."
"Was hast du denn vor?"
"Ich lasse die Kleine mal Freispringen."
"Aber nicht auf dem Springplatz oder?"
"Nein. Natürlich nicht. Da ist die schneller über dem Zaun, als du gucken kannst. Ich dachte wir bauen das in der Reithalle auf."
"Passt das von der Höhe her?"
"Ja. Sie hat ja keinen Reiter drauf. Dann passt das. Außerdem wollte ich sie auch nicht ganz so hoch schicken."
"Okay. Dann komm."
Wir stellten nun erst einmal die Stute in die Führmaschiene und machten uns dann daran in der Reithalle einen kleinen Parcours zu bauen, der an der Bande entlang einmal außen herum führte. Die Hindernisse hielten wir allerdings noch ziemlich klein und bauten nicht viel höher, als einen halben Meter. Wir wollten es ja nicht gleich übertreiben. Danach holten wir dann Ginger und putzten sie einmal grob über, um ihr dann Gamaschen und eine Trense an zu legen. Von der Trense baute ich allerdings die Zügel ab und harkte stattdessen eine Longe ein. Nun ging ich mit der Stute in die Halle, wo Ben in der Mitte bereits ein paar Trabstangen und Cavalettis aufgebaut hatte. Ich führte Ginger nun eine Runde im Schritt außen herum, damit sie sich alles anschauen konnte, bevor ich mich dann in die Mitte stellte und die Peitsche vom Boden aufhob, um Ginger ein paar Runden locker im Trab zu longieren. Nach einer Weile nahm ich dann auch die Trabstangen mit und schließlich dann auch das Cavaletti. Nach etwa zehn Minuten ließ ich sie dann angaloppieren und ließ sie über das Bodenrick springen, das Ben mir in der Zwischenzeit aufgebaut hatte. Als sie dann warm war und auch im Galopp geschmeidig lief, parierte ich sie durch und ließ sie im Schritt noch ein wenig laufen, bevor ich sie zu mir in die Mitte holte und zum Anfang des Parcours führte. Dort harkte ich die Longe aus und gab der Stute einen leichten Klaps auf die Kruppe. Diese jagte sofort im vollen Galopp los und hatte wenig später auch schon den Parcours hinter sich gelassen. Brav blieb sie nun neben mir stehen und wartete, was sie nun tun sollte.
"Komm. Weiter.", wies ich sie an und ließ sie noch drei weitere Runden springen. Dann nahm ich sie wieder an die Longe und lies sie ein paar Runden traben, während Ben die Stangen höher legte.
Als er fertig war, ließ ich sie wieder drei Runden springen und so ging es als weiter. Zwischendrin veränderten wir den Parcours noch und legten die Stangen immer höher, bis wir dann die gewünschte Höhe erreicht hatten, die auch bei Olympia aufgebaut sein würde. Nun bauten wir den Parcours nur noch zwischendurch um und ließen die Stute springen, bis sie nicht mehr konnte. Das war nach ungefähr zehn Minuten dann auch der Fall und ich ließ sie nun locker im Trab an der Longe noch ein paar Runden drehen, bevor ich sie dann zum Schritt durch parierte und draußen noch ein wenig mit ihr spazieren ging. Vorher warf ich ihr noch eine Abschwitzdecke über, da es nun schon wieder auf den Herbst zu ging und relativ kalt war.
Als die Stute dann trocken war, brachte ich sie auf die Weide und ging rein, um mit meinem Papierkram weiter zu machen.Am Mittag ging ich dann wieder raus und holte Ginger von der Weide, um sie zu putzen und schließlich auch zu satteln. Mit ihr am Zügel ging ich dann zu einem der Reitplätze, wo ich mich auf ihren Rücken schwang und sie erst einmal warm ritt.
Als sie dann warm war, begann ich damit ein paar Dressurlektionen zu reiten. Anfangs allerdings nur einfach Hufschlagfiguren und ein bisschen Schenkelweichen, bis sie dann locker und geschmeidig lief.
Kurz bevor ich richtig anfangen wollte, hörte ich vom Rand jemanden rufen: "Du bist echt die einzige, die ich kenne, die mit einem Springsattel und mit so kurzen Bügeln Dressur reitet!"
Ich schaute zum Zaun und da stand Gina. Ich ritt nun zu ihr und meinte: "Warum auch nicht? Ich fühle mich im Springsattel einfach viel wohler. Außerdem sind Dressursättel total unbequem!"
"Die Bügel! Ich verstehe echt nicht, wie man mit so kurzen Bügel gescheit reiten kann!"
"Ich reite immer so."
"Ich weiß. Das ist wohl das Springreiter Syndrom."
"Ja. Genau."
"Und wer ist die Kleine hier?"
"Das ist Ginger. Mein Nachwuchspferd. Sie soll in einem Jahr Olympia gehen."
"Wie hoch springt die?"
"Im Parcours 1,80."
"Jetzt echt?"
"Ja. Das ist die Höhe, die bei Olympia und den ganzen anderen hohen Turnieren Standard ist."
"Kannst du da vielleicht mal ein bisschen was zeigen?"
"Ja klar. Dann musst du nur mit kommen zum Springplatz.", sagte ich und galoppierte die Stute nun aus dem Stand an. Mit einem Satz flogen wir dann auch schon über den Zaun und ich parierte sie auf der anderen Seite wieder durch. Gina schaute mich nur erstaunt an und folgte mir dann zum Springplatz. Dort angekommen blieb sie dann fasziniert vor einem der großen Oxer mit Wasser stehen.
"Und über so etwas springst du mal eben drüber?"
"Ja."
"Wow! Die Teile sind ja größer als das Pferd!"
"Ginger ist aber auch relativ klein."
"Klein? Die hat doch bestimmt ein Stockmaß von 1,70!"
"Für ein Springpferd ist das noch relativ klein. Die sind meistens so um die 1,80."
"Wie soll man da denn rauf kommen?"
"Das frag ich mich auch immer."
"Ich bin ja mit meinen 1,50 Pferdchen schon fast überfordert!"
"Du bist ja auch noch kleiner, als ich."
"Stimmt."
"So. Ich leg dann mal los.", meinte ich nun und nahm erst ein paar kleine Hindernisse zum warm machen, bevor ich dann den großen Parcours einmal durch ritt. Gina stand nur staunend am Rand und meinte: "Das sieht ja schon fast spielerisch aus, wie ihr über diese riesigen Hindernisse fliegt! Der Hammer!"
"Naja. Wir arbeiten noch dran."
"Was willst du da noch verändern? Das ist perfekt!"
"Gina, wir wollen Olympia reiten. Da kommen nur die aller besten hin! Dafür müssen wir noch viel trainieren!"
"Hammer!"
"Ja."
"Wo ist denn dein Mann? Der könnte mir vielleicht eine kurze Führung geben."
"Der kommt da gerade.", meinte ich und wenig später stand Ben auch schon neben uns.
"Hallo!", begrüßte er Gina.
"Hey!", sagte Gina.
"Die Pferde sind versorgt und stehen auf der Weide.", sagte Ben nun zu mir.
"Welche Pferde?", fragte ich verwundert.
"Kyros und Sheyla."
"Ach sind die schon wieder da?"
"Ja. Die haben Gina doch mit genommen."
"Achso!"
"Ja."
"Würdest du ihr vielleicht eine Führung geben? Ich muss noch ein bisschen trainieren."
"Klar. Dann komm mal mit."
Die Beiden verschwanden nun und ich ritt wieder zurück zum Reitplatz, um meine Dressur Arbeit zu beenden und Ginger schließlich trocken zu reiten.
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Der falsche Sprung - Korrektur
Random"Der Falsche Sprung" ist der vierte Teil mein Buchreihe über die Bewohner des Gestüts Michalòw. Emely Michalòw ist mittlerweile 16 Jahre alt und steckt mitten in der Pubertät. Hier wiederholte sie alles, was Lisa damals bereits mit 13 Jahren gemacht...