Kapitel 19

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Emelys Sicht:
(Am Abend zuvor)
Ich hörte nur, wie meine Eltern davon fuhren und sprang auf. Endlich waren sie weg! Das hieß fürs Erste sturmfrei, bis Jenny dann kam und der war sowieso egal, was ich hier oben machte.
Da klingelte mein Handy. Eine neue Nachricht von Chantal.
Ey haste Bock heute Abend zu kommen? Wolln nen bisschen saufen und so.
Scheiße. Was machte ich jetzt? Ich konnte jetzt nicht nein sagen, aber ich konnte auch nicht einfach abhauen. Meine Eltern würden mich umbringen und Jenny kann ich das nicht antun. Die war ja eigentlich voll korrekt. Aber andererseits... Was die Mutti nicht weiß macht sie nicht heiß. Ich hau einfach ab und komm wieder, bevor die merken, dass ich weg bin. Dann muss ich mich nur kurz vor Jenny blicken lassen und ihr klar machen, dass ich schlafen gehe. Joa. So passt's.
Na klar. Zum saufen doch immer! Kennst mich doch., schrieb ich nun zurück.
In ner halben Stunde bei Jimmy's Kneipe, kam es wenig später zurück. Scheiße! Der Typ war ein damaliger Kumpel von meiner Mum. Hoffentlich petzte der nicht... Naja. Egal. So ein bisschen Risiko muss ja dabei sein.
Jo. Bin dann da., schrieb ich also zurück. Da hörte ich auch schon ein Auto auf den Parkplatz rollen. Das musste Jenny sein. Sie war die Einzige, die immer brav auf dem Parkplatz parkte. Der Rest stand immer einfach an der Auffahrt. Das hatte ich mittlerweile raus gefunden.
Ich ging nun also runter und machte eins auf braves Mädchen, dass die Spülmaschine einräumt. Okay. Das war Verarsche. Die war schon eingeräumt. Ich nahm nur eins von den Gläsern raus und stellte es wieder rein, als Jenny rein kam.
"Hey!", kam es von dieser, während sie ihre Tasche abstellte, um sich die Jacke aus zu ziehen.
"Hey.", antwortete ich.
"Sind deine Eltern schon weg?", fragte sie dann.
"Ja und ich geh jetzt auch ins Bett."
"Okay. Wenn was ist, bin ich hier."
Ich nickte nur und verschwand dann schnell nach oben. Scheiße! Die blieb in der Küche sitzen! Von da hatte sie den besten Blick auf den Flur und würde mich sehen, wenn ich raus gehen würde. Verdammt! Wie sollte ich jetzt raus kommen?
Da kam mir ein Geistesblitz. In den Filmen knoteten die ja immer die Bettlaken zusammen und stiegen aus dem Fenster. Also Decken hätte ich für das Spiel genug. Die Frage war nur, wo ich die dran festknoten könnte...
Da fiel mein Blick auf meine Gardinenstange. Die war aus Eisen und müsste mich eigentlich halten können...
Vorsichtig hing ich mich zuerst einmal an die Gardinenstange, um zu testen, ob die mich auch wirklich halten konnte. Sie knackte zwar ein wenig, aber sie hielt.
So knotete ich nun meine ganzen Decken aneinander, um die oberste dann an der Gardinenstange zu befestigen. Den Rest des langen Seils, das durch die Decken entstanden war, warf ich nun raus. Nur gut, dass ich nur im ersten Stock wohnte. Da reichten die Decken gerade so und darunter stand ein Busch also konnte ich die letzten zwei Meter springen.
Langsam stieg ich nun also aus dem Fenster und kletterte mit Hilfe meines selbstgebastelten Seils langsam an der Hauswand entlang runter. Als ich gerade in die Büsche unter mir springen wollte, hörte ich ein lautes Knacken und fiel. Fuck! Die Gardinenstange hatte wohl doch den Geist aufgegeben, denn mir kamen nun die ganzen Decken entgegen. Ich landete allerdings weich in den Büschen und stand so direkt wieder auf, um mich dann auf den Weg zur Kneipe zu machen. Zu Fuß dauerte das zwar eine Weile, aber ich kam gerade so noch pünktlich. Okay. Ich war eine halbe Stunde zu spät, aber das waren die anderen scheinbar auch, denn Chantal kam gleichzeitig mit mir an. Wenig später kamen dann auch die Anderen und wir gingen gemeinsam rein, wo wir uns an unseren Stammtisch setzten. Jimmy kam direkt vorbei und fragte, was wir denn wollten.
"Ein Bier bitte.", antwortete ich, aber Leon fiel mir ins Wort und rief: "Nen Kurzen für alle bitte!"
"Klar!", meinte Jimmy und kam wenig später mit einem Tablett wieder, wo für jeden ein Schnaps stand. Wir kippten ihn weg und wenig später kam auch schon die nächste Runde.
So ging es etwa eine Stunde lang. Vielleicht auch länger. Keine Ahnung. Ich hatte mein Zeitgefühl vollständig verloren und war wohl auch schon ein bisschen beschwipst. Okay. Ich glaube eher ein bisschen viel. Ja. Ich geb's ja zu. Ich war vollständig dicht.
Den Rest bekam ich gar nicht so wirklich mit. Ich wusste nur, dass irgendjemand den Vorschlag gemacht hatte ein bisschen Auto zu fahren. So gingen wir alle gemeinsam raus. Nein. Wir wankten eher, da wir alle schon einige Promille Intus hatten.
Wir gingen auf ein mir fremdes Auto zu und Chantal meinte: "Der sieht geil aus."
"Ja. Den nehmen wir.", meinte Leon.
"Hast du dafür denn nen Schlüssel?", fragte ich.
"Ich hab für jedes Auto einen Schlüssel!", meinte Leon und holte mit einem breiten Grinsen eine Brechstange hervor. Damit hatte er dann wohl das Auto aufgebrochen oder so. Jedenfalls saßen wir wenig später gemeinsam in dem heißen Ferrari. Ja... Der war nur leider etwas klein für 5 Leute... Deshalb mussten so ein paar Leute im Kofferraum sitzen...
Und ein paar so ein bisschen gequetscht nebeneinander...
Okay. Alles in allem haben wir uns einfach nur irgendwie alle da rein gequetscht und dann festgestellt, dass keiner von uns einen Führerschein hat.
"Ich fahre.", meinte Leon und saß wenig später auch schon vor dem Lenkrad. Mit Vollgas fuhr er vorwärts und verpasste nur Haarschaf den Baum, der an dem Ausgang vom Parkplatz stand. Den Spielgel auf dieser Seite erwischte es trotzdem, aber egal. Wer brauchte denn schon Spiegel? Ohne machte es doch viel mehr Spaß!
So fuhren wir einfach weiter und das Auto musste noch ein wenig leiden, da Leon irgendwie nicht der beste Fahrer war.

Das Ganze endete dann, wie es enden musste und Leon schaffte es doch tatsächlich mit voller Wucht ein Straßenschild um zu fahren und dabei noch einen Fahrradfahrer mit zu nehmen. Na super. Das gute Auto. Das schien den Anderen allerdings relativ egal zu sein, denn die stiegen aus und rannten alle weg. Na super. Und zwischendrin ich, die genau in der Mitte saß und so besoffen war, dass sie nicht mehr raus kam.
Wenig später kamen dann irgendwelche blau gekleideten Typen und nahmen mich mit in ihr Auto. Ja... Das es die Polizei war erkannte ich leider erst am Auto, denn vorher beschimpfte ich die Typen noch eine Runde. Ja... Das kam wohl nicht so gut...
Dafür war ich jetzt zum ersten Mal in meinem Leben in einem Polizeipräsidium und durfte mir sogar eine Zelle von innen angucken. War ziemlich interessant, aber dass der Typ mich dann einfach eingesperrt hatte, fand ich schon irgendwie kacke... Dafür bekam er dann auch gleich die richtigen Beschimpfungen...

Am nächsten Morgen... Okay. Es war nur eine Stunde später... Jedenfalls kam der Typ dann wieder und fragte: "Wo wohnst du?"
"In Polen.", meinte ich.
"Ja das ist mir schon klar, aber wo genau?"
"Also in der Milchstraße, auf dem Planeten Erde. Da auf dem Kontinent Europa in Polen."
"Verdammt! Wo in Polen?"
"Zuhause."
"Und wo ist das?"
"Bei meinen Eltern."
"Und wo wohnen deine Eltern?"
"In Polen."
"Und wo in Polen?"
"In der Milchstraße, auf dem Planet Erde..."
"Ist gut. Das musst du mir jetzt nicht schon wieder erklären!"
"Warum fragen Sie dann?"
"Wie heißt du?"
"Emely."
"Und weiter?"
"Emely."
"Und der Nachname?"
"Emely."
"Wie heißen deine Eltern?"
"Meistens Mama und Papa. Manchmal auch Mum und Dad."
"Haben die auch Namen?"
"Die hab ich ihnen doch grad gesagt."
"Oh man! Hast du ein Handy dabei?"
"Ja."
"Bekomm ich das mal?"
"Nein."
"Wieso nicht?"
"Weil das versteckt ist."
"Und wo?"
"Verrat ich nicht."
"Und wieso nicht?"
"Weil ich nicht will. Suchen Sie's doch."
"Ich hab dich doch schon abgetastet."
"Nein. Da nicht."
"Verdammt, du hast das nicht ernsthaft in deinem Ausschnitt stecken oder?"
"Verrat ich nicht."
"Nenn mir deine Adresse."
"Also. Ich wohne in der Milchstraße auf dem Planet Erde..."
"Ist gut. Das weiß ich schon."
"Unterbrechen Sie mich nicht! Auf dem Planet Erde auf den Kontinent Europa in dem Land Polen. Und da ganz oben ist so ein Kaff von dem ich den Namen gerade nicht weiß und da steht ganz abgelegen und am Arsch der Welt das Gestüt Michalòw."
"Sehr gut. Danke!"
"Unterbrechen sie mich nicht! Ich bin noch nicht fertig! Da ist direkt nach der Auffahrt auf der rechten Seite ein Haus. Da geht man dann rein, durch den Flur, die Treppe hoch und ganz hinten in dem Zimmer wohne ich."
"Gut. Dann nehmen wir dich jetzt mit zu deinen Eltern."
"Nein. Das ist keine gute Idee."
"Wieso nicht?"
"Weil's dann Ärger gibt, weil ich abgehauen bin und Scheiße gebaut hab."
"Ach. So schlimm wird's schon nicht."
"Hier ist aber grad so gemütlich!"
"Komm. Wir fahren.", meinte der Typ, machte die Tür auf und nahm mich mit nach draußen. Vor der Tür saßen noch andere Typen, die sich schlapp lachten.
"Was ist los lustig?", fragte ich.
"Nichts.", kam es von denen zurück.
"Ich will aber mit lachen!"
"Nichts."
"Nu sagt schon!"
"Da hat nur jemand die Arschkarte gezogen. Das verstehst du noch nicht."
"Jetzt komm.", drängelte der Typ und zog mich mit sich ins Auto. Dort saßen wir kaum, als er auch schon los fuhr.
"Wie heißen Sie eigentlich?", fragte ich nun.
"Koslowski."
"Und weiter?"
"Koslowski."
"Und der Nachname?"
"Koslowski."
"Verdammt stellen sie sich nicht so blöd an!"
"Ich heiße Walter Koslowski. Für dich nur Herr Koslowski!"
"Und warum sagen Sie das nicht gleich?"
"Das hab ich doch versucht!"
"Nein. Sie haben immer nur Koslowski gesagt."
"Meine Güte! Jetzt halt mal die Klappe!"
"Seien sie nicht so unfreundlich! Sonst sag ich das meinem Papa und dann bekommen Sie Ärger. Oder meiner Mama. Die ist Tierärztin. Die kastriert Sie dann!"
"Oh man! Hoffentlich sind wir bald da!"
"Sind sie so scharf drauf kastriert zu werden? Wollen sie keine Kinder mehr?"
"Ich bin höchstens scharf drauf dich los zu werden!"
"Jetzt werden wir aber böse! Hat ihnen ihre Mutter keine Manieren beigebracht?"
"Sei bitte mal still okay?"
"Okay."
Nun herrschte eine Weile Stille, bevor ich fragte: "Haben sie eigentlich Kinder?"
"Nein.", meinte der Typ genervt.
"Wollen sie welche?"
"Vielleicht."
"Haben sie eine Freundin?"
"Jetzt reicht's aber!"
"Oh. Ist da jemand empfindlich auf dem Gebiet?"
"Nein. Mir wird das hier nur langsam zu privat!"
"Also von mir aus kann es ruhig noch privater werden."
"Jetzt hören sie auf sich aus zu ziehen! Ich bin am Arbeiten!"
"Und was ist nach der Arbeit?"
"Du bist 16!"
"Ja und?"
"Ich bin 40!"
"Ja und?"
"Verdammt du bist 20 Jahre jünger als ich!"
"Nein. Genau genommen 24 Jahre."
"Ist das das Gestüt?", fragte der Typ nun und fuhr unsere Auffahrt hoch.
"Ja.", meinte ich.
"Endlich!", kam es nur von dem Typen. Er parkte einfach an der Straße, stieg aus und ging mit mir zur Haustür, wo er klingelte.

Der falsche Sprung - KorrekturWo Geschichten leben. Entdecke jetzt