Kapitel 41

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So war dann für's Erste alles geklärt und ich schob Ben nach oben ins Bett, bevor wir dann alle gemeinsam erstmal die ganzen Pferde fütterten. Nach dem anstrengenden Tag ging es dann erstmal ins Bett. Das hatten wir uns alle mehr, als nur verdient. Nur ich hatte noch nicht frei. Ich durfte erstmal nochmal Krankenschwester spielen und nach Johannes gucken.
"Was hat der Arzt denn gesagt?", fragte ich. Julia drückte mir nun einen Zettel und ihr Handy mit einem geöffneten Bild in die Hand. Auf dem Zettel hatte Julia den kompletten Arztbericht mitgeschrieben und mit ihrem Handy die Röntgenaufnahme abfotografiert. Ich schaute mir beides in Ruhe an und erklärte dann: "Das, was angebrochen war, war noch nicht komplett verheilt. Durch den Ball, den du abbekommen hast, ist der Knochen dann wieder gebrochen und diesmal richtig. Das ist genau an der selben Stelle, wie vorher, glatt durch gebrochen.", erklärte ich.
"Wie lange dauert es, bis das verheilt ist?", fragte Johannes.
"Kommt drauf an, wie gut es heilt. Ich schätze ungefähr ein bis zwei Monate. Es können aber auch drei werden.", erklärte ich.

Nachdem dann alles geklärt war, konnte ich nun auch endlich ins Bett. Nach der ganzen Aufregung brauchte ich mal ein bisschen Schlaf. So ging ich nun hoch und machte mich schnell fertig. Dann legte ich mich zu Ben ins Bett. Dieser war noch wach und schaute kurz zu mir rüber, bevor er wieder die Decke hypnotisierte.
"Wie geht's dir?", fragte ich nun.
"Ganz gut.", meinte Ben.
"Sei ehrlich!"
"Ich hab leichte Schmerzen, aber es geht schon."
"Nimm ruhig nochmal eine von den Tabletten."
"Meinst du?"
"Ja. Dann kannst du wenigstens schlafen."
"Okay."
"Ist sonst wirklich alles in Ordnung?"
"Ja. Alles gut. Keine Sorge."
"Okay. Wenn irgendwas ist dann sag Bescheid! Das ist kein Problem, okay?"
"Süße, alles ist gut! Ich komme schon klar!"
"Okay. Gute Nacht!"
"Gute Nacht!"
Ich schloss nun meine Augen und war wenig später auch schon eingeschlafen.

Mitten in der Nacht wurde ich dann allerdings wach und wenig später wusste ich dann auch warum. Ben neben mir drehte sich die ganze Zeit hin und her.
"Schatz? Hast du Schmerzen?", fragte ich besorgt. Von ihm kam nur ein leichtes Nicken.
"Schlimm?", fragte ich weiter. Wieder ein leichtes Nicken seitens Ben.
"Hast du nochmal eine Tablette genommen?"
"Ja.", kam es leise von Ben.
"Hilft nicht?"
"Noch nicht."
"Eine halbe Stunde dauert es ungefähr, bis die wirkt. Wann hast du die genommen?"
"Vor 20 Minuten."
"Okay. Dann müsste sie gleich wirken."
Von Ben kam nur ein Nicken.
Wir schwiegen nun eine Weile, bis Ben sich langsam aufsetzte und zu mir rüber kam. So saßen wir nun nebeneinander und schwiegen eine Weile, bis ich fragte: "Helfen die Tabletten überhaupt irgendwie?"
"Nicht wirklich.", meinte Ben.
"Wie stark sind die?"
"Die stärksten, die es gibt. Deshalb soll man mit der Dosierung vorsichtig sein. Hab ich mir schon durch gelesen."
"Ach verdammt! Es tut mir echt leid, aber was anderes hab ich auch nicht. Die starken, die ich hab, verträgst du nicht wegen dem einen Stoff auf den du eine Allergie hast."
Von Ben kam nur ein leichtes Nicken. Ich legte nun sanft einen Arm um ihn und flüsterte: "Es tut mir so leid!"
"Dir muss nichts leid tun.", meinte Ben.
"Doch. Ich hätte dich nicht überreden sollen mit zu spielen."
"Wenn du es nicht gemacht hättest, hätte Julian es gemacht. Außerdem bin ich dir doch dankbar dafür. Hätte ich nicht mit gespielt, hätte ich alles, was in den letzten zwei Wochen war, nicht erlebt. Das tolle Wochenende hätte ich nicht mit erlebt, ich hätte mich nicht mit deinem Bruder vertragen, ich hätte Henri, Sam und die ganzen anderen nicht kennen gelernt und vor allen Dingen hätte ich nie gemerkt, wie sehr mir das Fußball spielen doch gefehlt hat. Dafür nehme ich die eine Verletzung in Kauf."
"Die eine Verletzung wird dich nur für mindestens ein halbes Jahr lahm legen."
"Süße, hör auf dir Vorwürfe zu machen! Du kannst da nichts für und das kann auch sonst keiner! Sieh es einfach als Schicksal."
"Ich wünschte nur ich könnte dir irgendwie helfen!"
"Das tust du! Du hilfst mir schon allein damit, dass du jetzt schon seit einer halben Stunde hier mit mir sitzt, obwohl wir ein Uhr nachts haben. Und damit, dass du dem Arzt gezeigt hast, was er zu machen hat sowieso. Wer weiß, was der sonst für einen Mist verzapft hätte. Mehr kannst du nicht tun. Dafür müsstest du Wunder vollbringen und das schaffst selbst du nicht."
"Kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?"
"Kümmer dich um die Pferden, solange ich nicht kann."
"Das ist klar. Dazu hab ich ja schon mal drei Helfer gefunden."
"Was ist mit dem Rennen nächste Woche? Hast du dir da schon was überlegt?"
"Mist! Da hab ich ja noch gar nicht dran gedacht!"
"Was machen wir da? Ich werd ja wohl kaum mitreiten können."
"Nein. Auf keinen Fall. Dann muss ich eben ein paar Pferde mehr reiten. Wir haben nur ein Problem bei den Rennen, die wir beide reiten sollten."
"Ja. Da müssen wir dann mal gucken."
"Wir könnten höchstens Emely reiten lassen."
"Die kleineren Rennen kann sie auf jeden Fall reiten. Die Frage ist nur, ob sie auch die 160 Kilometer schafft."
"Mit Kyros auf keinen Fall. Mit dem kommt sie nie im Leben klar. Aber wenn ich sie auf Sheyla setze vielleicht."
"Kommt sie denn mit der klar? Die rennt der nachher noch unter dem Hintern weg."
"Sie liebt solche Pferde, die jede Menge Feuer haben. Da kommt sie mit der schon klar. Sonst setze ich sie eben auf Liliana. Dann muss Tom halt Sheyla nehmen und ich nehm Kyros."
"Ja. So würde das doch eigentlich am besten passen. Liliana hat schon Erfahrung. Da dürfte das kein Problem sein."
"Die Frau an der Meldestelle wird sich freuen, wenn ich da schon wieder anrufe und alles umändern lasse."
"Selber schuld. Die hat sich den Beruf ausgesucht."
"Ich gucke morgen mal in Ruhe und mache einen Plan, wer wen reitet. Wir haben ja noch eine Woche Zeit und mal schauen. Vielleicht kommt Emely ja doch mit Sheyla klar."
"Notfalls muss Julian halt reiten."
"Das geht nicht. Die reiten da ihre eigenen Pferde. Für die Rennen können wir die nicht mit einplanen."
"Das ist natürlich doof."
"Wir kriegen das schon irgendwie hin. Mach dir da mal keine Sorgen."
Von Ben kam nur ein leichtes Nicken. Dann herrschte wieder Schweigen.
Nach einer Weile bemerkte ich dann eine einzelne Träne, die Bens Wange entlang lief.
"Schlimme Schmerzen?", fragte ich besorgt. Von ihm kam nur ein Nicken. Ich legte nun sanft einen Arm um ihn und zog ihn vorsichtig zu mir. Er kuschelte sich vorsichtig an mich und daran merkte ich dann, dass es ihm richtig schlecht ging. Das hatte er das letzte Mal vor Jahren gemacht, als er sich bei einem Fußballspiel den Arm gebrochen hatte. Das war aber bestimmt schon 30 Jahre her. Da waren wir nichmal zusammen.

So saßen wir nun eine Weile, bis ich bemerkte: "Du bist völlig fertig. Leg dich hin und versuch wenigstens ein Bisschen zu schlafen."
Ben schaute mich nur groß an. Da klopfte es auf einmal an der Tür.
"Leg dich hin. Ich geh gucken.", sagte ich zu Ben und stand dann auf, um die Tür zu öffnen. Vor mir stand ein völlig fertiger Johannes.
"Nicht du auch noch!", sagte ich und schloss die Tür hinter mir.
"Was ist los?", fragte ich dann. Ich konnte mir aber schon denken, was los war. Er hatte garantiert auch Schmerzen.
"Hast du vielleicht irgendwelche Schmerzmittel?", fragte Johannes.
"Das hatten wir doch schonmal. Die verträgst du nicht!"
"Irgendwas anderes, das hilft?"
"Nein. Da musst du jetzt durch. Ich kann dir da jetzt auch nicht groß helfen. Ich muss bei Ben bleiben und mich um den kümmern."
"Und was soll ich dann machen?"
"Sprech mit Julia."
"Lieber nicht."
"Setz dich in die Küche. Ich red mit ihr.", meinte ich und ging dann runter zu dem Zimmer der beiden. Dort klopfte ich kurz an die Tür und als keine Reaktion kam ging ich rein, um Julia zu wecken.
"Was ist los?", fragte diese verschlafen.
"Kannst du mal nach Johannes gucken? Ich hab keine Zeit."
"Wieso? Was hat der und wo ist der überhaupt?"
"Der sitzt in der Küche und hat Schmerzen."
"Kann der nicht einfach Schmerztabletten nehmen und dann ist gut?"
"Die verträgt er nicht. Das Problem hatten wir beim letzten Mal schon."
"Kannst du nicht nach ihm gucken? Du hast da mehr Ahnung von."
"Ich kann nicht. Ich muss mich oben um Ben kümmern. Außerdem brauchst du da kein medizinisches Verständnis für. Du sollst nur nach ihm gucken und ihn trösten."
"Okay. Das krieg ich hin.", meinte Julia und stand auf. Ich ging nun wieder hoch, wo Ben mittlerweile im Bett lag. Ich setzte mich zu ihm und strich ihm sanft über das Haar. Ben kuschelte sich dicht an mich und ich flüsterte: "Alles gut. Ich bin wieder da."
So verharrten wir eine Weile, bis Ben schließlich einschlief. Ich blieb allerdings neben ihm sitzen und strich ihm auch weiterhin immer wieder beruhigend durch das Haar. Er brauchte das jetzt einfach. Und schlafen konnte ich auch irgendwann anders. Außerdem hatte ich ja drei Stunden geschlafen. Das reichte mir.
Nach einer Weile schreckte Ben dann auf einmal hoch. Noch im Halbschlaf schaute er mich groß an.
"Alles gut. Schlaf weiter.", sagte ich beruhigend. Ben legte nun seinen Kopf auf meinen Schoß und starrte Löcher in die Decke.
"Schlaf weiter.", flüsterte ich und strich ihm sanft immer wieder durch das Haar, bis er schließlich wieder einschlief.

Die ganze Nacht saß ich so bei ihm, bis es schließlich Zeit zum Füttern war. Vorsichtig hob ich nun Bens Kopf hoch und legte ihn neben mich in die Kissen. Er bekam das gar nicht richtig mit und so verließ ich nun leise das Zimmer, um mich im Bad fertig zu machen und schließlich runter zu gehen. Dort saßen Johannes und Julia noch immer in der Küche und unterhielten sich.
"Morgen! Auch einen Kaffee?", fragte ich.
"Gerne.", kam es von den Beiden zurück. So machte ich nun Kaffee, während die beiden Anderen kurz verschwanden, um sich fertig zu machen.

Der falsche Sprung - KorrekturWo Geschichten leben. Entdecke jetzt