Der einzige Gedanke

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Etwas Leichtes krachte auf meinen Rücken. Mit einem Knurren drehte ich ruckartig meinen Kopf nach hinten. Diltya war es, die sich auf meinen Rücken geschwungen hatte. Sie zog heftig an meinen Ohren und ich seufzte beruhigt. „Jetzt sperr mal die Lauscher. Wie gesagt, ich helfe dir raus und du erledigst alles, was ich dir sage. Kapiert?“ Ruckartig wie sie, zog ich meinen Kopf weg. „Feines Hündchen“, tätschelte sie mich. „Wenn du wissen willst, wo wir sind, musst du den Ausgang finden. Ich helfe dir, wenn’s  kompliziert wird.“ Ich setzte eine Pfote vor die Andere und ging vorsichtig den Flur entlang. Später traute ich mich etwas schneller zu laufen, bis ich schließlich trabte. Als der Weg plötzlich aufhörte, sah ich mich um. Der Weg ging vorne weiter. Ungefähr eine Schulterlänge meiner jetzogen Gestalt unter mir war ein Boden, der knöchelhoch mit Wasser gefüllt war. Rechts ging der Weg jedoch auch weiter, allerdings schmaler. Ich ging langsam nach rechts. Plötzlich sprang mich etwas Kleines an. Es sah aus wie eine riesige Ratte und hatte extrem große Zähne und fauchte mich an. „Vor solch einer Ratte hast du doch nicht etwa Angst oder? Na los, töte es.“ Schrie Diltya mich an. "Töten? Bist du wahnsinnig?“, war mein einziger Gedanke. „Das sind Schattenmonster. Sie haben keine Gefühle oder so was. Nicht so wie du. Wenn du noch länger wartest, tötet es dich, bevor du flüchten kannst. Also folge deinem Trieb!" Ich wollte nicht länger zögern und sprang das Vieh an. Mein Gebiss tat Alles von selbst. Ein Biss genügte um dem Tier ein Ende zu setzen. Schockiert starrte ich das leblose Knäuel an. Kein Blut war zu sehen. „Ich wusste doch, dass aus dir was werden kann“, Diltya hielt sich entspannt an meinem Nackenfell fest und klopfte gegen meine Rippen. Ich zuckte zusammen, als das Schattenmonster zersprang. Lila-schwarze Quadrate flogen in die Luft und lösten sich auf. „Alles gut, das wir mit Allem passieren, was du töten wirst“, zwinkerte mir Diltya zu. „Was ich töten werde? Heißt das etwa, dass ich noch mehr töten muss?“, ich hatte Angst. Ich wollte keine Mörderin sein. „Du verteidigst dich. Du wirst keine Mörderin sein. Du wirst es nur sein, wenn du die Monster leben lässt und deine Freunde für immer Geister bleiben.“ „Was meinte sie damit? Werde ich wieder ein Mensch werden? Werde ich überleben? Und werde ich je meine Freunde retten können?“, meine Gedanken waren unaufhaltsam. Ich neigte meinen Kopf etwas zur Seite und schaute sie fragend an. „Hmm... Was ich wohl mit ‚Geistern’ meine, was?“ Ich gab einen Laut von mir, der diese Aussage bestätigte. „Nun, du wirst es erfahren, wenn die Zeit gekommen ist. Zu erst müssen wir aus dieser Kanalisation heraus. Du solltest deine Triebe übrigens in den Griff kriegen, bevor es ausartet. Ansonsten tötest du alles. Auch was du liebst. Aber bekomme erstmal den Schwung“, zwinkerte sie mir zu. Ich wollte nicht töten. Ich will kein Killer sein. Ich war noch nie ein Killer. Doch als ich in der Ferne wieder eines dieser hässlichen Schattentiere sah, waren meine Gedanken nicht mehr die von mir. Mein einziger Gedanke war- Töten.

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