Allein zu zweit

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Ich entfernte mich der Wasserquelle und beobachtete, wie Jessy sich immer weiter an Phoenix stellte, während sie mit ihm sprach. Ein merkwürdiges Gefühl stieg in mir auf. Erst unscheinbar, doch dann immer stärker und schmerzender. Der Schmerz schien aus meiner Brust zu brüten und malte mir gedanklich aus, wie die beiden glücklich auf einer Wiese saßen und zufrieden den Sonnenuntergang genossen.Ich gestand mir meine Eifersucht ein und schämte mich, Gefühle für Jemanden zu haben, obwohl ich... ich stoppte meinen Gedankengang. Obwohl ich doch gar nichts getan hatte. Ich war weder mit Focko zusammen, noch sonst irgendwas. Ich war nur in ihn verliebt, dachte ich mir. Ich korrigierte mich heimlich, in dem ich mir eingestand, dass ich auch noch etwas für Focko empfinden würde. Ich hielt dieses Gefühl nicht mehr aus, ging zu Phoenix und Jessy und sagte: "Entschuldigt, wenn ich euch unterbreche. Phoenix, wir müssen dringend reden. Es ist verdammt wichtig!" Ich wirkte fast schon hysterisch, was vielleicht an meiner inneren Freude lag, die unbedingt raus wollte. "Ja ja ja! Ist ja gut, ich komme!", lachte er, weil er mein Grinsen sehen konnte. Wütend funkelte Jessy mir hinterher, während ich mit Phoenix  in den Gängen verschwand. "Was ist denn so Wichtiges?" fragte er fast schon nervös. "Du musst mit mir kommen!", ich lachte vor Fröhlichkeit und meiner eigenen Naivität. "Was? Jetzt doch?" er grinste freudig. "Erfahre ich dann dein kleines Geheimnis?" fragte er lachend, ohne zu aufdringlich zu wirken. "Musst du wohl" antwortete ich, "aber noch nicht jetzt. Wenn die Zeit reif ist. "Wusstest du, dass du total niedlich bist? Du hast wundervolle Augen und immer, wenn ich deine Stimme höre, ist es fast schon so, als wäre man auf Wolke Sieben." Er lächelte verlegen, als er das sagte. Mein Herz setzte für eine ewig scheinende Zeit aus und ich musste mir wirklich erst mal die Frage stellen, ob er das wirklich gerade gesagt hat. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn, das bestätigte mir alles. "Danke", flüsterte ich leise und peinlich berührt. "So, wann geht's los?" beendete er die peinliche Stille, ehe sie überhaupt beginnen konnte. "Na ja, so früh wie möglich. Gleich am Besten.", grübelte ich. "Okay", sagte er, "dann wollen wir uns mal von Allen verabschieden!" 

Er klang fast schon glücklich, obwohl er alle verlassen musste. Selbst seine Geschwister, aber er würde ja bald wiederkehren. Der Abschied fiel mir nur halb so schwer wie Phoenix, besser gesagt, den anderen Wölfen fiel es schwerer, Phoenix loszulassen als mich, was ja auch klar war. Das kränkte mich keineswegs, wir kannten uns schließlich kaum. Phoenix schien alles sehr auf die leichte Schulter zu nehmen, er wirkte irgendwie schon von Anfang an eher wie ein einsamer Wolf von dem man immer sprach. Nachdem wir uns verabschiedet hatten und ich mir von Jessy noch todwünschende Blicke einfing, gingen wir endlich den Höhlenausgang entlang nach draußen, wo es, obwohl es Tag war, sehr dunkel war, die Sonne kaum sichtbar und trotz des eigentlichen Sommers eine nackenhaarsträubende Kälte herrschte. Nun zogen wir los. Zwei Wölfe in der großen unendlichen Weite des Schattenreiches, am Anfang eines großen Geheimnisses, was ich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht ahnte. 

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