Merkwürdiges Gespräch

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Mit Angriffshaltung stand ich da und bewegte mich nicht.

„Und ich dachte, du hättest jetzt etwas daraus gelernt. Also wirklich, du bist kein liebes Hündchen.“

Es war Diltya, die geradewegs herunter geschwebt kam.

„Andererseits, ist es gut, dass du dich gegen Gegner schützt. Eigentlich sollte ich stolz auf dich sein. Aber das bin ich ganz und gar nicht. Wenn du dein Reich retten willst, musst du dich auch wie ein Held benehmen und nicht als Schattenwesen den nächstbesten Menschen anspringen. Und erstrecht nicht aus Freude!“, schimpfte sie in einem Ton, den ich nicht von ihr erwartet hätte. Ihr Blick war ernsthaft böse. Aus angeborenem Reflex klemmte ich meinen Schweif zwischen die Beine, senkte den Kopf, ließ die Ohren hängen und winselte ein wenig.

„Grmpf… Aber du machst dich verdammt gut als Wolf“, fügte sie lächelnd hinzu. Und schon ging es mir etwas besser. Diltya sagte lange nichts und schien, als würde sie auf etwas warten. Ihr Blick machte mich ein wenig unruhig.

Sie fing an mit den Füßen zu tippeln und wurde selbst etwas ungeduldig. Nun platze es aus ihr heraus: „Sag mal, worauf wartest du noch? Du weißt schon, dass wir nur bis Sonnenaufgang Zeit haben, das Schwert und dieses Schild zu holen, oder?“ Ich stand wie eingefroren da und wusste nicht, was ich dazu denken sollte. Sie fuchtelte mit den Händen und murmelte etwas, was ich nicht verstand. Darüber war ich froh. Ich machte einen Schritt auf sie zu. Ruckartig drehte sie sich um, ihre Augen weit aufgerissen. Ihr schien etwas eingefallen zu sein. „Stimm ja, du kannst ja gar nicht so hoch springen!“ Diesmal lachte sie. Es verärgerte mich etwas, da ich wusste, dass sie mich auslachte. Sie flog aus dem Loch und schaute auch mich herab. Nun wartete sie wieder. Doch dieses Mal nicht so lange wie vorher, denn mit der Zeit verstand ich worauf sie hinaus wollte. Ich erinnerte mich an die Flucht aus dem Kerker in Tyrollus. Ich nahm Diltya ins Visier. Ich konzentrierte mich nur auf sie. Ich setzte vorsichtig zum Sprung an. Mein Hinterteil berührte fast schon die Wasseroberfläche. Diltya lächelte ihr böses Lächeln und musterte mich. Mit einem Satz sprang ich in die Luft und bevor ich an Höhe verlor, fühlte es sich an, als würde mich eine große Hand schnappen und hochziehen. Und tatsächlich war ich schon beim ersten Sprung erfolgreich.

„Puh!“, seufzte Diltya und klang so, als wäre sie gerade mehrere Zage durchgehend gerannt „Weißt du eigentlich wie schwer du bist? Ich hoffe, dass du das bald alleine kannst, denn sonst habe ich all meine noch vorhandene Kraft für Sinnlosigkeiten verschwendet.“

Ich schüttelte mich und blickte noch einmal in das Loch. Wie auf einem Schlag kam mir Alles wieder ins Gedächtnis, was sich in den letzten Minuten ereignet hat. 

„Diltya! Diltya! Warum hast du mich in einen Wolf verwandelt? Ich habe da drinnen Lester getroffen, wird dir ja sicherlich bekannt sein. Woher kennst du ihn? Was um alles in der Welt ist hier überhaupt genau passiert? Ich will alles wissen. Er sagte, dass wir uns wiedersehen werden und dass du wiederkommen wirst…Wer ist Lester eigentlich? Aber viel wichtiger ist es zu wissen, wer bist du eigentlich?“, es floss nur so aus mir heraus.

Diltya stattdessen, sah mich finster an. Doch direkt verwandelte sich ihre Miene in ein nervöses Gesicht voller Geheimnisse.

„Aha, du hast den alten Sack da unten gesehen.“

Dies sagte sie, ohne mich anzusehen.

„Ich bin Diltya. Weißt du doch. Ich bin ein Schattenwesen. Und unsere Welt ist genauso bedroht wie deine. Denn, es gibt da Jemanden. Er heißt Grom. Er ist sehr mächtig und hat sich die Schattenwelt unter den Nagel gerissen.“, sie biss die Zähne zusammen und zuckte angewidert, als sie den Namen sagte. „Doch, eigentlich war er ein ganz normaler Schattenweltbewohner. Doch…öhm…niemand weiß, wie er zu dieser mächtigen Kraft kam. Nun hat er sich auch die Welt des Lichtes an sich gerissen.“

Die letzten beiden Sätze sagte sie so schnell, als wollte sie etwas vertuschen. Doch ich bekam es kaum mit.

„Ist er denn der König der Schattenwelt?“, fragte ich neugierig.

„Ja verdammt noch mal!“, sie schrie so laut, das mein Fell sich etwas bewegte.

„Ok“, mehr wollte ich nicht sagen. „Wir haben noch eine Mission“, erinnerte sie mich. Ich nickte und ging zurück in die Richtung aus der ich gekommen war. Diesmal würde mir nicht wieder so etwas passieren. Wie gewohnt, hüpfte Diltya auf meinen Rücken und hielt sich an meinem dichten Nackenfell fest. Ich schaute zu ihr hoch und lächelte.

„Denk dran, es ist der letzte Versuch, denn nach dem Sonnenaufgang kommen wir nicht mehr in die Schattenwelt. Du zumindest nicht“, sie lachte. „ Aber das kriegst du schon hin! Du musst. Ansonsten ist alles verloren."

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