Schweigeminute

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"Dir fiel der Abschied ja nicht sonderlich schwer" sagte ich, als wir über das graue wirkende schwache Gras liefen. "Hm ja ich weiß nicht", entgegnete er, während er einem kleinen spitzen Stein auswich. "Hast du kein gutes Verhältnis zu deiner Familie?" fragte ich und wünschte mir sofort, es nicht gesagt zu haben. "Doch es ist super. Ich rede nur nicht gerne über Probleme und alles. Und das verstehen sie manchmal nicht" brummte er. Ich spürte, dass dies eine Art Verwarnung für mich war. "Wenn du Probleme hast..." begann ich. "Ich will nicht reden. Trotzdem danke." unterbrach er mich, obwohl ich auch was anderes gesagt haben wollen könnte, als er dachte. Aber er lag schon richtig. "Tut mir Leid." "Schon okay, du meinst es nur gut" sagte er aufmunternd, doch schlecht fühlte ich mich trotzdem. 

"Hast du eigentlich soetwas, wie einen Freund?" fragte er mich mit interessierten Augen, um jede meiner Reaktionen deuten zu können. Ich lachte kurz auf. "Was?" er grinste. "Nein nichts" lächelte ich. "Nein habe ich nicht. Du etwa?" Ich sah ihn nicht an, weil es mir etwas unangenehm war zu fragen und plötzlich spürte ich eine gewisse Anspannung in mir. Was ist, wenn er "ja" sagte?

"Hm ne nicht wirklich" sagte er lässig. "Nicht wirklich?" wiederholte ich. "Also vielleicht schon, aber nicht so ganz oder was?" hakte ich nach. "Nein", er grinste ein Lächeln, was sich genau in diesem Augenblick tief in meine Erinnerung brannte und mein Herz auf ewig prägen würde. "Ich meine damit, dass ich keine Freundin habe" sagte er. Es klang fast, als wolle er noch etwas sagen, aber entweder hatte er sich umentschieden, oder war wirklich schon fertig. Ich fragte nicht. 

"Würdest du eine Beziehung eingehen?" fragte er nun wieder nach einer Weile ohne Vorwarnung, dass er etwas sagen würde. Ich zuckte kurz zusammen. "Ich? Bereit?" wiederholte ich aufgeregt. "Ja das fragte ich gerade" sagte er fast schon stumpf. "Zum einen nicht wirklich, wegen dieser ganzen Umstände" fing ich an, "doch irgendwie auch schon. Es ist schön, jemanden bei sich zu haben, dem man vertrauen kann und mit dem man über alles reden kann, wenn es nötig ist, bevor man kaputt geht." Ich sprach aus Erfahrung und hoffte, er würde sich ein bisschen schlecht fühlen und einsehen, dass ich Recht hatte. Ebenso hoffte, ich dass ich die Person werden würde, mit der er über seine Probleme reden könnte. "Hm" kam von ihm. Mehr folgte nicht, wir liefen nur weiter in Richtung Tyrollus. Je öfter ich ihn ansah, desto mehr spürte ich, dass ich zu ihm gehören möchte. Dass er das Alles gefragt hatte, war ja sicher nicht umsonst. Er musste einen Hintergedanken habe, niemand fragt soetwas ohne Hintergedanken. Vielleicht empfand er ja.. was dachte ich bloß für einen Blödsinn. Natürlich! Hätte er mich sonst geküsst? Hätte er sonst jede Nacht bei mir verbracht? Ich lächelte in mich hinein und hoffte, dass der Tag bald kommen würde, wenn er diese Worte aussprach und wir nun offiziell als Wolfteam durch die Gegen streiften und die Welt retteten. Plötzlich fiel mir aber ein, dass sobald all diese schrecklichen Dinge ihr Ende nahmen, dass auch meine Wolfsgestalt ihr Ende nehmen wird. Wieder versank ich in eine nachdenkende Phase und sagte so gut wie gar nichts, bis wir eine kleine Höhle fanden, in der wir übernachteten. Den Rest des Weges hatten wir nicht ein Wort gewechselt, was mich schon ein wenig hoffnungslos fühlen ließ. 

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