Kennenlernen

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Als ich aufwachte, erinnerte ich mich an das fertige Gespräch mit Phoenix, wie er mir sich vorgestellt hat. Noch mit geschlossenen Augen versuchte ich einiges durchzugehen, was gestern besprochen wurde. Das Ergebnis war, dass ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, wie ich in meine Kammer gekommen war. Draußen hörte ich schon Wolfsgewusel. Einige aßen, andere tranken und wieder andere unterhielten sich über Dinge, die ich nicht mitbekam. Der Geruch von Phoenix schwebte mir noch immer in der Nase, was ich irgendwie komisch fand. 
Als ich meine Augen öffnete, wehte mir der Leinenvorhang leicht entgegen. Ich streckte mich, wie in der Nacht zuvor und gähnte kräftig. Ich stand langsam auf und erschrak plötzlich. Neben mir lag Phoenix und döste noch vor sich hin. Ich versuchte mich nicht zu bewegen, aber irgendwie herauszukriegen, bis mir einfiel, dass es alle sehen würden. "Guten Morgen, gut geschlafen?"
Es war eindeutig Phoenix' Stimme. Ich tat so, als würde ich noch schlafen, um die peinliche Situation nicht zuzuspitzen. Er kam näher heran und flüsterte: "Ich weiß, dass du wach bist." Das Grinsen war nicht zu überhören. Vorsichtig sah ich ihn an, er lächelte, wirkte aber noch etwas verschlafen. "Du bist gestern einfach eingeschlafen" erzählte er. "Ich wollte dich dann nicht mehr wecken und habe dich schlafen lassen." Ich lächelte und gluckste ein "Danke" ehe er wieder zu sprechen begann: "Also, damit hier keiner etwas faösch versteht, gehe ich raus und lenke alle Aufmerksamkeit auf mich. In der Zeit gehst du raus und trinkst was oder so" er lachte. 
Ich kicherte leise und stimmte ihm zu, dass es wirklich eine gute Idee wäre, da es schon ungewöhnlich ist, dass zwei Wölfe in einer Kammer sind, obwohl sie ja eigentlich gar nicht viel miteinander zu tun haben. 
Phoenix stolzierte heraus, trank etwas und ging zu Ceasar und Adrian und versuchte, durch lautes Gähnen alle Aufmerksamkeit auf sich zu richten. Ich fand es ziemlich amüsant, wartete auf einen Blick von ihm und tapste schnell zur Wasserquelle. Geschafft.
Ich trank einige Schlücke und gesellte mich zu den anderen. Zufällig stand ich wieder neben Phoenix, obwohl ich versuchen wollte, es zu vermeiden. Ich beachtete ihn nicht und kam mit Adrian ins Gespräch:
"Hey Kira, wie war die erste Nacht?" 
"Wirklich gut, ich habe lange nicht mehr so friedlich in einer solchen Wärme geschlafen."
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Phoenix grinste und leicht wegguckte. 
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen und schaute wieder Adrian in die Augen. 
"Das freut mich!" sie lächelte so doll, dass ihre Zähne hervorblitzten und ihre Augen ganz schmal wurden. "Du musst unbedingt heute alle kennenlernen" sagte Ceasar mit einem väterlichen Gesichtsausdruck. "Okay", nickte ich und lächelte.
"Jetzt oder wann?" fragte ich ihn. "Na wenn du willst, jetzt!" "Alles klar!" 
Ceasar jaulte ein kurzes Lied, welches von allen Decken und Wänden reflektiert wurde und als Echo zusammengebunden doppelt so laut wieder zurück kam. 
Aus allen Ecken und Kammern kamen Wölfe. Ich zählte und kam am Ende auf zehn. Sie wirkten auf einem Haufen wie hunderte ihrer Art. Die einen waren braun, die anderen braun-grau, grau oder wie die drei letzten: schwarz-braun. Was mich an den dreien faszinierte war, dass ihr Fell schwarz war, aber unter Lichteinstrahlung bräunlich glänzte. Alle standen nun da und sahen mich an. Die meisten lächeln. 
Ceasar stellte sich als Erster vor. "So.. also ich bin Ceasar." Einige Wölfe lachten. Ceasar grinste. "Na ja und ich bin der Alphawolf hier." Er sah Adrian an. "Also, mich kennst du ja eigentlich schon", lachte sie fröhlich, wie sie immer war. "Also, ich bin die Alphawölfin" fügte sie hinzu. Sie sah die drei schwarzen Wölfe an. Leah fing an. "Ja, also mein Name ist Leah . Wir haben ja auch schon gequatscht" sagte sie freundlich. "Soo, ich denke mal, dass ich jetzt dran bin?"  Der kleiner der beiden schwarzen Wölfen trat einen Schritt hervor, während die meisten über seine Bemerkung lachten. "Ich bin der Lucas" lächelte er höflich. Er sah den größeren Wolf neben sich an.
Dieser blieb dort, wo er stand und grinste nur. "Joa, Phoenix mein Name. Ich glaube, wir kennen uns schon recht gut." Ich war in diesem Moment so dankbar, dass meine Gesichtsfarbe unter meinem Fell nicht so deutlich zu erkennen war, wie bei Menschengestalt. Ein brauner Wolf meldete sich zum Wort und unterbrach die peinliche Stille. "Hi, ich bin Ethan." Er sah sehr muskulös aus und schien sehr stark zu sein. "Und das hier ist Mike. Er spricht nicht viel, deshalb stelle ich ihn mit vor." Er grinste und deutete auf einen hellbraunen Wolf, der neben ihm lag und mich einfach nur ansah. "Conny?" rief Ceasar leise in die Runde. "Ja hier!" Eine kleine Wölfin trat zwischen den großen Anderen hervor und lächelte mich an. "Hallo" sagte sie sanftmütig und mit einer sehr beruhigenden Wirkung auf mich. "Ich bin Conny uuuund joa" hörte sie auf. Mit einem Nicken gab ich ihr das Zeichen, dass sie nichts mehr sagen musste. Ein dunkelbrauner, großer Wolf wurde jetzt von Allen angesehen, er war jedoch nicht größer als Phoenix. Er war der Größte hier. "Haha okay", sagte er. "Ich bin Steven und.. ich bin ein Wolf" Wieder lachten alle und ich lachte einfach mit. 
"Jessy?" fragte Steven. "Was?!" kam es aus einer dunkleren Ecke des Raumes in der Nähe von Phoenix' Kammer. "Willst du dich nicht auch vorstellen?" fragte Ceasar. "Wieso sollte ich? Sie wird mich schon früh genug kennenlernen." Aus irgendeinem Grund empfand ich diese Aussage als Drohung, was mich verunsicherte. Automatisch schaute ich zu Phoenix, der mich mit einem Gesicht ansah, als wolle er sagen: "Mach dir keine Gedanken, die hat nur 'nen schlechten Tag!". Ich lächelte ihm dankend zu. Er nickte darauf. "Na ja" sagte Adrian. "Das ist Jessy." Sie zuckte mit den Schultern und versuchte wieder die Stimmung zu lockern. 
Sie wird mich schon früh genug kennenlernen. hallte es in meinem Kopf und ich wusste nicht wieso, doch ich hatte das Gefühl, dass mehr dahinter steckte, als alle vermuteten. Und genau das, machte mir etwas Angst. 

WolfsblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt