...kommt vor dem Fall

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ca. 5 Minute zuvor

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Jedes Mal, wenn seine Pranken den Boden berührten, ertönte ein dumpfes Geräusch, weil er so massiv und schwer war.  Er war schon eine Weile gelaufen, dennoch taten ihm seine Beine nicht weh. Er hätte noch Tage so weiter laufen können. In ihm wütete nichts anderes als reiner Hass. Bei jedem Schritt bohrten sich seine messerscharfen Krallen in die Erde und wirbelten sie in die Luft, wenn er weiter lief. Er stritt oft mit seinen Geschwistern und heute musste er einfach weg, bevor es zu einem Kampf käme und noch jemand verletzt werden würde. Nun war er schon beim schattigen Schloss Tyrollus und der Stolz und die Zufriedenheit breitete sich auf seinem Gesicht aus. Vom Bau bis zum Schloss war es ein weiter Weg, hier war er weit weg von Allem. Weit weg von Jedem. Nun verminderte er seine Geschwindigkeit, obwohl er nicht müde war. Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen und aus dem dumpfen Geräusch seiner Pranken wurde ein fröhliches Klatschen. Der Nebel, der erfürchtig um das Schloss herumspukte, berührte nun auch langsam den Grund auf dem Phoenix herumtrabte. Doch er spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Er beschnupperte den Boden und versuchte, die Ursache zu suchen, doch er roch nur sich selber. Plötzlich bemerkte er, wie etwas Großes von oben auf ihn zukam. Er bemerkte es zu spät, als dass er noch Etwas tun könnte.

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Ich spürte, wie der Wind an mir vorbeipfiff und ich im Nebel ein immer tiefer werdendes Loch verursachte. Wie Nadelstiche stachen mir die Regentropfen in das Gesicht, doch der Gedanke, dass es bald vorbei sein würde, schmerzte mehr, als alles Andere. Durch den starken Windstrom, der unter mir mein Fell nach oben zerrte, bemerkte ich einen merkwürdigen Geruch, der mir irgendwoher bekannt vorkam. Doch ehe ich mich besinnen konnte, kam der langersehnte Knall, der Aufprall, der alles beenden würde. Der Aufprall war so dumpf, dass ich in meiner letzten Milisekunde noch einen eiskalten Schauer im Nacken bekam. Dann war es dunkel. Und still. Nichts rührte sich, nur dieser Geruch verfolgte mich noch in den Tod, ehe meine Seele sich von meinem Leib trennte.

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