Unbesiegbar?

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"Na los! Mach schon!" Sowas hörte ich den halben Vormittag gefolgt von Geknurre, Zähne fletschen, Quiecken, Bellen, dumpfen Geräuschen und vielen anderen Tönen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen könnten, wenn man nicht wüsste, dass es ein Training war. Es sah so brutal aus, dass ich mir manchmal kurz erlaubte nicht hinzuschauen und war jedes Mal überrascht, dass keiner verwundet war. 

Phoenix kam keuchend zu mir. "Puh", er lachte. "Hast du Lust?" Er sah mich mit einem Blick an, der mich irgendwie verwirrte. "Das klingt pervers, so wie du guckst" lachte ich zurück und antwortete schnell, ehe er irgendwas dazu sagen konnte: "Ja klar, ich habe nur echt Angst, euch doch irgendwie weh zu tun, denn..." Er unterbrach mich: " Da bezweifle ich, Kleines." Er zwinkerte mir zu und für einen kurzen Augenblick bekam ich wackelige Beine, sah kurzzeitig verschwommen und hätte schwören können, dass mein Herz einen stundenlangen Stillstand erlitten habe. Die Kombination aus Kleines und seinem Zwinkern war einfach zu viel gewesen. "Gegen wen kämpfe ich zu erst?" "Eindeutig gegen mich" gab Phoenix wieder, ohne mich anzusehen. Alle anderen Wölfe sahen uns an und konzentrierten sich hauptsächlich auf mich. "Kann es losgehen?" Phoenix sah mir tief in die Augen und grinste schelmisch, während er sich in Kampfhaltung begab. Ich versuchte es ihm nachzumachen, fand jedoch, dass es äffisch aussah und beschloss, meine Haltung spontan einzunehmen. Ein Kampf da draußen, war schleißlich auch spontan. "Na komm!" rief er, als würde ich hunderte Sprünge von ihm entfernt stehen. Ich musste lachen und kicherte, dass er doch zu erst kommen sollte, wenn er sich trauen würde. Das ließ er sich nicht ein zweites Mal sagen und kam mit einem gruseligen Gesicht auf mich zu. Am liebsten hätte ich losgeprustet vor Lachen, doch wollte ich vor den anderen nicht als kindisch und unkontrolliert dastehen. Phoenix' Krallen hinterließen weitere Kerben im Boden und seine Pranken wurden immer größer. Plötzlich war er ganz nah, sprang los, um mich anzugreifen, verfehlte jedoch. Er purzelte kopfüber und rutschte anschließend vor Ceasars Füße. "Wie zur Hölle hast du das gemacht?" Phoenix war so erschrocken, als hätte es zu einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent klappen müssen. "Was denn?" fragte ich überrascht. Auf einmal spürte ich, dass irgendetwas nicht stimmte, drehte mich um, warf mich blitzschnell auf den Boden, streckte meine Beine reflexartig aus und sprang wieder auf meine Beine, als wenn nichts gewesen wäre. Das was alles so schnell, dass ich Ethan noch in einem hohen Bogen durch die Luft fliegen sehen konnte, ehe er mit einem lauten Krachen gegen die Wand flog, aufstand, lachte und sagte, dass alles in Ordnung wäre. Nichts war in Ordnung. Er hatte beim Aufprall einen schmerzerfüllten Laut von sich gegeben und humpelte mit angezogener Pfote zur Quelle. Der sonst lustlose Mike stand jetzt aufgeweckt da und sah mich bewundernd an. "Darf ich mit dir kämpfen?" fragte er. Entsetzt, dass er einen Ton von sich gegeben hatte, starrten ihn alle an. Ich sah die anderen an, weil ich nicht wusste, wie ich seine Frage beantworten sollte. Er schien seine Frage jedoch nicht so gemeint zu haben, wie man eine Frage eben versteht, sondern eher als Anforderung. Langsam ging er auf mich zu, mit einem stierenden Blick, der mich fast so sehr verunsichert hätte, dass ich meine Konzentration verloren und den Kampf verloren hätte. "Bist du bereit?" knurrte er, ohne, dass es wie eine Frage klang. Ich gab nur einen lauteren knurrigen Laut von mir, ehe ich losstürzte und wieder chancenlos zu Boden warf. Ceasar ging mit Adrian nach draußen und redete mit mir. Er sah auf dem Weg oft zu mir herüber, was mich daraufhin schließen ließ, dass sie über mich redeten. War ich so eine Killermaschine? Gefährdete ich das Rudel? Ich wusste doch auch nicht, was ich war. Wer ich war und vor allem nicht wieso.  

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