Epilog

2.8K 83 27
                                    

Einige Monate später

Tief atme ich durch. Mit zittrigen Händen streiche ich den seidig weichen Stoff meines Kleides glatt. Bei dem Blick auf das zartblaue Kleid kommen mir die vielen Stunden in den Sinn, in denen Maße von mir genommen wurden, die perfekte Farbe für diesen Anlass besprochen und alle paar Wochen überprüft wurde, ob das Kleid noch so saß, wie es sollte. Es ist nicht wirklich pompös, aber auch kein Kleid, das in einer einfachen Lage an mir herunterhängt. Ich würde sagen es ist so wie ich: ein wenig Prinzessin, aber auch irgendwie nicht.

Es ist wirklich stressig gewesen, aber es hat sich gelohnt, denn das Kleid ist wunderschön und lässt mich wortwörtlich wie eine Prinzessin fühlen. Allein bei dem Gedanken an das Wort Prinzessin wird mir übel. Klar wäre ich nicht wirklich eine Prinzessin, dieses Privileg habe ich nicht, aber ich würde in wenigen Minuten offiziell Teil der britischen Königsfamilie werden und seien wir mal ehrlich, das ist schon cool genug.

Ich fühle mich ganz plötzlich wieder wie ein kleines Kind, das der Verantwortung noch nicht gewachsen ist. Ich atme leicht zittrig aus und blicke mich um. Nur noch wenige Augenblicke, dann ist es soweit. Die Aufregung macht sich in warmen Wellen in meinem Bauch breit, die kurz darauf wieder verebben.

Mein Blick schweift zu den zwei Palastwachen, die in wenigen Sekunden die Tür aufmachen werden. Mein Make-iUp-Artist nimmt die letzten Handgriffe an mir vor. Ein wenig Puder ins Gesicht und hier eine Strähne zurück in die Hochsteckfrisur, dann bin ich scheinbar perfekt für meinen Auftritt.

Er drückt mir lächelnd die Daumen und verschwindet danach von meiner Bildfläche. Ich merke, wie meine Hände vor Aufregung schweißnass sind und ein wenig zittern. Mit einer ruhigen Atmung versuche ich mir ein wenig der Spannung, unter der ich gerade stehe, zu nehmen.

"Miss, wir öffnen jetzt die Türen", meint einer der Angestellten.

Ich nicke. Ganz plötzlich habe ich das Gefühl, an meinen ersten Tag hier im Palast zurückgeworfen zu werden. Als ich schon einmal vor einer solchen Flügeltür gestanden habe, bevor ich zum ersten Mal Dad begegnet bin. Ich habe keine Ahnung, welche der beiden Situationen die Schlimmere ist. Tatsache ist, dass ich mir jetzt keine Gedanken mehr darüber machen kann, weil die Wachen bereits dabei sind, die schwere Flügeltür zu öffnen.

Ehe ich mich versehe, steht die Tür offen und ein Raum voller Menschen empfängt mich. Heilige Scheiße. Alle drehen sich zu mir um. Sie staunen, wirken glücklich und lächeln mich an. Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen. Währenddessen lasse ich die vielen Eindrücke auf mich wirken.

An manchen Stellen im Saal sind Kameras aufgestellt. Es ist eine große Festlichkeit, dass ich offiziell in der britischen Königsfamilie willkommen geheißen werde. Aus diesem Grund wird die Zeremonie im Fernsehen ausgestrahlt, damit das britische Volk und sogar die Menschen weltweit an diesem aufregenden Tag teilhaben können.

Nervös sehe ich mich um, in der Hoffnung einen meiner Liebsten als Anker zu erblicken, damit ich nicht vor Aufregung umkippe. Auf einer Seite entdecke ich meine Mutter und ihren neuen Freund Derek. Beide wirken glücklich und drücken mir lächelnd die Daumen.

Mom hat Derek vor einigen Monaten in dem Hotel kennengelernt, in dem ich meinen 18. Geburtstag gefeiert habe. Die beiden sind in Kontakt geblieben und so hat sie ihn kurz vor Weihnachten besucht. Wie es der Zufall so wollte, wohnt Derek etwas außerhalb von London. Die Geschichte der beiden hat jedenfalls ihren Lauf genommen und jetzt wohnen sie zusammen bei ihm in London. Das macht mich besonders glücklich, weil ich nun die Möglichkeit habe, Mom jederzeit zu besuchen. Vorausgesetzt es lässt sich mit meinen Terminen vereinbaren.

The Royal Family ~ Lasst das Chaos beginnen | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt