Dieses Kapitel widme ich:
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Ich stand nun hier in einem der Gänge des Palastes, gefangen in einem Albtraum und voller Hoffnung endlich daraus aufwachen zu dürfen.
Ich wusste nicht genau, wie lange ich noch wie angewurzelt in den Gängen stand, bis ich letzten Endes in mein Zimmer zurück schlurfte. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, packte ich den Brief, warum auch immer, zurück in seinen Umschlag und verstaute ihn in einem Fach meines Schreibtisches. Nachdem das erledigt war, knipste ich das Licht aus und kroch in mein Bett. Plötzlich fühlte ich mich so unendlich ausgelaugt und müde, doch meine Gedanken waren viel zu wirr, um jetzt schlafen zu können.
Aus diesem Grund saß ich aufrecht in meinem Bett, während ich in meinem stockdunklen Zimmer saß und auf einen imaginären Punkt an der Wand starrte. Unweigerlich spielten sich Situationen von Logan und mir vor meinem inneren Auge ab, wie ein Film. Ich musste an unsere erste Begegnung denken, als wir zusammenstießen und er mich danach zu meinem ersten Kennenlernen mit meinem royalen Teil der Familie begleitet hatte. Ein winziges Lächeln huschte über meine Lippen, gefolgt von einem Schluchzen und einigen Tränen. Denn plötzlich legte sich ein dunkler Schatten über diese Erinnerung. Genau wie bei allen anderen vermeintlich schönen Erinnerungen.
Wenn alles stimmte, war der Zusammenstoß vielleicht gar kein Zusammenstoß gewesen. Immerhin hatte meine Stiefmutter alles inszeniert und Logan hatte dem Ganzen auch noch zugestimmt. Es würde jedenfalls zu Eva passen. Wobei Charlie meinte, dass er mit Logan eine Wette hatte und darin war die Königin nicht involviert. Aber egal, wie ich es drehen und wenden würde, feststand, Logan hatte mich bezüglich unserer Beziehung belogen.
Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen und weinte unaufhörlich los. Mein Schädel hämmerte gegen meine Schläfen. Es war, als ob mein Kopf völlig überfordert mit dem vielen Denken wäre. Und ich wollte nichts anderes, als mit Denken aufzuhören, aber ich wusste nicht wie. Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Zwar hob ich meinen Kopf, doch antwortete nicht. Es klopfte erneut.
„Kathy, ich bin es", vernahm ich die durch die Tür gedämpfte Stimme von Ash.
„Geh weg!"
Ich hörte keine Antwort, doch das Klopfen hatte aufgehört. Wieder versteckte ich meinen Kopf in meinen Händen, als die Tür aufging und ein sanfter Lichtkegel ins Zimmer fiel.
„Kathy? Was ist los? Irgendetwas stimmt doch nicht."
„Hatte ich nicht gesagt, dass du weggehen sollst?", krächzte ich unfreundlich.
„Du bist nicht zum Abendessen erschienen. Da dachte ich..."
Viel mehr bekam ich nicht mit, weil ich hastig nach meinem Handy griff, um auf die Uhr zu gucken. Mit Erstaunen durfte ich feststellen, dass es schon kurz vor acht Uhr abends war. Doch nicht nur das fiel mir auf, sondern auch, dass Nachrichten von Logan aufgetaucht waren. Schnell schaltete ich es aus, um ja nicht in Versuchung zu kommen, sie zu lesen.
„Hast du geweint?"
Ich blickte meinen Bruder absichtlich nicht an, damit er mein verweintes Gesicht nicht sehen konnte.
„Ash, bitte geh'. Ich möchte niemanden sehen!"
Ich bekam mit, wie er zur Tür lief und sie schloss, allerdings ging er selbst nicht aus dem Raum. Stattdessen näherte er sich wieder und setzte sich zu mir an die Bettkante.
„Kathy, ich lasse dich jetzt nicht alleine. Sag mir doch bitte, was vorgefallen ist."
Auch wenn ich nur die Silhouette meines Bruders vernahm, so konnte ich seinen besorgten Blick auf meiner Haut spüren.
„Bitte", hakte er sanft nach.
„Logan hat Schluss gemacht. Unsere Beziehung war eine Lüge. Mehr musst du nicht wissen!"
Ich ließ mich in die Kissen zurückfallen, nachdem ich nicht mehr länger sitzen wollte und begann erneut zu schluchzen. Trotz meiner relativ lauten Schluchzer konnte ich hören, wie Ash immer wieder nach Luft schnappte, so als wollte er etwas zu mir sagen, aber wusste nicht was genau. Ich spürte, wie sich die Matratze hob und kurz darauf direkt neben mir wieder senkte. Eine Hand legte sich auf meine Schulter.
„Kathy..."
„Sag nichts. Ich will es nicht hören!", unterbrach ich ihn weinend und drehte mich von ihm weg.
Er sagte eine Weile nichts, was mir ganz recht war. Doch dann legte er seine Arme um mich und zog mich an sich heran. Anfangs wehrte ich mich, denn ich wollte nicht, dass mich irgendjemand umarmte. Ich wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden.
„Ash! Lass mich los!", rief ich in Tränen und versuchte weiterhin mich aus seinem Griff zu lösen.
„Kathy, shhht beruhige dich."
Ash hielt mich weiter und je mehr ich mich versuchte zu wehren, desto stärker weinte ich. Schließlich sackte ich in mich zusammen und schluchzte vor mich hin, wie ein kleines Kind. Mein Bruder strich mir regelmäßig über den Rücken, während mein Frust und meine Wut durch reinste Traurigkeit ersetzt wurden. Nach wenigen Momenten drehte ich mich zu Ash um und drückte mich fest gegen seine Brust.
„Ich bin für dich da. Du musst das nicht alleine durchstehen."
Ich nickte und krallte meine Finger in sein Shirt. Auch wenn ich am liebsten alleine gewesen wäre, so tat es doch ganz gut, seelische Unterstützung an diesem schweren Tag zu bekommen.
„Wenn du möchtest, dass ich gehe, mache ich das. Ich musste nur gerade tun, was ich getan habe, sonst hättest du deine Gefühle in dich hineingefressen und würdest so reagieren, wie ich es bei der Trennung mit Anabeth gemacht habe. Und das war definitiv ein Fehler. Es tut mir leid, glaub mir das. Ich möchte nur das Beste für dich, okay?"
„Danke", hauchte ich erschöpft und wischte mir so gut es ging die Tränen aus dem Gesicht.
Ash strich mir einmal behutsam über den Kopf und schob mich danach sanft von sich, um aufzustehen. Wie ein Welpe, der von seinem Besitzer verlassen wird, hob ich meinen Kopf und gucke ihm traurig hinterher.
„Wo gehst du hin?", frage ich mit kratziger Stimme.
„Ich habe gelernt, dass ihr Mädchen in solchen Situationen Süßigkeiten in riesigen Mengen braucht, deswegen werde ich sehen, was ich tun kann. Keine Sorge, ich bin gleich wieder da."
Erleichterung machte sich in mir breit, weil Ash gleich wiederkommen würde. Außerdem war ich gerührt von seiner Bemühung, mich aufzumuntern.
„Nicht weglaufen, ich bestelle jetzt eine riesige Menge an Süßigkeiten auf dein Zimmer. Ich komme nach dem Bestellen sofort wieder, versprochen. Du kannst in der Zeit einen Film heraussuchen. Dann stopfen wir uns mit ungesundem Essen voll, lachen über den Film und das so lange bis du eingeschlafen bist, ja?"
Er schien auf keine Antwort zu warten, da er sich bereits in Richtung Tür bewegte.
„Danke."
Die Tür öffnete sich und er drehte sich noch einmal zu mir um.
„Nicht dafür. Du warst für mich da, da bin ich natürlich auch für dich da. Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst."
Obwohl ich ihn wegen der Dunkelheit nicht sehen konnte, meinte ich ein Lächeln in seiner Stimme hinaus zuhören, bevor er die Tür hinter sich schloss, um die Süßigkeiten zu besorgen.
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Ich liebe es, wie fürsorglich Ash mit seiner Schwester in dieser schweren Zeit umgeht 😍
Bis dann ❤
_summergirl_2001🌹
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The Royal Family ~ Lasst das Chaos beginnen | ✓
Teen Fiction„Endlich hatte ich das fehlende Stück in meinem Herzen gefunden." Die 17-jährige Kathy findet durch Zufall zu ihrem Vater, der sie vor ihrer Geburt verlassen hat. Sie erfährt, dass sie ihm doch nicht so egal ist, wie sie immer geglaubt hat. Dabei be...