Kapitel 12

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Dean

In meinem Kopf drehte sich noch immer alles und um sicher zu gehen, dass die letzten vergangenen zwanzig Minuten kein Traum waren, sah ich neben mir auf die Rücksitzbank. Wie vor wenigen Wochen saß Marina unschuldig am anderen Fenster und beobachtete mit gerunzelter Stirn die vorbeiziehenden Häuser. Ihre blasse Haut war leicht gerötet und ihr langes blondes Haar klebte an dem Stoff ihres Mantels als hätten selbst sie auf die statisch geladene Luft reagiert. Als spürte sie meinen Blick auf sich ruhen senkte sie den Blick in meine Richtung, automatisch verzogen sich meine Gesichtsmuskeln zu einem Lächeln. Als würde sie allein mit ihrem Blick einen Reflex auslösen der meine Gesichtsnerven zu einem Grinsen verzog wie bei einer Arztuntersuchung, wenn dieser mit einem dafür vorgesehenen Instrument auf den Nerv im Knie klopfte so dass dieser automatisch das Bein zucken lies.

Ihre schmalen, rosa Lippen lächelten sanft zurück und es fühlte sich an wie eine Ewigkeit seit ich dieses zarte Kunstwerk in ihrem Gesicht geküsst hatte. In Erinnerung an dieses Szenario biss ich mir auf die Lippen und versuchte mich an das Gefühl zu erinnern. Ich griff nach ihrer Hand, sie zuckte zusammen als sich unsere Haut berührte und einen Stromschlag austeilte, doch dann griff sie vorsichtig danach um auf einen neuen Schlag gewappnet zu sein doch als dieser ausblieb drückte sie glücklich meine Hand.

Nach einigen Minuten hielt Hank vor ihrem Apartment und ich öffnete ihr die Autotür. Unbeholfen wie Teenager bei ihrem ersten Date standen wir uns gegenüber und wussten nicht was wir sagen sollten.

„Willst du noch mit rein kommen?" Sie zeigte mit dem Daumen auf die schwarze Haustüre hinter sich und ihr linkes Auge zuckte als sie auf meine zögernde Antwort wartete.

„Nein schon in Ordnung! Ich möchte mich nicht aufdrängen." Sofort als ich ihren niedergeschlagenen Gesichtsausdruck sah bereute ich meine Antwort.

„Und wenn ich darauf bestehe?" Keck schmunzelte sie und zog die Rechte Augenbraue nach oben.

„Dann würde sich die Sache um hundertachtzig Grad wenden!"

Sie lächelte und zitierte den Satz als ich sie auf das Date eingeladen hatte.

„Nun, wenn das so ist hast du keine andere Wahl. Betrachte dich als entführt!" Ich lachte.

„Aber bitte lass Hank aus dem Spiel! Mit ihm stehen meine Chancen dich als Geisel zu nehmen gleich null!" Wir lachten und als sie sich zögernd umdrehte um die Türe aufzuschließen hab ich Hank ein Handzeichen woraufhin er den schwarzen Jaguar gekonnt in den Londoner Verkehr einfädelte und davon fuhr.

Ich betrat ein relativ großes Apartment dass wunderschön, hell und gleichzeitig gemütlich eingerichtet war. Die Wohnung war wie für sie gemacht und vereinzelt erhellte das gemütliche Licht einer Lichterkette die Wohnung. Sie führte mich zu dem weißen Sofa das den Wohnbereich von der Küche abgrenzte und nahm mir den Mantel ab.

„Bin gleich wieder da!" Sie humpelte zu der Treppe die vermutlich in das Schlafzimmer Forte. Ihr Handy lag auf dem Couchtisch und das Display leuchtete auf. Das Gesicht eine attraktiven Mannes erschien mit einem eingehenden Anruf. Automatisch entflammte Wut durch meine Adern und breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich könnte den Mann von Display als jenen identifizieren welchen ich vom Auto aus damals gemeinsam mit ihr vor dem chinesischen Schnellrestaurant beobachtet hatte. Als das Display erlosch vibrierte sofort das Signal zum eingehen einer SMS. Wer war dieser Typ? Warum war er so hartnäckig? Gut diese Frage erübrigte sich von selbst, jeder Mann der bei ihr nicht hartnäckig war, wäre ihrer Zuneigung nicht wert. Es kitzelte mich in den Fingerspitzen auf ihrem Handy nachzusehen wer dieser Kerl war und was er wollte, doch ich entschied mich dagegen, sprang stattdessen auf und stürmte zur Wohnungstüre in der mir einzig richtig erscheinenden Option zu flüchten.

„Wo willst du hin?" Ich hörte ihre zaghafte Stimme hinter mir und drehte mich um ehe ich die Wohnungstüre öffnen konnte. Marina stand in einer karierten Pyjamahose und einem ihr viel zu großen Shirt vor mir. Ich hielt in der Bewegung inne und musterte sie von Oben bis Unten. Beim näheren betrachten erkannte ich, dass das Shirt welches sie trug meines war, aus der Nacht im Hotel. Plötzlich war meine ganze Wut verflogen und ein schlechtes Gewissen zog sich über meinen Rücken. Hatte ich tatsächlich geglaubt einfach so verschwinden zu können?

„Schickes Shirt!" Versuchte ich von meinem beinahe Verschwinden abzulenken und es funktionierte indem sie an sich herab das Shirt am Bund zog und von sich streckte.

„Oh tut mir leid! Ich hab überhaupt nicht mehr daran gedacht ich.. äh.." Sie kreuzte die Arme vor der Brust und sah zu Boden. Ihr Lächeln verschwand im selben Moment in dem sie meine Hand auf dem Türknauf bemerkte.

„Wolltest du schon gehen?"

Ich ließ die Hand sinken und schüttelte den Kopf.

„Nur sicher gehen ob sie verschlossen ist." Sie runzelte die Stirn doch tat als würde sie mir glauben.

„Wollen wir einen Film schauen?" Sie drehte sich in Richtung Wohnzimmer und wartete bis auch ich mich in Bewegung setzte. Erneut nahm ich auf dem Sofa Platz und beobachtete Marina dabei wie sie sämtliche DVD's aus dem Schränkchen unter dem Fernseher hervor zog.

„Also wir hätten 96- Hours, Stolz und Vorurteil, Taffe Mädels, Pitch Perfect, alle teile von Harry Potter, die Teile der Tribute von Panem, am besten du schaust selber einfach mal durch, was dir am besten gefällt. Ich setze uns schon mal eine Tasse Tee auf." Ihre Knie knacksten beim aufstehen ehe sie in die Küche watschelte.
Die DVD- Sammlung war erstaunlich und nicht unbedingt die Ansammlung die man von einem Mädchen erwarten würde, aber mir gefiel die Auswahl und ihr Geschmack. Ich entschied mich für Titanic. Ein Klassiker und ich liebte diesen Film, die Dramatik und die herzzerreißende Geschichte zwischen der Adeligen Rose und dem treu Liebenden Jack.
Marina kam mit zwei dampfenden Tassen zurück und nahm mir mit einem Lächeln die DVD aus der Hand um sie in den Player einzulegen.

„Wusste garnicht dass du so etwas schaust?" Sie kam mit der Fernbedienung neben mich auf das Sofa und kuschelte uns gemeinsam unter eine dicke weiße Wohndecke.

„Ich habe eben verborgene Seiten in mir." Ich wickelte ihr eine lose Haarsträhne hinter das Ohr, an ihren Kinn verweilte meine Hand etwas länger. Das Brummen ihres Handys riss uns aus dieser intimen Situation und sie sah auf ihr Display. Ich erkannte das mir mittlerweile bekannte Gesicht des Mannes und sie nahm den Anrufer entgegen. Meine Muskeln spannten sich an und ich hatte das Gefühl Bäume Ausreisen zu müssen. Warum musste dieser Typ anrufen? Und warum zum Teufel nahm sie diesen Anrufer entgegen? Wer war dieser Mann?

„Hallo?" Ihre Stimme klang unschuldig und doch sehr vertraut.
„Ja bin ich!" Sie sah mich an und lächelte.
„Nein alles gut ich bin zu Hause." Jetzt verdrehte sie die Augen und schnaupte genervt.
„Nein Olli kein Problem, war mir fast klar!" Der Typ hatte also einen Namen.
Olli.
„Jup! Richte schöne Grüße aus!" Sie schielte auf die Uhr.
„Alles klar! Bis dann!" Sie legte auf als wäre nichts gewesen und startete den Film.

First trip to LondonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt