Kapitel 48

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Als ich sah wie die riesige Maschine auf die Fensterfront zusteuerte hinter der ich stand, drehte sich mir mein Magen um und ich befürchtete den Inhalt jeden Augenblick Preis zu geben. Ich sah zu wie Gepäck in das Flugzeug geladen wurde und beobachtete die kleinen gelb leuchtenden Männer während sie sämtliche Schläuche in die verschiedensten Öffnungen am Flugzeug anbrachten. Ich konnte nicht glauben, dass ein metallenes Schiff mit so vielen Passagieren durch die Luft segeln würde. Ich wand den Blick ab und sah auf die riesige Anzeigetafel:
›› Abflug -> London -> Heathrow‹‹
Und dann auf die Anzeigetafel daneben.
›› Abflug -> Germany -> Frankfurt‹‹
Wieder ließ ich den Kopf in meine Hände sinken und hoffte so sehr meine Entscheidung nicht bereut zu haben.
Ich trug noch immer das Abendkleid welches ich zu Dean's Veranstaltung und der anschließenden Party getragen hatte, allerdings fühlte ich mich schon jetzt nach nur wenigen Stunden so dreckig, als würde ich das Kleid bereits zum zehnten Mal tragen ohne es dazwischen gewachsen zu haben.
Wieder sah ich zwischen den beiden Anzeigetafeln hin und her und dann auf das Ticket in meiner Hand.
„Boarding for the flight to Frankfurt Germany."

Die Stimme hallte auch dann noch in meinen Ohren nach als ich im Flieger war und mein Gepäck verräumt hatte.
Ich hatte das Glück im Flur sitzen zu können um so nicht dauerhaft bei einem Blick aus dem Fenster daran erinnert zu werden in welchen Schwindel erregenden Höhen wir uns befanden. Kaum hatte ich meine Kopfhörer eingestöpselt legte das Flugzeug ab um auf die Startbahn zu rollen.
Jetzt gab es kein zurück mehr.
Auf der Fahrt vom Hotel zum Flughafen hatte ich meinen Chef angerufen und nach ein paar Wochen Unbezahlten Urlaub gebeten, nach all den Niederlagen innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden brauchte ich jetzt nichts anderes als meine Familie.
Aus genau diesem Grund bin ich auch nicht in die Maschine zurück nach London gestiegen, sondern entschied mich zumindest für eine Zeit die Luft meiner Heimat zu schnuppern.
Auch Torry hatte ich unter Tränen vorbehaltener Hand angerufen und meine aktuelle Situation erklärt.
Vom Weltstar verlassen und zurück in die grausame Realität katapultiert.

Ich hatte Glück in Madrid fest zu sitzen und nicht irgendwo auf einem anderen, noch weiter von der Heimat entfernt liegenden Kontinent.
All meine Kraft hatte mich verlassen und ich dachte nicht einmal ansatzweise daran in panik auszubrechen da ich zum aller ersten Mal komplett alleine fliegen musste und das noch spät in der Nacht. Oder am frühen Morgen, wie auch immer man halb drei am Morgen beschreiben möchte, ich war einfach am Boden zerstört und anstatt mich in Angst zu versetzen, wiegte mich das schaukeln unseres eisernen Vogels in einen tiefen Schlaf der Verzweiflung und Trauer.

„Miss, bitte klappen sie die Tischplatte nach oben, wir landen."
Schlagartig riss mich die monotone Stimme der Flugbegleiterin aus der Tiefe meines erholsamen Schlafes, wie war es möglich dass mein Tisch ausgeklappt war? So weit ich mich erinnern konnte hatte ich geschlafen ehe ich dazu im Stande gewesen sein muss.
Vermutlich hatte ich einen so unruhigen Schlaf, dass ich ihn irgendwie während dessen geöffnet haben muss. Nichts desto trotz kam ich den Anweisungen nach und setze mich aufrecht indem ich den gut um meine Hüfte noch einmal nach zog.
Auch wenn jeder etwas anderes meinte, aber ich liebte die Landung bei einem Flug. Immerhin war dass die Bestätigung das wir binden weniger Minuten wieder festen Boden unter den Füßen haben werden.
Und wie konnte man sich darüber bitte nicht freuen?

In dem Zug vom Flughafen zum Bahnhof in meinem Heimatort ergattere ich mir einen Platz am Fenster, hier war es kein Problem aus dem Fenster zu sehen.
Ich schrieb Torry eine Nachricht, dass ich gut angekommen wäre, sah auf die Uhr und es war gerade einmal halb sechs in der Früh.
Um 07:30 Uhr kamen die Räder des Zuges dramatisch quietschend im Bahnhof zum stehen und wieder einmal frage ich mich wie viel Schlaf ich wohl noch nachholen müsste.
Mühsam zerrte ich meinen Koffer hinter mir her bis raus auf die Straße wo ich Gott sei dank direkt ein Taxi abrufen konnte.
Nichts wie weg hier, ich wollte einfach nur noch heim.

Es fühlte sich seltsam an die alten Steinstufen zum Haus meiner Eltern hoch zu laufen aber gleichzeitig gab es mir ein Gefühl, als wäre ich nie fort gewesen.
Mit zittrigen Händen drehte ich den Schlüssel im Schloss als die Türe direkt von innen aufgerissen wurde.
„Na wen haben wir denn hier?"

Als wäre ich ein Geschenk an Weihnachten schlug meine Mutter sich mit glänzenden Augen die Hände über dem Kopf zusammen.
Wie ein Schalter der in meinem Inneren umgelegt wurde,brachen die Tränen aus mir heraus wie ein zusammenstürzender Damm.
Müde und erschöpft sank ich in die Arme meiner Mutter und wünschte, dass dieser Moment nie wieder enden würde.

First trip to LondonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt