"Liebe, Regen, Angst", diese drei Stichworte hat mir TOMMY Totoro gegeben.
Das habe ich daraus gemacht.
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Es schüttete.
Es schüttete aus allen verfügbaren Eimern, Kannen, Badewannen und anderen Gefäßen, die der Himmel zur Verfügung hatte. Es donnerte, Blitze durchzogen den Himmel und und der Regen, der in wahren Strömen fiel, ersäufte Berlin.
Jedenfalls fühlte es sich so an.
Marti lief, den Kopf tief in den Nacken gezogen, die Hände in den Jackentaschen vergraben die Straße entlang. Er war durchnässt bis auf die Unterwäsche zitterte. Ihm war kalt, jedenfalls empfand sein Körper diese Nässe und Kälte.
Martis Geist war jedoch so sehr in Gedanken versunken, dass er nichts um sich herum wahr nahm. Seine Schuhe waren völlig durchgeweicht, seine Füße nass und kühl. Er spürte es nicht.
Seine Schritte lenkten ihn zum Krankenhaus. Und das was ihn dort erwartete, schüttelte ihn jetzt, hier, in diesem Augenblick, mit einer großen Portion Angst, und so kam es, dass die Unbilden des Wetters nicht bis zu ihm durchdrangen.
Wenn er gleich, in wenigen Augenblicken, die Eingangstür der Klinik durchschreiten würde, dann müsste er sich all dem stellen. Es bliebe ihm nichts anderes übrig.
Er würde der Sache ins Auge blicken müssen, und das machte ihm Angst.
Würde er damit umgehen können?
Würde er gewappnet sein?
Würde er es schaffen?
Er wusste es nicht.
Nun, viele andere vor ihm hatten sich in einer ähnlichen Lage befunden. Er war weiß Gott nicht der erste, und andere hatten es auch gepackt. Man musste das ganze nüchtern betrachten, musste einen Schritt nach dem anderen tun, sich immer dem Augenblick widmen und einfach das tun, was im jeweiligen Moment wichtig war.
Das war der einzige Weg, das zu bewältigen.
Er seufzte.
Er hatte sich noch nie im Leben so unzulänglich und überfordert gefühlt.
So klein und hilflos.
Dabei war er nicht hilflos, und er war, soweit man das konnte, vorbereitet. Er hatte darüber gelesen, hatte mit der älteren Generation in seiner und auch in der Schwiegerfamilie gesprochen. Hatte Stundenlang alle möglichen Erfahrungen in sich aufgesogen.
Und doch.
Grau ist alle Theorie, wie man so schön sagt, und daher hatte er einfach, verdammt noch mal, gewaltig Schiss, die Sache zu verkacken.
Es war nun mal so: man musste es von Anfang an richtig machen. Man hatte keine zweite Chance. Man konnte nicht speichern und es noch mal versuchen. Ging nicht. Das wahre Leben war ein ziemlich verbuggtes Spiel, keine vernünftigen Speicherstände, die Storyline manchmal ziemlich kacke. Na wenigstens war die Grafik geil.
Marti grinste, als ihm das so durch den Kopf ging, und dann dachte er, dass seine Storyline im Moment doch ziemlich gut war. Das was hier passierte, war eindeutig Teil der Hauptquest, da war er sich sicher. Und er würde die Mission erledigen, so gut es ihm möglich war.
Sie trug den Titel: „Marti wird Vater".
Als er das Krankenhaus erreichte, trat er ein und ging zur Anmeldung. Dabei hinterließ er eine Spur aus nassen Fußstrapsen auf dem Fußboden des glänzen sauberen Flurs. Es war ihm, ehrlich gesagt, Schnuppe.
„Guten Tag, mein Name ist Marti Fischer...Ich möchte zur Geburtsstation."
Die Schwester hinter dem Empfangstresen strahlte ihn an.
„Gehen sie zum Fahrstuhl. In den siebenten Stock." Sie schaute auf den Bildschirm ihres Computers.
„Fischer... Zimmer 705."
„Danke," sagte Marti und machte sich auf den Weg.
Immer noch quietschnass öffnete er die Zimmertür.
Er wurde von liebevollen Augen angestrahlt. Zwei Arme hielte sanft ein winziges Baby auf dem Arm.
„Hallo Schatz," sagte eine warme Stimme.
„Die kleine Maus hat es so eilig gehabt... sie war Ruck zuck auf der Welt, kaum, dass ich dich angerufen hatte... Schade, nun konntest du nicht dabei sein..."
Er lächelte sanft.
„Dass macht nichts, mein Schatz."
Er ging auf die schlanke Gestalt zu, die dort in dem bequemen Stuhl saß und das frisch geborene Menschlein vorsichtig und doch sicher hielt.
„War es... sehr schmerzhaft?" fragte Marti leise und fasziniert von den winzig kleinen Fingerchen.
„Natürlich, aber es ging wahnsinnig schnell, die Wehen hatten kaum angefangen, da war das Püppchen auch schon da."
„Emma Lotte..." flüsterte Marti.
„Unsere Tochter..."
Vorsichtig beugte er sich über die kleine und küsste die Lippen seines Ehegatten.
Jako strahlte.
In dem Bett neben ihm regte sich Martis Cousine Rebecca.
Marti legte eine Hand auf ihre Wange.
„Danke," sagte er.
Das junge Mädchen schaute ihn mit großen Augen an. ES war schwer für sie gewesen, als sie festgestellt hatte, schwanger zu sein. Sie war gerade 16 Jahre alt. Hatte sich nicht getraute, mit den Eltern darüber zu reden. Sie hatte es erst gebeichtet, als man es schon sehen konnte... Ihre Eltern hatten furchtbar reagiert. Sie hatten sie rausgeschmissen und in ihrer Not hatte sie sich an Marti gewandt.
Sie wollte das Kind nicht großziehen, sie war verzweifelt gewesen. Andererseits wollte sie auch, dass es dem kleinen Wesen in ihrem Bauch gut gehen würde.
Nun, das würde es.
Jako und Marti würden die kleine adoptieren, die Papiere lagen bereit, es war im Vorfeld alles geklärt. Rebecca hatte die erste Zeit bei ihnen gewohnt, doch das wollte sie nicht dauerhaft. Sie wollte einen Neuanfang.
Sie hatte jetzt ein eigenes Zimmer in einem Wohnheim ganz in der Nähe und weiterhin jede Unterstützung durch Marti und seinen Ehemann.
Sie würde einen Platz in Emma Lottes Leben haben. Würde ihre „Tante" sein.
Wie auch immer.
Da war die kleine Emma Lotte nun und Marti spürte. Wie die Angst von ihm abfiel.
Er fühlte tief in sich... Liebe und Glück.
Ja, die Mission „Emma Lotte" würde Spaß machen.
Er würde sie erfolgreich bewältigen. Da war er sich sicher.
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Berliner Sammlung
FanfictionEine kleine Sammlung von Drabbles, Oneshots und ähnlichem über die Berliner Youtuber. Alles, was mir dazu so in den Kopf kommt.