K A T R I N A
Drei...
Vier...
Fünf...
Sechs...
Still zähle ich die Sekunden im Kopf, seit Leroy losgefahren ist.
Jetzt sind es volle zehn Minuten seit wir losgefahren sind. Ich schaue aus dem Fenster und versuche mir zu merken, wo wir hinfahren. Doch es bringt mir nichts. Ich würde den Weg nicht so leicht zurück finden, da die Straßen mir vollkommen fremd sind und ich hier kaum Menschen sehe. Ich hoffe, das Zählen der Sekunden wird mir helfen, um am Ende wissen zu können, wie weit diese Lagerhalle von dem Ort entfernt ist, an dem er nun fährt.
Wohin geht es überhaupt?
Doch fragen werde ich nun sicher nicht. Auch weil ich es wegen des Klebestreifens auf meinen Lippen nicht kann, doch vor allem, weil mein Gefühl mir sagt, dass er mir ohnehin nicht antworten würde.
Ich verziehe bei dem Versuch zu schlucken das Gesicht. Mein Mund ist so trocken, dass das Schlucken bereits weh tut. Ich habe solch einen Durst. Wann habe ich zuletzt eigentlich getrunken? Wie lange war ich bewusstlos und wie lange in diesem Raum, während der Bedenkzeit? Diese Ungewissheit schürt die Panik an. Ein flaues Gefühl macht sich in meinem Bauch breit, wie als würde eine Klaue nach meinem Magen greifen und diesen zerquetschen. Wie viele Tage sind überhaupt vergangen, seit der Kerl mich entführt hat? Es war Mitternacht. Als ich wach wurde, konnte ich die Lichtstrahlen einer aufgehenden oder untergehenden Sonne sehen. Der Gedanke, dass es vielleicht nur die aufgehende Sonne war, beruhigt mich ein wenig. Belassen wir es dabei. Es sind sicher nur einige Stunden vergangen und deshalb ist die Sonne auch aufgegangen und nicht wieder untergegangen, denn das würde bedeuten, dass ich mehrere Stunden bewusstlos war.
Nein. Es sind ganz sicher nur wenige Stunden vergangen. In der Früh wurde ich wach, mir wurde gesagt, dass ich mich entscheiden muss und man ließ mich sehr lange wieder allein. Jetzt dämmert es bereits. Also sind bald erst vierundzwanzig Stunden vergangen.
Dennoch sehr viele Stunden...
Ich brauche Wasser. Oder sonst etwas zu trinken, aber ich muss jetzt etwas trinken, sonst hyperventiliere ich noch.
Mein Blick fällt auf ihn.
Konzentriert fokussieren sich die tiefen, kühlen Augen auf die Straße, sehen nicht ein einziges Mal zu mir. Eine Strähne seines Haars hat sich gelöst und fällt ihm in die Stirn, doch er macht sich nicht die Mühe diese wegzustreichen. Ich räuspere mich leise, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Nichts. Er blinzelt nicht einmal.
Gott, ich brauche jetzt etwas zu trinken!
Also wimmere ich. Mehr als dumpfe Geräusche von mir zu geben, kann ich nicht. Und es klappt. Zum ersten Mal schaut Leroy vom Spiegel aus zu mir. Verzweifelt hebe ich die Brauen und schiele auf meinen Mund.
Hoffentlich versteht er, was ich meine.
Doch er wirft mir bloß einen ausdrucksleeren Blick zu, ehe er wieder auf die Straße sieht. Wenn ich könnte, würde ich nun empört schnauben. Also versuche ich es ein weiteres Mal, vielleicht versteht er ja gar nicht, was ich ihn wissen lassen will. Doch auch als ich mich beim nächsten Mal räuspere, sieht er mich nicht an, was mich innerlich verärgert knurren lässt.
Mir wird warm vor Schamgefühl, als ich - statt mich wieder zu räuspern - stöhne. Und dann folgt ein dumpfes brüllen tief aus meiner Brust, was mich selbst erschreckt.
Du meine Güte, was sind das für Geräusche, die aus meinem Mund kommen?
Leroy lenkt nach rechts und hält den Wagen an.
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Belleza del Silencio
Misterio / Suspenso[Band I] Leroy Kingston. Er ist gefährlich. Er ist skrupellos und er lechzt nach Rache. Als Mafiaboss ist er es gewohnt, Leben einfach auszuschalten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wieso nur klappte es bei Katrina nicht? War es die Angst i...