»16« Von den Toten auferstanden

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K A T R I N A

Es ist ein Kleid. Ein prachtvolles Kleid. So ein Kleid hätte ich mir niemals leisten können. Noch immer bin ich in diesem Zimmer eingesperrt und bis vor einigen Sekunden noch wagte ich es nicht, in die Tüte hineinzusehen, doch letztendlich gewann die Neugier. Und zum Vorschein kam dieses wunderschöne, mitternachtsblaue Kleid mit unwiderstehlichen Steinen an den Ärmeln und selbst die kleine Schleppe war voller Glitzer. Staunend betrachte ich sie. Die Steine sehen aus wie wunderschöne Saphire. An der Taille besteht das Kleid aus einem hauchdünnen Netz.

Die Frage jedoch ist, was ich mit diesem Kleid soll? Wo gehe ich denn hin, dass ich so etwas anziehen muss?

„Sie sollen sich duschen und umziehen, Miss. Ein Befehl vom Boss", erinnere ich mich an das Gesagte von dem Mann, der mir dieses Kleid gab. Kurz halte ich inne.

Sein verdammter Boss ist aber nicht mein Boss.

„Ich muss gar nichts tun, was dieses Arschloch verlangt", fauche ich und ignoriere die Tatsache, dass ich mit mir selbst spreche. Dass ich dieses Kleid unheimlich gerne anziehen würde, ignoriere ich ebenso. So etwas Wunderschönes hatte ich noch nie an... Es scheint sogar haargenau meine Größe zu sein!

Hmm...

Ich kann es doch kurz anprobieren und dann einfach wieder ausziehen und mich schlafen legen. Ja, so mache ich das! Dann kann ich wenigstens einmal sehen, wie ich darin aussehe. Es wäre wirklich zu schade, es nicht wenigstens einmal gesehen zu haben! Also ziehe ich mich rasch aus und schnappe mir das Kleid. Es ist wirklich schwer, aber ich krieche hinein. Und ich erstarre. Es ist nicht wunderschön, es ist traumhaft! Das Kleid sitzt wie angegossen und tatsächlich erkenne ich zum ersten Mal Rundungen und Kurven an mir und nicht nur eine gerade Linie.

Als sei es nur für mich gemacht worden...

Ich drehe mich leicht im Kreis, während sich ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen bildet.

„Sehr gut, Sie sind schon fertig", höre ich plötzlich eine tiefe Stimme sagen und ruckartig fahre ich herum. Fast hätte ich mich an meiner Spucke verschluckt. Dieselbe Security wie vorhin steht vor der Tür und macht sofort wieder Anstalten zu gehen, doch ich halte ihn auf.

„Nein", rufe ich.

„Nein?"

„Nein", wiederhole ich.

„Wirklich?"

„Wirklich", bestätige ich.

„Gut, dann hole ich jetzt den Boss", sagt er, verengt die Augen zu Schlitzen und macht Anstalten wieder hinauszugehen, als sich eine weitere Security zu uns gesellt.

„Was ist los?", fragt er im gebrochenem Englisch. „Sie sagt Nein", antwortet der andere Mann. Der Neue sieht mich verständnislos an. „Warum du sagen Nein?", fragt er. „Lass es gut sein, Alexej", schnaubt der erste Mann wieder. „Nein, Gregor, so geht das nix", antwortet dieser Alexej.

„Das muss Boss sagen", entgegnet er, woraufhin ich etwas panisch werde. Zuletzt habe ich Leroy geschlagen. Ich bin noch nicht bereit dazu, mit ihm zu reden. Was ist, wenn er mich zurückschlägt? Mit ihm werde ich bestimmt nicht mithalten können. Wie blöd bin ich eigentlich, ihn einfach zu schlagen? Woher kam dieser Mut? Denn jetzt im Moment spüre ich, wie meine Hände zu zittern beginnen, als Alexej sagte, sie würden jetzt den Boss holen. Sobald sie wieder Anstalten machen zu gehen, halte ich sie auf, indem ich abermals „Nein" rufe.

„Nein?", fragt Gregor, sowie vorhin auch.

„Nein", wiederhole ich wieder. Ich hätte gelacht, so witzig finde ich die Situation, wenn der Typ vor mir keine Pistole am Hosenbund tragen würde.

Belleza del SilencioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt