»38« Ein einfaches Gespräch

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K A T R I N A

Es war ein Kampf wieder zurückzugehen. Zu wissen, dass ich vielleicht nicht wieder so schnell einfach mal spazieren gehen kann, bedrückte mich, doch nach einer wirklich langen Zeit hatte ich Hunger und war gezwungen zurückzukehren.

Nun stehe ich vor den Toren und warte noch einen Moment ab, um mir gut zu überlegen, was ich zu Leroy sage, denn er wird sicher nicht darüber erfreut sein, dass ich so lange weg war, aber ich habe die Zeit einfach vergessen! Ich wollte mich doch eigentlich beeilen, nur habe ich dann diesen wundervollen Park betreten, wo die Sonne so stark schien und mich wärmte, sodass ich mich auf einer Bank niederließ und zunächst einfach nur die Ruhe und das Zwitschern der Vögel genoss.

„Oh, Sie sind wieder zurück", reißt mich der Wachmann aus den Gedanken und lässt mich kräftig zusammenzucken. „Moment, ich öffne das Tor!"

Ich räuspere mich leise und ringe mir ein Lächeln ab, ehe ich mich bei ihm bedanke.

„Könnten Sie mir bitte sagen, wie viel Uhr wir gerade haben?", frage ich ihn und bleibe vor ihm stehen. Der junge Mann sieht auf seine Uhr und teilt mir mit, dass ich etwa drei Stunden weg gewesen bin, was mich stutzen lässt. Oh Gott, solange? Leroy muss stinkwütend sein! Hastig bedanke ich mich bei ihm und laufe ins Haus, wo ich zunächst William und Olga treffe, die es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht haben und Kaffee trinken. Sie laden mich ein, doch ich erkläre ihnen, dass ich gleich nachkommen werde, ehe ich die Stufen hochgehe und das Schlafzimmer betrete.

Just in dem Moment kommt Leroy halbnackt aus dem Bad raus und lässt mich überrascht innehalten.

„Auch wieder zurückgefunden?", fragt er ironischerweise nach und läuft auf seine Tasche zu, ohne mich dabei auch nur einmal anzusehen.

Wie wusste er, dass ich ins Zimmer gekommen bin?

Seiner Stimme kann ich kein Gefühl entnehmen. Sie klingt einzig rau und lässt mich leicht schlucken. Ich hasse es, wenn ich ihn nicht einschätzen kann. Ich mache gerade die Tür zu, da dreht er sich plötzlich wieder zu mir um, immer noch bloß im Handtuch, das um seine Hüfte gewickelt ist, und kommt auf mich zu.

„D-Du bist sauer, oder?", frage ich und kann nichts dagegen unternehmen, dass meine Stimme ein wenig zittert, wobei er leider nicht anhält, sondern weiter näher kommt, bis er vor mir steht und seine Arme gleich neben meinem Kopf abstützen kann. Na, ganz toll.

„Das wäre ich bestimmt, wenn ich Pablo nicht gesagt hätte, dass er dir still nachlaufen soll."

„Du hast was?!", rufe ich fassungslos und reiße die Augen auf. Vergessen ist die Angst davor, angeschissen zu werden. Ich kann nicht glauben, wie wenig er mir vertraut, trotz diesem blöden Kettchen und meinem Schwur nichts zu versuchen!

„Was denkst du dir eigentlich? Du wurdest vor zwei Tagen angeschossen, man hat versucht dich zu töten und du glaubst dennoch, du seist sicher, wenn du einfach mal spazieren gehst?" Aus zusammengekniffenen Augen starrt er mich an und zieht die Brauen zusammen, sodass tiefe Falten auf seiner Stirn entstehen.

„Aber wir sind in Ohio!"

„Was nichts heißen muss. Außerdem solltest du froh sein, denn wer weiß auf welche Gedanken ich gekommen wäre, wenn Pablo mir nicht bestätigen könnte, dass du bloß spazieren warst", wirft er ein und schenkt mir einen besonders langen und bedeutungsschweren Blick, der mir für einen Moment den Atem raubt. Was meint er damit? Hat Kelly mit ihm gesprochen? Will er mir damit sagen, dass sie genau das getan hat und er ihr glaubt?

Nein, dann hätte er sicherlich ganz anders reagiert...

Ich atme leise aus, entscheide mich jedoch dagegen, etwas zu erwidern.

Belleza del SilencioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt