»24« Ein Stückchen Wahrheit

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K A T R I N A

Tage vergehen und ich verbringe sie in diesem Zimmer, umschlungen von den schwarzen Bettlaken, die scheinbar Leroy's Seele widerspiegeln. Exakt dreimal am Tag betritt Yang das Schlafzimmer, bringt mir etwas zu essen und ein wenig Liebe, doch mehr als ein kleines, dankbares Lächeln schaffe ich nicht. Heute jedoch habe ich zweimal ihr Essen zurückgewiesen. Ich bekomme einfach nichts mehr runter, bereits vor zwei Tagen ist mir der Appetit vergangen, doch ich aß immer mal ein wenig, nur um nicht noch schwächer zu werden, doch heute verspüre ich überhaupt nicht das Gefühl von Hunger. Eher wird mir bei dem Gedanken übel. Ich will hier endlich weg! Ich kann hier nicht mehr bleiben, bekomme einfach das Gefühl nicht los, dass ich unglaublich dreckig bin, je länger ich hier in seinem Schlafzimmer verweile. Wieso bin ich überhaupt in diesem Raum? Warum hat er mich nicht in das Zimmer gebracht, in das ich vorher auch geschlafen habe? Ich will nicht in seinem Bett liegen! Im Bett eines Mörders. Eines Ungeheuers. Ich wünschte, ich könnte einfach die Ärmel krempeln und ihn mal so richtig vermöbeln, doch selbst als ich es gewagt habe ihn zu schlagen, hat er mich bloß ausgelacht.

Seufzend schüttle ich den Kopf und sehe zum Fenster in die dunkle Nacht zum Mond hinaus, kralle mich haltsuchend an die Decke fest und denke an meine Eltern. Wie es ihnen wohl ergangen ist? Ich hoffe, sie machen sich nicht allzu große Sorgen um mich. Wenn er mich doch wenigstens mit ihnen telefonieren lassen würde, dann könnte ich sie beruhigen und...

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür plötzlich geöffnet wird. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es nur Yang sein kann. Gerade möchte ich ihr sagen, dass ich nichts essen möchte, da steigt mir ein männlicher Duft in die Nase, den ich nur allzu gut kenne und ich breche innerlich in Panik aus.

Es ist zu früh, er darf noch nicht hier sein!

Kräftig pumpt mir das Herz gegen die Brust und meine Hände verkrampfen. Ich spüre, wie er sich auf das Bett zu meinem Becken setzt, dann wird es still. Schnell schließe ich die Augen, als ich bemerke, dass er sich zu mir beugt.

„Ich weiß, dass du wach bist", raunt er. Innerlich lasse ich die Schultern sacken. Klar weiß er es, ich habe ja auch viel zu spät die Augen geschlossen! Vorsichtig öffne ich wieder die Augen und zucke zusammen, als ich nun sehe, wie nah er mir eigentlich ist. Ich habe ihn inzwischen die ganze Woche nicht mehr zu Gesicht bekommen und ich muss zugeben, dass ich wenigstens etwas mehr Mitleid erwartet habe, aber er schaut immer noch wie dasselbe Arschloch aus, das er ist.

„Steh auf", befiehlt er plötzlich, woraufhin ich die Stirn in Furchen lege. Dann erst sehe ich das Tablett mit Essen auf der Kommode. Oh, das riecht also so gut. Langsam richte ich mich auf und streiche mir einige wirre Strähnen aus dem Gesicht, währenddessen legt er sich nun das Tablett auf dem Schoß. Reis mit Hühnchen. So gut es auch riecht - ich könnte kotzen.

„Ich habe keinen Hunger", sage ich leise, so leise, dass er es nur versteht, weil es hier so ruhig ist.

„Und ich habe dich nicht gefragt."

Im Gegensatz zu mir ist seine Stimme unüberhörbar, fest und kräftig. Mein ganzer Körper beginnt zu beben und mein Herz nimmt wieder einen schnelleren Rhythmus an. Mein Magen rebelliert, als er mir einen Löffel voll Reis vor dem Mund hält. Wieso füttert er mich? Will er mir jetzt wieder blauen Dunst vormachen, von wegen er könne auch nett sein? Denn daran zweifle ich gewaltig, Leroy ist und bleibt von Natur aus böse.

Aber hast du wirklich Lust jetzt mit ihm zu streiten?

Nein. Nein, das habe ich nicht. Ich lasse abermals die Schultern sacken und öffne den Mund. Hart schlucke ich das Essen herunter.

„Ich bin satt", gestehe ich nach zwei Löffeln. Seine grünen Augen bohren sich in meine, als er wieder den Löffel voll Reis hebt und an meinem Mund ansetzt. Diesmal drehe ich den Kopf leicht weg, woraufhin er zornig ausatmet. Doch scheinbar reißt er sich zusammen, denn er schließt sodann für einen kurzen Moment die Augen und atmet einmal tief durch, bevor er mich wieder ansieht.

„Wir heiraten in drei Wochen."

Fünf Worte, die mein Leben mehr verändern, als mir im Augenblick bewusst ist. Fünf Worte, die etwas in mir zerbrechen lassen; die Hoffnung, diese Hölle eines Tages verlassen zu können. Er steht er auf und will den Raum verlassen, doch mir kommt noch eine Frage über die Lippen.

„Wieso tust du das?", wispere ich und wundere mich zugleich, wie er das hören kann.

„Irgendwann wirst du es verstehen und mir danken", erwidert er bloß und möchte gehen, doch er bleibt ein weiteres Mal stehen und dreht sich zu mir um. Sekundenlang starrt er mich prüfend an, ehe er wieder zu sprechen beginnt. „Ich weiß nicht, was dein Dasein für einen Grund hat. Auch wenn ich mir sicher bin, dass du mir nur etwas vortäuschst und dein Vater dich in Wahrheit hergeschickt hat, so nehme ich es nicht mehr als Bedrohung wahr. Ich bekomme durch dich und diese Heirat etwas wieder, etwas, dass man meiner Familie vor Jahren genommen hat, doch nicht nur ich habe etwas durch dich wieder. Dir bleibt dank mir so einiges erspart, Dinge, von denen du nicht einmal eine Ahnung hattest." Damit dreht er sich um und geht, ohne noch etwas zu sagen.

Minutenlang starre ich ins Leere und weiß nicht, was ich von seinen Worten halten soll. Was soll das alles? Was meint er bloß damit? Wieso erklärt er mir nicht einfach, was seine Mission ist? Was hat er vor? Mein Vater soll mich geschickt haben? Spinnt er jetzt komplett?! Mein Vater wollte lieber einen unfairen Kamp austragen, bei dem er sich sicher war, dass er ihn verlieren würde, als mich mit Leroy gehen zu lassen! Wie also kommt er auf so eine blödsinnige Idee?

Ich verkrampfe mich, als ich zögerliche Schritte wahrnehme, die mich aus einer Flut an Gedanken herausreißen. Mein Herz mach einen Satz, als ich niemand geringeres als Danny an der Tür stehen habe. Seine giftgrünen Augen sehen mich vorsichtig an, nur zögerlich heben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. Innerlich seufze ich. Er weiß doch, dass er nicht hier sein darf...

Aber ich kann es auch einfach nicht über das Herz bringen und ihn wegschicken.

„Hallo Danny", begrüße ich ihn also. Er hebt die Hand und winkt mir zu.

„Kann ich mich neben dich setzen?", fragt er, woraufhin ich sofort bejahe und ihm Platz mache. Nur weil Leroy ein Psychopath ist, heißt es nicht, dass ich dieses süße Kind zurückweisen werde. Dann soll er eben wütend werden, wenn er ihn hier sieht. Bald werde ich ihn heiraten, denkt er denn gar nicht daran, dass es unmöglich ist, mich von Danny zu entfernen, wo er hier doch scheinbar lebt?

„Es tut mir leid!" Sobald er sich zu mir setzt, schlingt er seine kleinen Ärmchen um mein Becken und vergräbt das Gesicht gleich unter meiner Brust. Überrascht halte ich für einen Moment den Atem an, ehe ich spüre, wie mein Magen sich zusammenzieht, bei dem Wissen, dass Danny sich für all das die Schuld gibt.

„Dir muss nichts leidtun, kleiner Engel! Das ist doch nicht deine Schuld", flüstere ich ihm ins Ohr und drücke ihm einen Kuss auf die weiche Wange.

„Doch! Es ist meine Schuld, dass Papá dir weh getan hat, denn wäre ich nicht zu dir gekommen, dann wäre all das gar nicht erst passiert und du hättest keinen Ärger bekommen. Ich habe Papá schon gesagt, dass du sehr nett bist und ich dich mag, aber ich glaube, er hat einfach nur Angst um mich." Aus traurigen Augen starrt er in meine und ich sehe noch, dass seine Hände weitere Sätze formulieren, doch ich bekomme nicht mehr viel mit, denn in meinem Kopf wiederholt sich immer wieder nur der Satz, in dem er sagt, dass Leroy sein Vater ist.

Leroy ist Danny's Vater.

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Halli Hallo!

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!

Mann, was würde ich jetzt gerne eure Gesichter sehen!

Denn keiner von euch Schnarchnasen hat daran gedacht, dass Leroy Danny's Daddy ist muhahahahahha 😂❤️

Ihr dachtet alle, er sei der große Bruder. Tja, falsch gedacht 🤓

Bis baldi! 😙

SevenTimes-

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Belleza del SilencioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt