»48« Game over

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K A T R I N A

Stille.

Eisige Stille.

Sie schnürte mir die Luft ab.

Oder ist es doch der Sturm in den Augen meines Gegenübers?

Der alte Mann neben mir schweigt. Auch er denkt fieberhaft nach und sucht den Fluchtweg. Tief im inneren tue ich das auch. Falls er alles gehört hat...

Nun, wenn er alles gehört hat, dann wird er mir gar nicht erst zuhören. Er wird mich sicherlich nicht aussprechen lassen, denn anhand seines Gesichtsausdruckes erkenne ich die Entschlossenheit. Die Wut.

„Wie im Märchen", wiederholt Leroy leise, bevor er applaudiert und langsam näher kommt. Ich ziehe scharf die Luft ein und spanne mich an. „Gratuliere, Charles. Diesmal habe ich deinen Spion nicht entlarven können", sagt er und hebt leicht lächelnd einen Finger in die Höhe.

Schluckend sehe ich vorsichtig zu Charles, der schwer Luft holt. Ihm ist die Angst ins Gesicht geschrieben, doch plötzlich zieht ein Sturm in seinen Augen auf. Sein Blick fällt auf die schöne Frau, die sich durch das Klackern ihrer Schuhe bemerkbar macht. Kelly. Hat sie etwa Leroy her geführt?

Aber natürlich hat sie das. Wie konnte ich nur so dumm sein, zu glauben, dass sie ihm nichts erzählt hat! Sie hat das alles geplant und ich bin Blindwegs in ihre Falle getappt.

Die Brünette läuft geschmeidig auf Leroy zu und legt ihm eine Hand auf die Schulter. Bei dieser vertrauten Geste ziehe die Augenbrauen zusammen und versuche das erdrückende Gefühl in meinem Magen zu ignorieren.

„Kelly", seufzt Charles traurig. Enttäuscht lässt er die Schultern sacken, sie jedoch hebt bloß unbeeindruckt eine Augenbraue.

„Tja, Daddy, mit Lügen und Intrigen kommt man nun mal nicht weit. Du hättest Leroy endlich in Ruhe lassen sollen", spottet sie, als wäre sie nicht selbst eine Lügnerin und Intrigantin. Ich kann meinen Ohren kaum trauen, als ich das höre. Wie kann sie so etwas zu ihrem Vater sagen? Er wollte sie doch bloß in Sicherheit wissen! All das ist erst wegen ihr geschehen.

Während Charles mühe damit hat, die Tränen zu unterdrücken und die richtigen Worte zu finden, sehe ich vorsichtig zu Leroy und zucke heftig zusammen, als mir klar wird, dass er mich bereits ansieht. Seine Lippen formen sich zu einem schiefen Lächeln, ehe er den Kopf schräg legt, woraufhin ich hastig wegsehe. Innerlich bereits total panisch, versuche ich meinen Atem zu regulieren, um nicht zu hyperventilieren.

„Und was hast du jetzt mit ihm vor, Leroy?", hakt Kelly nach und grinst ihn an. Ich schlucke, doch mein Hals bleibt trocken. Wieso habe ich mich bloß mit Charles unterhalten? Warum kam ich nicht auf die Idee, dass dies von Kelly geplant sein könnte?

„Was soll das denn, Kelly? Du bist doch meine Tochter", wirft Charles ein und schluchzt. Diesmal hält er die Tränen nicht zurück. So sehr ich ihn auch hassen mag - jetzt gerade tut er mir dennoch leid. Er ist letztendlich nur ein besorgter Vater. Das entschuldigt seine Taten zwar nicht, aber ich wünsche mir dennoch für ihn, dass er seine Tochter mit nach Hause nehmen kann und diesen Abschnitt mit der Mafia abschließt. Kelly lacht. So eisern und herzlos, dass es mir kalt den Rücken herabläuft. Eine Gänsehaut bildet sich nicht nur auf meinen Armen, wie ich mit einem Blick zu Charles feststelle.

Auch er erschaudert.

„Du hast keine Tochter mehr! Die eine hast du sterben lassen und mich hast du verloren", zischt sie und kommt sogar drohend einen Schritt auf uns zu.

Ein wunder Punkt...

„Komm mit mir nach Hause, Kelly. Deine Mutter und ich werden dir dabei helfen endlich über den Tod deiner Schwester hinwegzukommen."

Belleza del SilencioWo Geschichten leben. Entdecke jetzt