K A T R I N A
Am nächsten Morgen ist Leroy's Gesicht das Erste, was ich sehe. Er schläft, doch das ist es nicht, was mich für einen Moment den Atem anhalten lässt.
Es ist eher die Tatsache, dass er mir so nah ist.
Bisher haben wir schon einige Nächte im selben Bett verbracht, doch irgendwie war da dennoch immer ein gewisser Abstand, doch jetzt berührt meine Nasenspitze beinahe seine, so nah sind wir uns. Meine Hand liegt auf seinen Hals und ich kann mir zwar nicht erklären, wie sie dahin kam, doch wegnehmen möchte ich sie auch nicht. Haben meine Worte gestern etwas ausgelöst und er hat sich doch für die Nähe entschieden? Und was bedeutet das eigentlich? Heißt das, dass er sich sonst immer distanziert, oder war ich es eher, die sogar schlafend die Distanz wahren wollte?
Was es auch war, es spielt keine Rolle. Wichtig ist nur das Gefühl seines Armes um meine Taille, das ich nicht mehr missen will. Ich fühle mich wohl. Ich fühle mich tatsächlich wohl in seinen Armen, umgeben von seinen maskulinen Duft, der mich flatternd die Augen schließen lässt und das Wissen, dass ich doch einen Schritt voran gekommen bin.
Aber nach einer Weile wird mir ganz schön warm und meine Blase meldet sich, sodass ich versuchen muss, mich zu lösen. Ich öffne die Augen und sehe mir sein makelloses Gesicht ausgiebig an, ehe ihn leise zu wecken versuche, denn seinen schweren Arm bekomme ich einfach nicht weg.
„Leroy?"
Er brummt bloß.
„Lass mich los, ich muss mal", verlange ich flüsternd. „Hey", wiederhole ich und rüttle ihn leicht an der Schulter, als ich plötzlich seine große Hand auf mein Oberschenkel spüre.
„Dann geh, aber wenn du nicht in drei Minuten wieder hier bist, sondern das Haus nach Aliens durchsuchst, drehe ich dir den Hals um", erwidert er plötzlich laut und klar, was mich kräftig zusammenzucken lässt.
Also wirklich... als wäre ich irgendein verrückter Wissenschaftler!
Murrend erhebe ich mich vorsichtig, damit die Wunde nicht mehr weh tut, als eh schon und gehe ins Bad, wo ich mein Geschäft verrichte, die Zähne putze und das Gesicht mit kaltem Wasser wasche, ehe ich ins Schlafzimmer zurückkehre. Mein Blick fällt auf den tätowierten Mann, der im Bett auf dem Bauch liegt und wohl wieder eingeschlafen ist. ›So viel zu seinen drei Minuten‹, denke ich mir spöttisch, muss jedoch darüber auch lächeln. Er scheint wirklich sehr müde gewesen zu sein.
Suchend lasse ich den Blick schweifen, finde jedoch keine Uhr, die mir anzeigt, wie spät wir haben, doch wieder ins Bett gehen kann ich nicht, denn nun bin ich hellwach. Mein Blick fällt auf Leroy's Armbanduhr, die neben ihm auf der Kommode liegt und ohne weiter nachzudenken laufe ich auf diese zu, ehe ich nachsehe, wie viel Uhr wir haben.
Ich erkenne gerade so, dass der Zeiger kurz vor Sechs schlägt, als ich plötzlich am Handgelenk gepackt und herumgewirbelt werde. Unsanft lande ich auf Leroy und muss laut aufstöhnen, vor Angst, dass ich auf meine Wunde gefallen bin, obwohl ich zunächst keinen Schmerz ausmache. Es war eine Kurzschlussreaktion, weil ich mich so sehr erschrocken habe.
Dennoch verspüre ich den leichten Anflug von Wut, dass Leroy das getan hat und somit in Kauf nahm, mir wirklich weh zu tun und stöhne wieder absichtlich schmerzerfüllt auf.
„Diablo", flucht Leroy leise, als ihm wohl klar wird, dass ich eigentlich verletzt bin. Ich ziehe leicht die Beine an, damit er das Gefühl hat, ich würde mich vor Schmerz krümmen, während mein Gesicht in seinem Hals steckt. „Verdammt, ich habe es vergessen", seufzt er und klingt tatsächlich fassungslos, ehe ich seine Finger an meinem Bauch spüre.
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Belleza del Silencio
Misterio / Suspenso[Band I] Leroy Kingston. Er ist gefährlich. Er ist skrupellos und er lechzt nach Rache. Als Mafiaboss ist er es gewohnt, Leben einfach auszuschalten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wieso nur klappte es bei Katrina nicht? War es die Angst i...