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Ein nerviges Klingeln weckte mich. „Mmh...", knurrte ich doch klingelte es weiter. Es war doch noch dunkel... wütend schlug ich den Wecker vom Nachttisch doch ging das Klingeln weiter. Dann war es endlich still. Ich seufzte und kuschelte mich wieder in meine Kissen. Und wieder ging es los. „Gottverdammter Drecksmist...", knurrte ich und stand auf. Mein Handy blitzte aufgeregt. Ich ging ran. „Flexing Kathrin, hallo?", brummte ich verschlafen und gähnte. „Frau Flexing! Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie zu so früher Stunde belästige aber... nun...", stotterte Hansen Karlstätter. „Herr Karlstätter... sprechen Sie einfach...", murmelte ich verschlafen. Der Alkohol wirkte immer noch. „Die... Die Lagerhalle... sie ist leer! Alles ist weg! Und drei LKWs sind gestohlen worden!", erklärte er. „Was?", ich setzte mich schockiert aufrecht im Bett hin. „Wie gestohlen?" „Ja... Weg! Alles weg!", erklärte er. „A... Aber... Aber wie?", wollte ich wissen. „Der Wachmann ist ohnmächtig. Die Sanitäter schätzen auf Chloroform. Bitte, Frau Flexing, Sie müssen sofort herkommen!", bat er. „Natürlich!", erklärte ich und legte auf. Ich sprang aus dem Bett und gerade als ich mich hastig anzog fiel es mir ein. Natürlich... das war doch der Plan gewesen! Ich war morgens einfach noch nicht fit. Wie spät war es überhaupt... halb fünf Uhr morgens! Ich seufzte, zog mich fertig an und huschte runter. Einfach nur noch ins Auto und diesen Tag viel zu früh beginnen...

Mit quietschenden Reifen bog ich auf mein Firmengelände ein und stoppte. Ich sprang aus dem Wagen und rannte zur Haupthalle. Als ich die Tür öffnete sah ich bereits Herrn Graumüller auf die Herren Habenau und Hafbauer einredete. „Wie soll ich es ihr erklären, wenn sie hier ist? Herr Hafbauer! SIE sind hier der Vorarbeiter! Ihr Nachtwächter ist betäubt worden und SIE?" „Ich war zuhause! Bitte ich... ich... ich war bei meiner Frau und... und sie drohte schon wieder mich zu verlassen ich..." „Wenn Sie so zu ihr sind wie zu ihren Arbeitern wundert es mich nicht.", bemerkte Herr Habenau. „Lenken Sie jetzt bloß nicht den Fokus von sich! Und es geht hier nicht um Ihre Familienverhältnisse! Herr Hafbauer, Sie hätten permanent auf Rufbereitschaft sein müssen! Der Wachmann rief Sie an! Und Sie gingen nicht ran!", brüllte er. „Ich... ich... ich war duschen!" „Um zwei Uhr morgens?", knurrte Graumüller. „Ich..." „Ruhe.", knurrte ich und ging zwischen beide. Ich sah mich um. „Die LKWs fehlen.", brummte ich. Alle drei sahen betreten zu Boden. „Ja... Frau Flexing.", murmelte Graumüller. „Vier.", gestand Hafbauer. „Vier? Vorhin sagte man mir drei." „Wir hatten gestern einen LKW hinten geparkt... der ist weg.", gestand der Vorarbeiter. Ich starrte ihn an. „Was war darin?", wollte ich wissen, da der nicht Teil des Deals war! „Waffen! Die Lieferung die morgen an die Bundeswehr hätte gehen sollen...", gestand er. Ich starrte ihn an. Nein... Zöllner würde mir die Hölle heiß machen! „Ist die Polizei informiert?", wollte ich wissen. „Ähm... n... nein... ich hab einen Kontrollgang gemacht! Die Kameras sind nutzlos! Sie..." „Seien Sie still, Herr Hafbauer.", knurrte ich. „Sie haben höchstwahrscheinlich alle eventuellen Spuren vernichtet.", knurrte ich. „Und jetzt ruf doch mal einer die Polizei! Wozu zahle ich denn bitte Steuern, wenn ich keine Beamten nutze!", ich warf abwehrend die Arme in die Luft und ging erst mal raus. Eine Zigarette hatte ich noch. Und nach Sonnenaufgang hätte ich wieder fünf.

Herr Habenau und Herr Graumüller sprachen mit dem Polizisten. Ebenso wurde die Zeugenaussage von Herrn Hafbauer aufgenommen. Ich unterschrieb nur noch schnell seine unbefristete Beurlaubung. Der Wachmann war ins Krankenhaus gekommen auch, wenn es ihm schon besser ging. Mit Betäubungsmittel im Blut wollte ich den alten Herrn nicht ohne die Aufsicht eines Arztes gehen lassen! Ich setzte noch meine Unterschrift, versehentlich wieder mit K. Flexing statt einfach nur mit Flexing, bevor ich das Dokument faltete und in einen Umschlag steckte.

Ein Klopfen ließ mich auf sehen. „Herein!", rief ich. Wohl ein Polizist, der mich ausfragen wollte. Doch wusste ich ja von nichts! Ich hatte nichts gesehen. Doch stattdessen trat Herr Graumüller ein. „Frau Flexing, ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, dass Sie die Versicherung in Kenntnis setzen sollten. Über den heutigen Vorfall. Das Polizeiprotokoll ist so gut wie fertig.", erklärte er. Ich nickte stumm. „Frau Flexing ich... ich weiß, dass nach einem solchen Vorfall Köpfe rollen werden... aber ich möchte Sie daran erinnern, ich habe bereits mit Ihrem Vater gearbeitet und stand immer an der Seite der Firma Flexing! Ich..." „Wenn ein Kopf rollt, dann sicher nicht Ihrer, Herr Graumüller. Seien Sie beruhigt. Sie trifft keine Schuld. Nun gehen Sie schon.", meinte ich. Er nickte.

Kaum war er weg nahm ich mein Telefon zur Hand und rief meinen Versicherungsvertreter an. Jedenfalls den der Firma. Ich schilderte ihm das Geschehen und würde ihm im Verlauf der Woche eine Kopie des Polizeiprotokolls zuschicken. Mit einem Seufzen rieb ich mir die Schläfe. Es war schon halb zwölf... Ich legte meinen Finger auf die Taste der Sprechanlage zu meiner Sekretärin. Wie hieß sie noch gleich? Es war eine Praktikantin... ich hatte sie nicht eingestellt. Mit Praktikantinnen hielt ich mich nun erst mal zurück. Sie hieß... Ja! Maria hieß sie. Jetzt hatte ich es wieder. „Maria, würden Sie mir etwas zum Mittag besorgen? Ich werden wohl kaum dazu kommen mir selbst etwas zu organisieren.", erklärte ich. „Aber natürlich, Frau Flexing! Haben Sie einen Wunsch?", wollte sie wissen. „Asiatisch wäre mal wieder gut. Ob Nudeln oder Reis ist mir egal. Aber mit Fleisch wäre gut. Lieber Huhn. Das Geld gebe ich Ihnen dann.", meinte ich. „Essen kommt sofort, Frau Flexing!", hörte ich die Jüngere. „Danke.", ich nahm den Finger von der Sprechanlage und lehnte mich zurück bevor ich begann meine Schläfen zu massieren. Es war anstrengend... so langsam befürchtete ich schon einen Burnout. Aber ich hatte keine Zeit für so etwas. Ich musste arbeiten. Für Urlaub blieb einfach keine Zeit. Ich riss die oberste Schublade meines Schreibtisches auf, nahm eine Aspirin daraus, schnitt das kleine Päckchen auf und nahm den Inhalt. Ich öffnete die Wasserflasche auf meinem Tisch und trank einen Schluck. Dann öffnete ich die Fenster in meinem Büro und ließ die kühle Luft herein. Leider auch die Abgase aber daran gewöhnte man sich in der Großstadt. Außerdem gaben die Nazis einen Dreck auf die Umwelt. Ich zog die Zeitung zu mir und beschloss damit eine kurze Pause zu machen. Oh... für nächste Woche war eine große Militärparade direkt durch Berlin angesagt... so etwas hatte ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen! Aber gut... vielleicht brauchte der Staat diese Machtdemonstration. Warum nicht? Wäre sicher auch eine gute Werbung für meine Firma auch, wenn es nie meine Absicht gewesen war Waffen zu bauen und zu verkaufen.

Die Fehler die wir machtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt