|Kapitel 34 - Vier|

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Von weitem sehen wir eine Schleuse, die die Überwachungszentrale und gleichzeitig ihrem Hauptserver im hinteren Bereich vor ungebetenen Gästen schützen soll. Das gesamte DCD wird von dieser Etage aus gesteuert. Registrierungsnummern und Einwohnerprofile, Versorgungslieferungen und natürlich auch alle Kameras inklusive Alarmsystemen. Zugriff auf diesen Rechner bedeutet also den ganzen verdammten Zugriff auf Defacity. Das Problem dabei: Niemand kommt in das System. Und wenn ich sage, niemand, dann meine ich auch niemand.

Damals – also vor zwei Jahren – gab es eine irrationale Hoffnung auf Gerechtigkeit unter uns Schatten, als es einem von Lorcans Hackern gelungen war eine geheime Verbindung ins DCD herzustellen.Ja, die Verbindung war da, aber leider schaffte es auch der beste Computerfritze nicht das Sicherheitssystem zu knacken, ohne ihnen unseren Aufenhaltsort zu verraten. Das Oberhaupt musste nach langem hin und her, seinen Plan auf Eis legen. Wie gesagt, niemand kommt hinein. Nicht von außen.

Aber wir versuchen es ja auch nicht auf diese Weise, wir lösen das Problem vor Ort. Der Haken auch hier: Es gibt nur drei Personen, die autorisiert sind und sich einloggen können, ohne das der Alarm los geht und das gesamte Gebäude abgeriegelt wird.
Man könne also meinen, unsere Chancen stehen miserabel. Tun sie aber nicht. Nicht solange wir den Generalschlüssel in den Händen halten. An den hat nämlich niemand gedacht.

»Verhalten Sie sich weitestgehend normal. Nicht gezwungen fröhlich und nicht übertrieben nervös. Vergessen Sie nicht, dass Sie ein Profi sind«, schärft ihr Ryan ein letztes Mal ein.
»Schon klar«, gibt Ms Bright bissig zurück. »Passt ihr lieber auf eure voreiligen Finger auf, damit wir nicht alle krepieren.«
Ryan und ich wechseln einen belustigten Blick, dann ziehen wir uns jeweils einen Mundschutz über, die die untere Gesichtshälfte verdeckt.
Showtime.

Wir gehen den Gang zwischen den leise surrenden Geräten entlang, bis hin zu einer einzelnen Tür am Kopfende. Zehn Schritte bevor wir sie erreichen, geht über uns knackend das Licht an. Die plötzliche Helligkeit blendet mich und treibt mir die Tränen in die Augen, die auch durch mehrmaliges Blinzeln nicht verschwinden wollen. Ryan scheint es ähnlich zu gehen, denn er knurrt leise, aber eindringlich: »Keine Tricks, oder hier fliegt alles in die Luft.« Es knackt erneut, dann knistert es. Ein Lautsprecher.

»Bleiben Sie stehen. Unbefugten ist der Zutritt auf dieser Etage strengstens untersagt«, erklärt eine jungenhafte und müde Stimme ernst. Hört sich an, als wäre der Typ nicht älter als zwanzig.

Ms Bright läuft ungerührt weiter, bis sie ein in die Wand eingelassenes Bedienfeld erreicht.
»Ich habe gesagt …«
»Das habe ich verstanden, Blaine. Herr Gott, das hat jeder auf diesem Korridor«, schneidet sie ihm das Wort ab, während sie einen kleinen Knopf gedrückt hält. Gleichzeitig sieht sie gereizt in die Kamera, die über ihr angebracht ist. »Wenn du uns jetzt bitte reinlassen würdest. Ich bin sehr wohl befugt.«
Drei Sekunden ist es ruhig. Der Typ – Blaine – schaut sich wahrscheinlich genauestens ihr Gesicht an und braucht eine Weile, bis er den Mut aufbringt, um ihr zu antworten.

»Sie … Sie sind aber nicht angemeldet für heute Abend. Sie stehen nicht im Protokoll.« Unsicherheit hat sich in die Stimme des Mannes geschlichen, aber noch hält er dich an die Vorschriften. Das können Sie besser.
»Das ist richtig«, gibt sie seufzend zu.
»Trotzdem müssen Sie uns rein lassen. Uns läuft die Zeit davon.«
»Nein, das geht nicht, Ms Bright. Sie wissen, dass es gegen die Vorschriften verstößt, wenn ich Sie unangemeldet rein lasse. Das könnte mich meinen Job kosten. Tut mir leid.« Der Typ ist wirklich ein zäher Brocken, das muss man ihm lassen. Ms Bright atmet hörbar ein und dreht sich zu uns um. Mir fällt auf, dass sie nervös auf ihrer Unterlippe kaut.

Ich schüttele den Kopf und nicke zur Tür und dem sich dort befindlichen Bedienfeld. Keine Tasten, lediglich ein Scanner. Doch der ist selbst für die liebe Frau Doktor unbrauchbar, denn nur Hemingway wird von außen Zutritt gewährt. Alle Mitarbeiter sind auf denjenigen angewiesen, der drinn die Stellung hält und die Tür von dort aus für sie öffnet. Wäre es anders, hätte Lorcan schon längst die Kontrolle über das DCD übernommen.
»Blaine«, versucht sie es erneut, »du musst jetzt sofort die Tür aufmachen. Wir haben einen unvorhergesehenen technischen Ausfall auf der Krankenstation, der sich nur von der Zentrale aus beheben lässt.«

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