|Kapitel 7 - Leben|

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Ich sehe noch wie sich Valerians Augen fassungslos weiten, dann ist er aus meinem Blickfeld verschwunden. Leider bleibt er nicht bei Svan, wie von mir erhofft, sondern folgt mir kurz darauf.
»Versuche mich gar nicht erst aufzuhalten«, zische ich leise und ducke mich hinter einem Haufen Schutt, sobald ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, »du würdest es ohnehin nicht können.« Er schüttelt den Kopf und verschränkt abwartend die Arme vor der Brust.
»Ich nicht, aber Lorcan schon.« Verärgert fahre ich zu ihn herum, wobei ich versuche möglichst gleichgültig zu wirken.
»Das interessiert mich nicht. Meinst du nicht, das ihm die Informationen wichtiger sind, als meine Bewährung?«

Valerian schnaubt und sieht mich danach eindringlich an.
»Das mag vielleicht sein, dennoch ist es keine Entschuldigung für deinen Alleingang. Wir sind hier um zu beobachten, nicht um selbst in Aktion zu treten. Außerdem kannst du dir nicht einmal sicher sein, dass du etwas herausfinden wirst«, versucht er mir einzubläuen.
»Und du kannst nicht wissen, dass es anders sein wird.« Der muskulöse Mann schnalzt gereizt mit der Zunge.
»Du bist unvernünftig. Was wenn sie uns erwischen? Sie sind schwer bewaffnet und könnten uns sofort töten, wenn sie uns nicht gleich den Echos zum Fraß vorwerfen.«

»Dann bleib hier«, entgegne ich kalt. »Wenn du so viel Angst hast zu sterben, solltest du vielleicht nicht mitkommen.« Kurze Zeit ist es totenstill. Ich sehe nur das angriffslustige Funkeln in Valerians grünen Augen, der versucht mich einzuschüchtern und umzustimmen. Ich halte seinem Blick stand. Schließlich nickt er entschlossen. »Ich werde es Lorcan berichten. Alles Folgende fällt allein auf dich zurück.«
»Verstanden«, entgegne ich schlicht und erhebe mich. Jedenfalls wollte ich das, doch der junge Mann hält mich bestimmt zurück.
»Ich komme mit. Heute Nacht sind wir Partner.« Ich nicke ihm knapp zu und sehe mich noch ein letztes Mal genau um.

»Jetzt«, gebe ich das Kommando und schleiche in einem günstigen Zeitpunkt aus unserem Versteck. Der Schwarzhaarige folgt mir leise, während ich konzentriert die Umgebung absuche. Außerhalb des Bretterzaunes sind keine Wachen zu sehen, was jedoch noch lange nicht bedeuten muss, dass wir allein sind.

Ich presse mich mit dem Rücken gegen die Holzwand und gehe möglichst geräuschlos weiter, bis ich das leise Murmeln der Patrouille ausmachen kann. Um genaue Satzfetzen zu verstehen, sind wir noch zu weit entfernt. Ein Blick zu den unbewohnten Wohnblocks verdeutlicht mir, dass Svan weiterhin auf seinem Posten ist. Würde ich nicht wissen, dass er sich dort aufhält, könnte man seinen Haarschopf für eine eingefallene Mauer halten.
Weitere Schritte machend, vergewissere ich mich nach Valerian der mir mit zusammengepressten Zähnen folgt. Als der Zaun einen Knick nach links macht, gehe ich in die Hocke und lausche angestrengt in die Dunkelheit. Valerian macht es mir gleich. Näher kommen wir nicht heran, ohne dass sie uns zwangsläufig bemerken würden.

» ... abscheulich, diese Viecher. Kaum zu glauben, dass sie einst Menschen waren«, höre ich den einen Soldaten fassungslos sagen, der seiner Stimme nach zu urteilen noch ziemlich jung sein muss. Der andere Mann hingegen hat eine kratzige und raue Stimme, als hätte irgendetwas einmal seine Stimmbänder beschädigt.
»Glaube es lieber, Junge. Für diesen verfluchten Abschaum sind wir nämlich selbst verantwortlich. Und jetzt lassen wir sie sogar wieder in die Stadt. Dabei möchte man meinen, die Regierung habe von früher gelernt.«
»Sargent, genau darum wollte ich mich mit Ihnen unterhalten. Ich würde Sie gern um etwas bitten, falls es notwendig werden sollte. Ich ...« Der junge Mann klingt vollkommen ernst, wird aber mit jeder Silbe leiser.

»Jetzt druckse nicht so herum, Soldat, das habe ich dir nicht beigebracht. Rede laut und deutlich, wenn du eine anständige Antwort von mir erwartest«, fährt ihn sein Vorgesetzter mit seiner fürchterlichen Stimme an, sodass ich der Versuchung widerstehen muss, mir beide Hände auf die Ohren zu pressen.
»Ich bitte Sie mich zu töten, Sir!«, kommt die klare Antwort des Soldaten. »Sollte ich jemals von einem Echo gebissen werden, töten Sie mich!« Stille breitet sich aus, in der ich mit Valerian einen ernsten Blick tausche.

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