Nach dem Essen kämpfen die Jungs darum, noch ein wenig Fernsehen zu schauen, bevor sie ins Bett müssen. Glücklich rennen sie ins Wohnzimmer und setzen sich auf die Couch, während wir die Küche noch aufräumen.
"Patrick hatte da noch eine Frage an euch", meine ich, ohne auch nur irgendeinen dabei eines Blickes zu würdigen. Pia stellt die trockenen Teller in den Schrank und dreht sich danach fragend zu Patrick um, der nur verwirrt mit dem Kopf schüttelt.
"Klar, du wolltest fragen, ob du noch hier wohnen darfst, bis du eine Wohnung gefunden hast", meine ich selbstbewusst und bin selbst etwas überrascht von meiner direkten Art.Er läuft knallrot an und räumt die Pfanne zurück in den Schrank. "Quatsch, ich habe ihr gesagt, dass das eine blöde Idee ist", meint er und schaut mich etwas ernster an.
"Warum überhaupt eine neue Wohnung?", mischt sich Jan ein und schaut fragend in die Runde. Ich erkläre ihm seine missliche Lage und Patrick versucht natürlich immer wieder alles klein zu reden, was ihm aber nicht wirklich gelingen mag. "Ja, warum nicht? Es ist doch nicht für immer und das Gästezimmer steht sonst sowieso leer."
Etwas hilflos schaut uns Patrick an und seufzt dann ergebens. "Dann gebe ich euch wenigstens etwas Geld dazu. Das ist das Mindeste", meint er. "Alles zu seiner Zeit. Die Kids freuen sich bestimmt auch, wenn sie hören, dass du länger bleibst."
Als wir den Abwasch endlich fertig haben und die Küche wieder betretbar aussieht, gehen wir gemeinsam ins Wohnzimmer, wo den Kindern beinahe schon die Augen zufallen. "Na, es wird langsam Zeit, ne?", grinst Patrick und setzt sich zwischen sie Jungs auf die Couch. Paul kuschelt sich instinktiv an ihn heran und klammert sich müde an ihn dran. "Setzt euch ruhig hin, ich bringe die Jungs ins Bett. Dann werde ich eben euer persönlicher Assistent", lacht er.
Dankend setzen sich Pia und Jan auf die Couch und ich nehme Max auf den Arm, der sich mittlerweile auch schon im Land der Träume befindet. Leise gehe ich zusammen mit Patrick hinauf zu den Kinderzimmern. Geschickt öffne ich die Tür und lege Max vorsichtig in sein Rennauto-Bett. Glücklicherweise hat er schon seinen Schlafanzug an, sodass ich ihn nicht erst wecken muss. Trotzdem blinzelt er mich noch einmal verschlafen an und kuschelt sich in seine Decke.
"Liest du mir noch was vor?", murmelt er.Als ich nicke reicht er mir zufrieden sein kleines Buch, das er neben dem Bett in einem winzigen Fach verstaut hatte. Der erste Blick darauf lässt mich schmunzeln - Eine Elefanten Geschichte. "Na dann, pass mal gut auf", lächele ich und beginne zu lesen. Max kuschelt sich in sein Bettzeug und schaut mir gespannt zu, bis seine Augen irgendwann immer kleiner werden und letztendlich nur noch ein leises Schnarchen zu hören ist.
Den letzten Satz flüstere ich nur noch, klappe das Buch zu und lege es vorsichtig beiseite. Ich beuge mich nach vorn und gebe ihm einen sanften Kuss auf die Stirn, streiche nochmal durch seine schönen blonden Löckchen und stehe dann langsam auf.
Ich drehe mich herum, mir bleibt beinahe das Herz stehen und ich muss mich zusammen reißen, jetzt nicht zu schreien. Leise tapse ich über das dunkle Laminat, werfe nochmals einen kurzen Blick zu Max und schließe die Tür. "Du kannst mich doch nicht so erschrecken!", flüstere ich zu Patrick und knuffe ihm leicht in die Seite. Er aber fängt nur zu grinsen an. "Du hast das wirklich toll gemacht", gibt er leise zu und schaut mich glücklich aus seinen blauen Augen an. "Aber ich hab doch nur eine Geschichte vorgelesen?"
Er nickt leicht, legt dann vorsichtig einen Arm um mich herum und zieht mich ein Stück näher an sich. "Aber die Art, wie du es gemacht hast. Man hat so sehr gespürt, wie gern du den Kleinen hast", flüstert er und ich erkenne ein leichtes Lächeln, welches in dem dunklen Flur nur schwer zu deuten ist."Ach du", meine ich verlegen und lehne mich ein wenig an ihn. "Aber ja, das stimmt, ich habe die Kleinen wirklich sehr gern. Es sind aber auch einfach zwei wundervolle Jungs."
Er stimmt mir zu und wir stehen eine Weile einfach nur Arm in Arm da. Es tut gut, sich bei einem Menschen so wohl zu fühlen. Ohne jeglichen Zwang, dafür umso mehr mit dem Herzen. Seine Wärme und seine Nähe geben mir ein so unbeschreibliches Gefühl. Wie, wenn man nach einem kalten Wintertag nach Hause in das warme Wohnzimmer tritt und sich an einer heißen Schokolade aufwärmt. Ja, es fühlt sich wie Zuhause an.
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Ein Leben ohne Vergangenheit [Michael Patrick Kelly]
FanfictionWas passiert, wenn man von jetzt auf gleich alles vergisst, was jemals passiert war? Du hast keine Vergangenheit, Nichts, an dem du festhalten kannst. Du bist allein. [Alle Inhalte sind frei Erfunden und dienen nur der Story der Geschichte. Einzig u...