Kapitel 9

714 43 10
                                    

Nach der Verabschiedung macht sich Patrick also auf den Weg nach Hause. Die ganze Fahrt über grinst er unentwegt, die beiden Jungs haben es ihm wirklich angetan. So lebensfroh, ohne Sorgen und Probleme haben den Kleinen die Dinge Freude bereitet. Wie gern wünschte er sich doch, selbst einmal Vater zu werden.

Er parkt das Auto in seiner Hauseinfahrt und sieht im Augenwinkel bereits einen hellen Lichtschimmer. "Da bist du ja endlich. Ich warte schon sehnsüchtigst auf dich", ruft seine Frau, die bereits grinsend im Türrahmen steht. "Joelle, mein Schatz", strahlt er und gibt ihr einen langen, zärtlichen Kuss. "Und wie ich dich erst vermisst habe."

Patrick nimmt ihre Hand und zieht sie mit in Richtung Wohnzimmer, wo er sie mit auf seinen Schoß zieht und sie weiter küsst. "Sag mal", flüstert er. "Willst du dir das mit den Kindern nicht noch einmal überlegen? Ich meine, wir werden dieses Jahr beide 40 und so lang haben wir dann keine Zeit mehr."

Joelle löst sich von ihm und setzt sich neben ihn auf die Couch. "Paddy, wir haben darüber doch schon so oft gesprochen, ich möchte keine Kinder. Im Endeffekt habe ich hier ein kleines Kind sitzen und komme mit dem ganzen Stress nicht mehr hinterher, während du mit deiner Band durch die ganze Welt reist." Ernst sieht sie ihn an, wodurch Patrick nur zu seufzen beginnt.

"Ich kann hier bleiben. Wir brechen die Tour ab, ich höre mit der Musik auf und bin nur für euch da, bitte", fleht er sie fast an. Lachend schüttelt sie mit dem Kopf, als würde sie ihn gar nicht ernst nehmen wollen. "Sieh es doch bitte ein, ich möchte keine Kinder! Wie kommst du denn überhaupt schon wieder darauf?"

Langsam steigen Patrick die Tränen in die Augen, die er schnell wegblinzelt. "Und was, wenn ich welche will? Warum wird nie auf meine Bedürfnisse eingegangen? Ich versuche dir jeden Tag so schön, wie nur möglich zu gestalten. Klar, ich bestreite nicht, dass Nachwuchs auch Arbeit ist, aber es bedeutet auch eine Menge Glück und Freude. Kannst du es dir denn absolut nicht vorstellen, in zwei strahlende Kinderaugen zu schauen und zu wissen, dass es dein eigenes Fleisch und Blut ist?" Verzweifelt und enttäuscht steht er auf und nimmt seine Jacke. "Und warum ich wieder damit anfange? Weil Mias Schwester zwei wunderbare, gesunde, kleine Jungs hat, die mein Herz aufgehen lassen!"
Auch, wenn es ihn kränkt seine Frau jetzt allein zu lassen, geht er einfach zur Tür und zieht sich an. "Ja, dann hau doch ab und zeuge mit dieser "Mia" ein Kind! Du redest doch sowieso nur von ihr!", schreit seine Frau ihm hinterher. Patrick schnaubt, setzt sich ins Auto und fährt einfach darauf los. Einerseits kränkt es ihn, dass seine Frau wahrscheinlich seine Liebe zu ihr in Frage stellt, andererseits fragt er sich, ob es wohl an ihm liegt, dass sie keine Kinder möchte.

Wahllos fährt er durch die Gegend, ehe er einen kleinen Pub an der Seite sieht und diesem immer näher kommt. Er war mit seinen Bandkollegen öfter hier, nachdem sie eine erfolgreich Tour abgeschlossen hatten und einfach Mal gemeinsam feiern wollten.

Seufzend parkt er sein Auto an der Seite und geht hinein an die Bar. Erst bestellt er sich einen Whiskey, dann immer mehr und mehr, bis er irgendwann komplett den Verstand verliert. Alles um ihn verschwimmt, alles dreht sich und er hat Mühe, sich auf dem kleinen hölzernen Barhocker zu halten. Patrick legt den Kopf mitsamt seinen Armen auf den Tisch und tritt immer wieder mit dem Fuß gegen die Theke, wodurch auch andere Gäste auf ihn aufmerksam werden.

"Patrick?", meldet sich eine ihm bekannte Stimme, die er in seinem Zustand allerdings nicht zuordnen kann. "Lass misch 'n Ruhe", lallt er und stößt die Hand von seiner Schulter. Er vernimmt ein leises Seufzen und wird mit einem Ruck herum gedreht, sodass es ihn beinahe umfallen lässt. "Jan, nischd?" Fragend mustert Patrick seinen gegenüber. "Schön, disch zu seh'n", lacht er und klopft ihm kameradschaftlich auf die Schulter, wodurch er etwas unsanft zur Seite kippt. Schnell greift ihm Jan unter die Arme und zieht ihn nach oben. "Ich freue mich auch, allerdings nicht in der Verfassung." Er stützt Patrick in Richtung Ausgang und dreht sich noch einmal zu seinen Kumpels. "Wir sehen uns demnächst."

Ein Leben ohne Vergangenheit [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt