Kapitel 23

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Will er nicht seine Vergangenheit hinter sich lassen? Hängt er doch noch an seiner Frau? Warum hat er den Ring noch nicht abgelegt?

Er folgt meinen Blick und hebt seine Hand in die Höhe. "Ich..", stammelt er. "Das ist wegen der Presse." Ich sehe ihn an, setze mich ein wenig auf und nicke kurz. "Wenn ich den Ring draußen nicht trage und mich irgendeiner dieser Leute ohne sieht..", denkt er laut. "Ich muss die Trennung vorher öffentlich machen."

Hoffnungsvoll schaut er mich an und legt seine Hand wieder auf meine. "Ich weiß", meine ich leise und wende meinen Blick aus dem Fenster. Eine Weile herrscht eine bedrückende Stille, bis er auf aufsteht und seinen Schlüssel in die Hand nimmt.

"Joelle ist glaube ich, noch nicht zurück von ihren "Wellness-Tagen". Ich würde gern meine Sachen aus dem Haus holen. Klamotten und so ein bisschen was, was mir etwas bedeutet. Die Möbel kann sie ruhig behalten." Er zieht sich seine schwarze Windjacke darüber, mittlerweile hat es draußen ziemlich abgekühlt. "Würdest du mitkommen?"

Ich überlege. Eigentlich wäre nichts falsch daran mit zu gehen. Im Grunde genommen ist es schon ein großer Vertrauensbeweis, wenn ich bei seinen persönlichen Sachen mithelfe. "Gern", gebe ich kurz zurück und lächele ihm zu.

Als ich aufstehe greift er nach meiner Hand und zieht mich zu sich. Er legt die Arme um mich und kuschelt sich einfach für einen Moment an mich. Es tut wirklich gut und lässt mich auch gleich wieder herunterfahren. Vorsichtig hebt er mit einem Finger mein Kinn an und schaut mir in die Augen. Ein zufriedenes Lächeln huscht über seine Lippen, das sich auch auf meinen widerspiegelt.

Schnell ziehe ich mir auch meine Jacke an und gemeinsam gehen wir hinunter. "Pia, wir sind nochmal unterwegs", rufe ich im Flur und ohne auf eine Antwort zu warten, laufen wir ohne ein Wort zum Auto.

"Ausgerechnet jetzt muss es anfangen zu regnen", fluche ich und husche schnell auf den Beifahrersitz. "Ist doch nicht so schlimm, wir haben doch ein Dach über dem Kopf", lächelt er mir zu.

Keine zehn Minuten dauert es, bis wir an seinem Haus ankommen und ich wieder nur darüber staunen kann. Vorsichtig schließt er die Tür auf lugt hinein. "Joelle?", ruft er beim hinein gehen und schaut sich um. Keine Gegenantwort. "Gut, sie ist noch nicht da. Magst du mit hoch kommen?"

Sollte ich das? Ist es denn richtig, ein fremdes Haus zu betreten? Sicherlich ein komisches Gefühl, aber zu meiner Überraschung stimme ich zu.

Langsam gehen wir die mit Teppich belegten Treppenstufen nach oben. Ein schmaler, aber langer Flur erstreckt sich vor uns, auf dem immer wieder einige Türen abgehen. Patrick nimmt meine Hand und geht mit mir bis ganz hinter, bleibt dann davor stehen.

"Bist du dir sicher, dass du mit hinein willst? Ist das wirklich okay für dich?", fragt er mich noch einmal und legt seine Hand auf die Türklinke.

"Solange du da drinnen keine Raubtiere hast, die mich auffressen, klar", lache ich leicht, obwohl ich mir selbst noch nicht so sicher bin.

Jetzt ist es sowieso zu spät. Er öffnet langsam die Tür und sichtbar zeigt sich der Raum. Das Schlafzimmer. Wahrscheinlich der intimste Ort einer jeden Beziehung. Ich muss zugeben, allmählich fühle ich mich etwas unwohl.

Das große Ehebett, auf dem das Bettzeug noch immer ungemacht auf beiden Seiten liegt. Der Ort, an dem er und seine Frau geschlafen haben. Wahrscheinlich auch miteinander geschlafen haben. Der Gedanke lässt mich erschaudern und für einen Moment erstarren. Ich fühle mich fast, wie ein ungewollter Besucher.

Patrick reißt mich aus den Gedanken, als er einen großen Reisekoffer offen auf dem Boden platziert und die Türen seines Kleiderschrankes öffnet. "Wenn du magst kannst du alles, was hier drinnen ist einfach in den Koffer stopfen. Die Unterwäsche in dem Schubkästen mache ich selbst", lacht er und macht sich daran.

Ein Leben ohne Vergangenheit [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt