Kapitel 31

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In seinen Augen erkenne ich erneut Besorgnis, aber er nickt mir zustimmend entgegen. Jetzt weiß er, dass irgendetwas sein muss und ich werde es ihm erzählen müssen.

Mittlerweile sind wir auch am Kindergarten angekommen und die Jungs springen schon wie verrückt vor dem Tor auf und ab. Ich knie mich zu ihnen herab und ziehe Pauls blau-gestreiftes Shirt noch einmal ein wenig glatt. "Viel Spaß ihr zwei und passt auf euch auf", lächele ich und werde von beiden noch einmal herzlich umarmt.

"Tschüssi, Tante Mia und Onkel Paddy", grinsen sie durch ihre Zahnlücke. Plötzlich spüre ich eine angenehme Wärme neben mir aufsteigen und der Duft eines herrlichen Parfums strömt mir in die Nase.

"See you soon, buddys", grinst Patrick die Kleinen an und reicht jedem eine Mini-Tüte Gummibärchen. Er zwinkert ihnen zufrieden zu und die Augen der Jungs beginnen heller als die Sterne zu leuchten.

"Daaaanke!!", grinsen sie, schlingen die Arme ebenfalls um Patrick und marschieren dann freudestrahlend in den kleinen Hinterhof.

Ein übertrieben großes Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen und ich sehe in seine warmen blauen Augen. Wieder streicht er sich die Haare nach hinten, die ihm die Sicht versperren. Seine dünne Jacke hängt locker über seinen Schultern, die Ärmel hat er aber bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt.

In den Momenten, in den er so herzlich mit Paul und Max umgeht und so liebevoll auf sie aufpasst, vergesse ich manchmal meine Zweifel. Könnte er dann auch so für mein Kind dasein?

Jetzt steht er bereits wieder auf den Beinen und klopft sich den Dreck von seiner hellen Hose. Er streckt mir seine Hand entgegen, die ich dankend entgegen annehme und wir machen uns wieder auf den Weg.

Wir reden nicht viel miteinander, eher schlendern wir stillschweigend nebeneinander her. Die einzigen Geräusche im Moment sind das Pfeifen des Windes und das damit verbundene Rascheln der Bäume.

Ich glaube Patrick spürt, dass nicht alles in Ordnung ist. Sonst ist er nie länger als fünf Minuten still, außer ihn bedrückt irgendetwas.

Als wir wieder Zuhause ankommen, ist Pia bereits auch auf Arbeit, also sind wir allein. Ich hänge meine Jacke an den silbernen Haken und stehe etwas unentschlossen in dem dunklen Flur.

"Wann möchtest du denn reden?" Patricks Augen flackern leicht, als hätte vor einer Antwort Angst. Er vergräbt die Hände tief in seinen Hosentaschen und faltet sie unruhig darin. Ich sehe ihm an, dass ihm dabei ziemlich unwohl ist und auch mir wird langsam schlecht bei dem Gedanken, dass in kurzer Zeit alles kaputt sein könnte.

"Jetzt", bringe ich leise über die Lippen und drehe meinen Kopf in Richtung der Treppe, die ich dann auch hinauf steige.

Patrick folgt mir kurz darauf in mein Zimmer. Unruhig lasse ich mich auf meinem weichen Bett nieder und seufze. Im Moment bin ich wirklich froh sitzen zu können, denn mir wird immer komischer.

"Setz dich doch", sehe ich ihn an, als er noch immer unentschlossen im Raum steht. Er dreht meinen Stuhl in meine Richtung und setzt sich darauf. Es tut mir wahrlich leid, wie nervös er ist, wahrscheinlich wartet er auf sein Todesurteil, dass er jetzt vielleicht auch bekommt.

"War doch irgendetwas beim Arzt? Bist du krank?" Er richtet seinen Blick ängstlich auf den Boden, schaut mich nur ganz kurz an. Unruhig fährt er mit den Händen immer wieder über seine Knie. Es macht für mich fast den Anschein, als würde die Hose gleich noch viel mehr ausbleichen und dieses Geräusch macht mich fast wahnsinnig.

"Ich..-", beginne ich, stocke aber. Er stoppt, sieht mich an. Seine völlige Aufmerksamkeit liegt auf mir, was die Situation nicht gerade einfacher macht. "Ja, ich war beim Arzt und es hat etwas damit zutun."

Ein Leben ohne Vergangenheit [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt