Ein Leben ohne Vergangenheit [Michael Patrick Kelly]

Kapitel 11

Unser Blick hängt an Max, der nächste folgt zu dem Mann, der ihn an der Hand hält. "Max, was machst du denn für Sachen?!", ruft Pia panisch, rennt zu dem Kleinen und nimmt ihn auf den Arm. "Aber Onkel Paddy war hier und ich wollte zu ihm." Schmollend schiebt er seine Unterlippe nach vorn und schaut uns mit seinen großen Kulleraugen an.

"Du musst aber trotzdem auf deine Mama hören", meint Patrick grinsend und streichelt Max über den Kopf. Er trägt ein graues, enganliegendes Shirt mit der Aufschrift "The River" und dazu eine schwarze Lederjacke, die nur zu gut zu seinem Outfit passt. Vollendet wird alles mit einer blauen Jeans und dunklen Schuhen. "Wie kommt es denn, dass du uns doch begleiten willst?" Jan kommt mit Paul an der Hand zu unserer Runde dazu. Patrick vergräbt die Hände tief in den Hosentaschen und beißt die Zähne aufeinander. "Ich hatte doch noch Zeit, die Arbeit kann noch etwas warten", lächelt er sichtlich erzwungen, was auch Jan bemerkt und beschließt, keine weiteren Fragen zu stellen.

Wahrscheinlich ist wieder irgendetwas vorgefallen, Stress mit seiner Frau, sodass er einfach keine Lust hat zu Hause zu sein. Wenn ich ihn so zerbrechlich sehe, blutet mein Herz. Völlig gedankenversunken trottet er unserer Gruppe hinterher, möglicherweise merkt er nicht einmal, wohin wir gerade gehen.
Seine Mundwinkel sind nach unten gezogen und die Augenbrauen stehen ebenfalls ernst zueinander. Irgendetwas scheint ihn wirklich zu beschäftigen.

Als er etwas weiter von der Gruppe zurückfällt, entscheide ich mich zu ihm zu gehen. "Hey, gefällt's dir hier im Zoo?", frage ich lächelnd, um ihn aus seiner Gedankenwelt zu lösen. Etwas erschrocken dreht er sich zu mir und fährt sich sofort ertappt durch die Haare. "Ja, natürlich. Ist schon ewig her, dass ich mal hier war", meint er und setzt sein Grinsen auf, von dem ich ganz genau sehe, dass es gespielt ist.

Ich hadere mit mir. Soll ich ihn auf sein merkwürdiges Verhalten hinweisen, oder lieber doch nicht? Jetzt bin ich diejenige, die nervös auf ihrer Wange herumkaut, als wir beide aus den Gedanken gerissen werden. Paul klammert sich an meine - und Max an Patricks Hand. "Los kommt, davorn ist Emil", grinst Max aufgeregt und die Kinder ziehen uns mit nach vorn, wodurch wir - und auch Jan und Pia nur lachen müssen.

Ja, sogar Patrick scheint jetzt wirklich zu lachen.

Gespannt werden wir zu dem Gehege gerissen, wo sich große und kleine Elefanten tummeln. "Guckt davorn!", quietschen die Jungs aufgeregt und zeigen auf einen kleinen Elefanten, der wahrscheinlich genauso glücklich wie die Kindet vor sich hin trötet. Patrick hockt sich zu Max herunter und dreht ihm den Rücken zu. "Na komm her Kleiner, setz' dich auf meine Schultern."

Gesagt, getan. Glücklich rutscht Max auf seine Schultern, Patrick stellt sich vorsichtig wieder auf und hält seine Beine mit fest. "Juhuu, jetzt bin ich viel größer, als Emil", grinst er triumphierend und auch Patrick beginnt jetzt herzerwärmend zu lachen.

Da ist er wieder. Wieder einer dieser Momente, in denen ich nicht verstehe, warum seine Frau keine Kinder möchte. Wenn Patrick ein Mann wäre, der sich nicht um die Kleinen sorgt und selbst keine wollte, würde ich das ja alles einsehen. Aber gerade mit solch einer Unterstützung kann das doch nur Glück bedeuten. Sein strahlendes Lächeln, wenn er die Kinder anschaut, das ebenso erwidert wird. Es ist einfach traumhaft schön.

"Manno, ich will auch mal", quengelt Paul und schaut zu seinem kleinen Bruder hinauf, der nur überlegen den Kopf schüttelt. "Dann muss wohl mal Tante Mia helfen, ne?" Patrick grinst mich an und zieht beide Augenbrauen nach oben, bevor er herzlich lacht. "Ha, ha", gebe ich kopfschüttelnd, aber schmunzelnd zurück und piekse ihn in die Seite, worauf er quietschend zurückweicht. "Sehr männlich."

Im Augenwinkel sehe ich, wie Paul die Tränen nicht mehr zurückhalten kann und anfängt zu schluchzen. "Hey, nicht weinen", versuche ich ihn zu beruhigen, was mir allerdings nicht wirklich gelingen mag. "Ich will auch mal!"