24. Taddls Familie

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POV Taddl
„Hey, Manu! Ich rede mit dir!", sage ich zum gefühlt zehnten Mal, seit ich von der Eisdiele wiedergekommen bin.
Endlich schaut mich der Braunhaarige an. „Sorry, ich war bloß in Gedanken", nuschelt er.
„Ist echt alles okay mit dir?", frage ich besorgt. „Du wirkst so abwesend."
„Wie schon gesagt, ich habe einfach nur nachgedacht. Was soll schon sein?", murmelt Manu genervt und zupft unruhig an einem Träger seines Rucksacks herum.
Ich nehme Manus Kinn in die Hände und drehe seinen Kopf zu mir. „Du kannst mir alles sagen, das weißt du", sage ich sanft.
Manu reißt sich von mir los. „Ich ... ich bin einfach nur verwirrt." Und dann erzählt er mir etwas, was eben passiert.

„... und ich habe keine Ahnung, wieso Pat das gemacht hat", schließt er.
Ungläubig gucke ich meinen besten Freund an. „Was? Unser Pat? Patrick Meyer?!", hake ich nochmal genau nach.
Manu nickt stumm.
„Aber wieso sollte er das machen?", frage ich und zwirbele eine blaue Haarsträhne um meinen Zeigefinger.
Der Junge neben mir zuckt nur mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, Taddl. Ich dachte immer, er mag mich nicht", grübelt er und kratzt sich am Kopf. „Ich glaube, ich sollte gehen. Ich kann auch nicht mehr."
„Klar, ich sollte auch mal gehen. Meine Family weiß nicht, wo ich die Nacht über war und -" Ich unterbreche meinen Redefluss. Man, Manu weiß das ja auch nicht!
„Ach ja?", fragt Manu. „Wo warst du denn?" Sein etwas perverser Blick verrät mir, dass er es genau weiß, aber es aus meinem Mund hören möchte.
Ich seufze. „Bei Ardy. Was dagegen?", entgegne ich schnippisch.
„Nope", kichert Manu mit einem breiten Grinsen und macht sich nach einer Umarmung und einem ‚Bis Montag, Taddelino!' auf den Weg nach Hause.
Schmunzelnd stehe ich ebenfalls auf. Sicherheitshalber habe ich mir mein Skateboard auf dem Rückweg unter den Arm geklemmt, anstatt darauf nach Hause zu fahren. Ich möchte schließlich nicht wegen meiner Fahrkünste im Krankenhaus landen.
Zum Glück weiß ich, dass meine Eltern sehr gechillt damit umgehen, wenn ich die Nacht weg bin.
Ich trabe den schmalen Bürgersteig neben der Straße entlang und betrachte die Natur um mich herum. Große Birken, Buchen und andere Bäume säumen den Weg. Zwischendurch wachsen auch einige Büsche mit roten Beeren. Ich probiere keine, da ich nicht die leiseste Ahnung von Botanik habe und somit nicht weiß, ob diese giftig sind.

Endlich komme ich zu Hause an, wo ich auch schon sehnlich erwartet werde. Auf einem Stuhl vor der zu einem Spalt geöffneten Haustür steht mein kleiner vier Jahre alter Bruder Jonah und meine achtjährige Schwester Amy guckt aus dem Fenster des Badezimmers im ersten Stock und ruft: „Taddl ist wieder da! Taddl ist wieder da! Juhu, Taddl!"
Ich winke ihr zu und nehme Jonah auf den Arm, um dann mit ihm das Haus zu betreten. Kaum bin ich drinnen, kommt auch schon meine Schwester die Treppe runter gepoltert und hüpft aufgeregt vor mir auf und ab. „Hallo! Hallo!", ruft das kleine aufgedrehte Mädchen.
„Hey, mein Schatz", lächele ich, lasse Jonah wieder runter und knie mich vor meine Schwester. Sanft schließe ich sie in meine Arme.
Amy drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Wo warst du?"
„Bei einem Freund", erkläre ich und lächele.
„Bei EINEM Freund oder bei DEINEM Freund?", hakt Amy grinsend nach. Sie kennt mich sehr gut und weiß, dass ich schwul bin und wie das ist, wenn man homosexuell ist. Ich musste ihr alles erklären. Bis auf intime Aktionen, versteht sich.
Selig lächelnd gucke ich ins Leere, meine Gedanken bei Ardy. Er ist echt perfekt. Seine brauen Haare, die ebenfalls braunen Augen, seine sanfte Stimme und wie er so liebevoll mit mir umgeht. Ardy ist einfach niedlich.
„Also DEIN Freund", lacht Amy.
Plötzlich kommt die Stimme meiner Mutter aus der Küche. „Was ist denn da los? Amy, Jonah, ihr dürft doch keinem Fremden -" Meine Mom betritt den Flur und lächelt bei meinem Anblick. „Ah, Thaddeus lässt sich auch mal blicken."
Ich fahre mir durch die blauen Haare und grinse verschmitzt. „Tut mir echt leid, Mom, ich-"
„Taddl war bei SEINEM Freund!", platzt Amy dazwischen und grinst siegessicher.
„Soso?" Meine Mom lächelt mich breit an und kommt auf mich zu. Ich stehe wieder auf. „DEIN Freund, also. Darf man ihn kennenlernen?"
„Man schon, du erstmal nicht, Mom", grinse ich.

POV Manu
Zu Hause werfe ich mich auf mein Bett und zücke mein Handy. Mein Skateboard habe ich neben meinen Tisch an die Wand gelehnt.
„Manuel? Bist du da?", dringt auf einmal die Stimme meiner Mutter durchs Haus, noch bevor ich meinem PIN-Code eingeben kann.
„Ja-ha!", antworte ich.
Kurz darauf steht meine Mutter im Türrahmen. „Ach, Schatz, wir haben uns ja solange nicht gesehen", seufzt sie.
Ja, kein Wunder, wenn du jeden Tag bis 23:00 Uhr oder später wegbleibst!
„Ja, stimmt", murmele ich und packe mein Handy weg. Dann drehe ich mich zu meiner Mutter.
„Heute Abend haben wir übrigens Gäste, die zusammen mit uns zu Abend essen", berichtet diese.
Gelangweilt richte ich mich auf. „Wer denn?", frage ich und versuche dabei wenigstens etwas interessiert zu wirken, was mir allem Anschein nach nicht wirklich gelingt.
„Eine Arbeitskollegin, die ich neulich kennengelernt habe. Sie kommt mit ihrem Sohn. Andrea hat gesagt, dass er in deinem Alter ist. Seinen Namen hat sie nicht gesagt", erzählt meine Mutter.
„Toll", brumme ich.
Mein Bruder hat sich zu einem Freund verkrümelt und mein Vater ist auf einer Geschäftsreise in Wolfsburg. Also bin ich mit meiner Mutter, dieser Andrea und ihrem Sohn alleine.

Am Abend schlüpfe ich in ein weißes Shirt und eine dunkle Jeans, käme meine zuvor gewaschenen Haare und sprühe ein bisschen Deo unter meine Achseln. In meinen blau-schwarz-gestreiften Lieblingssocken poltere ich die Treppe runter. Meine Mutter steht in einem schwarzen Kleid in der Küche und stellt gerade die selbstgemachte Tomatensoße neben die Nudeln. Warum man auch immer Nudeln isst und sich dabei schick machen muss. In dem Moment klingelt es an der Tür.
Ich gehe hin und öffne. Vor mir steht eine junge Frau mit blonden Haaren, die zu einem Dutt zusammengebunden sind, und einem beigen Kleid und lächelt mich freundlich an und hinter ihr steht in einem lockeren Hand und hochgegelten Haaren - Patrick.

Patrick und seine Mutter bei Manu zu Hause? Kann das gut ausgehen?
Übermorgen kommt das nächste Kapitel. Warum nicht morgen? Ein bisschen Spannung aufbauen hat noch niemandem geschadet ;)
(So dumm wie ich bin werde ich es wahrscheinlich trotzdem morgen veröffentlichen -_-)

PS: Danke, für 600 reads und 145 votes

CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt