POV Manu
Zu Hause angekommen schließe ich schweigend die Tür auf und schlüpfe aus meinen Schuhen und der Jacke. Meine Eltern kommen erst am Abend und mein Bruder hat noch Schule. Mein Magen grummelt, allerdings muss ich auch noch diese ekelige Masse aus meinen Haaren waschen, denn die klebt wirklich.
Und das nur wegen meinem Herzensbrecher und seinen Idiotien von Freunden.
Ich springe die Treppe hoch und werfe, in meinem Zimmer angenommen, meinen Rucksack neben meinem Schreibtisch. Auf diesem steht mein hochgefahrener PC. Nach wiederholtem Tippen auf meine Tastatur komme ich schließlich auf mein neuestes Video, welches ich vor kurzem schon geschnitten habe, und drücke schnell auf den ‚Upload'-Button.
Dann widme ich mich meinem Schrank und suche neue Klamotten aus. Mit einem Stapel frischer Wäsche betrete ich das angrenzende Badezimmer und steige, nachdem ich mich von meinen klebrigen Klamotten befreit habe, unter die Dusche.
Das warme Wasser prasselt auf mich nieder prickelt angenehm auf meiner Haut. Mit Shampoo wasche ich das Blut und den Dreck aus meiner wilden Mähne und plötzlich erinnere ich mich wieder an den Moment hinter der Schule.
Felix entschuldigenden Blick. Und dann Patrick, wie er zuschlägt.
Etwas undefinierbares fließt meinen Wangen hinunter. Aber da es auf meinen Lippen wie Salz schmeckt, scheinen es Tränen zu sein. Wieso habe ich mich nur in so einen Idioten verliebt?!
Frisch geduscht stehe ich wenig später nur in Boxershorts vorm Spiegel und versuche meine schulterlangen braunen Haare zu bändigen. Meine giftgrünen Augen stechen hervor und glänzen im Licht der Lampe, welche an der Decke hängt.
Ich finde, dass meine Augen das einzige schöne an mir ist. Außer vielleicht meine Haare. Und natürlich mitten im Gesicht meine Nase. Schief, wie der schiefe Turm von Pisa. Na toll. Und mein Körper. Ich bin nicht dick, so ist es nicht, aber ich habe einfach kaum Muskeln. Meine Schultern sind ein bisschen breiter, als normal breit, aber auch nicht sehr. Wenigstens bin ich geschickt und kann mich meistens gut verteidigen. Meine Beine sind wie bei jedem fünfzehn-jährigen.
Aber trotzdem. Wie soll Patrick mich, so wie ich nun mal aussehe, jemals mögen?
Doch plötzlich schießen neue Erinnerungen durch meinen Kopf und ich stütze mich schnell auf dem Waschbeckenrand auf, um nicht umzukippen.
Starke Arme heben mich hoch, als wäre ich leicht, wie eine Feder. Ich werde eine lange Zeit lang getragen und dann wieder nieder gelassen. Dann Stimmengewirr. Der einzigen Satz, den ich verstehe, lautet: „Und ich kenne ihn auch nicht." Patricks Stimme. Klar und deutlich.
Wieder treten Tränen aus meinen Grünen Augen hervor. Er kennt mich nicht. Patrick sagt, er kennt mich nicht!
„ER KENNT MICH NICHT!", schreie ich durchs ganze Haus, weil ich weiß, dass ich alleine bin.
Aber wie soll er auch? Ich bin doch sowieso viel zu hässlich für Patrick, der im Gegensatz zu mir, ziemliche Muskeln hat und auch nicht schlecht gebaut ist. Und außerdem ist er schließlich ganz offensichtlich hetero und keineswegs schwul, so wie ich.
Eine Träne läuft über meine Wange, tropft dann am Kinn runter und landet dann im Waschbecken. Von mir selbst enttäuscht lehne ich mich gehen die Badezimmertür und rutsche daran runter. Alles ist im Arsch. Meine Nase, mein Leben, mein Herz. Und mein Aussehen. Patrick ist viel zu hübsch für mich.Am nächsten Tag stehe ich eher widerwillig auf, doch schleppe mich schließlich doch mit frischen Klamotten in mein Bad. Die Gefahr, das mein Bruder reinkommt, ist doch zu Groß. Im Spiegel betrachte ich meine roten, angeschwollenen Augen, unter denen, zu allem Übel, auch noch fette Augenringe prangen. Schnell neutralisiere ich sie mit ein wenig Wasser und ein wenig Pickel-Abdeck-Stift, der meine dunklen Ringe unter den Augen ein wenig Verdeckt.
Umgezogen, mit einem halben Marmeladentoast im Magen und meinem Rucksack auf meinem Rücken schwinge ich mich wenig später auf mein Skateboard. Meine Eltern sind morgens nie da, weil die für ihren Job früh losmüssen. Nur mein Bruder ist da, da der erst dann losfährt, wenn er gerade noch so pünktlich kommt.
Der Wind weht in meinen Haaren und stoße mich vom Boden ab, sodass ich mit noch mehr Schwung weiter brettere. Links und rechts von mir zogen Bäume und Büsche vorbei. Es reicht nach Harz und Natur. Ein Ast streift meinen Oberarm und ich bekomme ein paar Kratzer ab, aber das ist mir egal. Es ist so schön hier.Wenig später halte ich vor der Schule an und schnalle mir das Board an meinen Rucksack. Dann drücke ich die Eingangstür auf und mache mich auf den Weg zum Klassenzimmer, wo wir als nächstes Fach Mathe haben. Im Flur stehen bereits die Mädchen, ein paar Jungs und abseits von den anderen Schülern noch ein Junge. Er lehnt an der Wand neben der Tor und starrt auf seine Schuhe. Er hat blaue Haare und trägt einen schwarzen Pulli, der ihm viel zu groß ist, und dazu eine Jeans mit mehreren, großen Löchern. Sein Gesicht kann ich nicht erkennen, da sein Blick immer noch auf den Boden gerichtet ist.
Ich kriege einen Stoß an der Schulter ab, als die Jungs-Gang von Patrick den Flur betritt. Es war Freddie. Doch mich beachten sie diesmal nicht, sondern steuern direkt auf den Blauhaarigen zu.
Er schaut auf, als Freddie was zu ihm sagt. In seinen braunen Augen blitzt Angst auf und er sinkt zu Boden. Sein Gesicht ist mit Tattoos bestickt und auch auf seinen Armen kann ich welche erkennen, als sein Ärmel ein wenig hochrutscht.
Dass Freddie ihm was nettes gesagt hat, kann mir keiner einreden. Ich lasse meinen Rucksack fallen und passe auf, dass er nicht zu laut landet, um die Aufmerksamkeit der Bande nicht auf mich zu ziehen.
Der Junge kauert sich am Boden zusammen und umschlingt seine Knie mit seinen Armen.
„Hey, Blauhaar!", dringt Sebastians Stimme durch den Gang und dann holt er mit dem Fuß auf und tritt gegen das Schienbein des Jungen. Dieser zuckt kurz zusammen, regt sich aber nicht.
„Keiner will dich hier, du Hässlon!", sagt Freddie. Seine Fußspitze knallt gegen den Arm des Jungen. Wieder keine Reaktion.
Ich koche vor Wut. Das können die doch nicht machen. Wütend gehe ich auf die Jungs zu. „Was bringt euch das, ihr Idioten?!", rufe ich und in Sekundenschnelle drehen sich alle vier zu mir um.
„Na, wen haben wir denn da", sagt Patrick mit einem bedrohenden Unterton in der Stimme und ballt seine Hände zu Fäusten.
Doch bevor er mich angreifen kann, betritt Mr. Blue den Gang und kommt auf uns zu.Patrick und die anderen lassen sich auf ihre Plätze sinken, während ich mich wieder auf den Stuhl vom ersten Tag sinken lasse. Überrascht bemerke ich, wie sich der Junge mit den blauen Haaren neben mich setzt.
„Hey, danke", flüstert er leise an mein Ohr und ich spüre seinen warmen Atem an meiner Schläfe.
Ich zucke mit den Schultern. „Ich habe nichts gemacht", finde ich und hole einen karierten Block aus meinem Rucksack.
Der Junge hält mir seine Hand hin, dessen Nägel in einem schwarzen Ton lackiert sind, und sagt leise: „Ich bin Thaddeus, aber bitte nenn mich Taddl, falls du nochmal mit mir reden solltest."
Ich nehme seine Hand und lächele. „Manuel, aber bitte nenn mich Manu, denn ich werde nicht nur einmal mit dir reden, denke ich."
Taddl grinst schief und hält meine Hand ein bisschen länger als nötig fest. Doch schließlich lässt er mich los und dreht sich nach vorne.
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CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳ
FanficManuel kommt auf seine neue Schule, da seine Familie umgezogen ist. Am dritten Tag findet er direkt einen neuen Freund, welcher, genauso wie er, schwul ist, doch Patrick und seine Bande bestehend aus Sebastian, Freddie und Felix machen ihm das Leben...