14. Jodies und Felix Treffen

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POV Manu
Hatte er gerade wirklich Tumor gesagt? Ich meine, das ist ja irgendwie auch ein YouTube-Spitzname von mir. Woher kennt er denn? Oder hat er das aus Zufall gesagt?
Taddl klopft mir auf den Rücken, damit ich aufhöre zu husten und fragt dann besorgt: „Alles okay?"
Schweigend greife ich nach meinem Handy und öffne wenig später Twitter. Ich werde es ihm jetzt sagen. Ich möchte nicht noch mehr lügen.
„Äh, Manu, was machst du da?", fragt Taddl mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Ich klicke auf meinen Account. Auf dem Bildschirm steht ‚Profil bearbeiten'. Dann reiche ich meinem Kumpel wortlos mein Handy.
Taddl betrachtet das Display und schaut mich kurz darauf ungläubig an. „D-du bist GermanLetsPlay?"

POV Jodie
Ich sitze auf meinem Bett und betrachte ein eingerahmtes Foto von Sebastian und mir, wo er mir einen Kuss auf die Wange drückt und ich glücklich lächelnd in die Kamera gucke. Ich habe es an unserem einwöchigen Jubiläum geknipst und genau am Tag der Party ist unser Einjähriges.
Plötzlich platzt mein Bruder Freddie ins Zimmer. „Räum mal den Geschirrspüler aus", brummt er.
„Warum ich?!", fauche ich und stelle das Bild wieder auf eins der Regale neben meinem Bett.
Freddie stößt die Tür ganz auf und lehnt sich gegen den Rahmen. „Weil ich es schon gestern Abend gemacht habe, als du dich in deinem Zimmer verkrochen hast!"
„Na, schön", gebe ich nach und rappele mich auf. Im Vorbeigehen schnappe ich mir noch mein Handy vom Schreibtisch und drücke mich an ihm vorbei. „Wehe, du rührst was an!"
„Ich doch nicht", grinst mein Bruder.
Die Augen verdrehend mache ich mich auf den Weg nach unten in die große Küche. Wir haben ist ein normal großes Haus, aber da unser Dad Koch ist, haben wir eine überdimensionale Küche und eine ebenfalls riesige, bis oben hin vollstopfe Vorratskammer.
Der Geschirrspüler ist bereits offen. Seufzend lege ich mein Handy auf eine Anrichte und mache mich als Ausräumen des Geschirrs.

Als ich fast fertig bin, brummt mein Handy und ich nehme es gespannt. Eine Nachricht von Felix. Mit gerunzelter Stirn öffne ich sie.

Felix

Hey..

Hey?

Ich muss dir was sagen..

Was ist denn? Schieß los!

Lieber persönlich..

Ja klar, okay. Wann und wo?

Jetzt? Nur, wenn es geht ...

Klar. Im Park Entensee?

Okay.

Bis dann.

Ja, bis gleich. Ich gehe jetzt los.

Ich auch.

Was Felix wohl will? Ich stecke mein Handy in die Gesäßtasche meiner Jeans und betrete den Flur. „Ich mache gleich weiter!", rufe ich die Treppe hoch und knalle kurz darauf die Tür hinter mir zu. Schlechte Idee, keine Jacke mitzunehmen. Abends ist es doch ein wenig frischer.

Fünf Minuten später komme ich am besagten Park an. Auf einer Bank sehe ich bereits Felix sitzen und gehe zögernd auf ihn zu. Er hat geweint, das sieht man ihm an. Ich setze mich neben ihm.
„Hey", sage ich leise und tippe ihm an.
Felix guckt mich an. „Hey", erwidert er und lächelt ein wenig.
„Warum sollte ich kommen? Und warum hast du geweint?", frage ich zögernd.
Der Junge neben mir holt tief Luft. „Beides aus dem gleichen Grund", murmelt er und stützt seine Unterarme auf seine Oberschenkel.
„Hat es was mit mir zu tun?", hake ich nach. Ist er in mich verliebt? Nein, wir waren nie mehr als Freunde. Und er hat sich auch nie anders benommen, als wir alleine waren, was auch ziemlich selten passiert ist.
„Ja ... Nein ... irgendwie schon ...", stammelt er und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen.
„Was denn jetzt?", lächele ich unsicher. Hat er doch Gefühle für mich? Er weiß, dass ich nur Sebastian liebe. Und Freddie würde ihn - sagen wir - nicht gut behandeln, wenn er sich dazwischen drängen würde. Auch, wenn er es nicht zeigt, findet er es doch gut, dass wir uns gefunden haben. Ich habe, als Sebastian das erste Mal bei Freddie zu Besuch war, direkt ein Auge auf ihn geworfen und Freddie hat mir neulich erzählt, dass Sebastian ihm auch dauernd damit in den Ohren gelegen hat, dass er mich kennenlernen möchte. Wir haben ihn also komplett genervt, bis er uns irgendwann in seinem Zimmer eingeschlossen hat, weil wir so nervig waren. Sebastian, mein Bruder und ich haben zuvor zu dritt gechillt und als Freddie aufs Klo musste, oder mir so tat, hat er uns eingeschlossen.
„Ich habe keine Ahnung", reißt Felix mich aus meinen Gedanken und seufzt. „Das ist ja das Schwere."
„Sag es einfach", murmele ich. „Bitte."
„I-ich bin bisexuell", erzählt Felix in seine vor den Mund gehaltenen Hände und hält sichtlich die Luft an.
„Sagst du es mir wegen Freddie? Weil er, naja du weißt schon, homophob ist?", frage ich nach einem kurzen Moment des Schweigens.
Zügig schüttelt Felix den Kopf. „Nein!", sagt er.
„Und worum dann?", hake ich nach.
Felix lässt mich ganz schön zappeln, doch schließlich fängt er wieder an zu sprechen: „Scheiße, ich kann das nicht!" Er springt auf und verschwindet wenig später, von meinen verdutzten Blicken verfolgt, von meiner Bildfläche.
„Wieso sagst du mir nichts?", frage ich leise. Ich muss langsam wieder los. Es ist schon fast dunkel draußen. Das angenehme Blau wird von roten und orangenen Streifen durchzogen. Am Horizont geht langsam die Sonne unter und die Farbe des Himmels vermischt sich mit der des eintreffenden Sonnenuntergangs.
Schmunzelnd stehe ich auf und verlasse den Park.

POV Manu
Ich schließe die Klokabine auf und betrete den Vorraum des Jungenklo. Wir haben gerade eine 5-Minuten-Pause. Vor dem Spiegel steht, auf das Waschbecken gestützt, Felix. Von seinem Kinn perlt ein Wassertropfen ab und tropft runter. Oder ist es eine Träne?
„Felix?", frage ich leise.
Erschrocken dreht sich der Junge rum und starrt mich an. „Was willst du?", faucht er.
„Alles okay?", hake ich nach und lehne mich an die Wand neben ihn.
Felix seufzt. „Nein, aber warum bist du überhaupt noch nett zu mir? Ich war schließlich nicht wirklich nett zu dir."
Ich stoße mich mit einem Bein von der Wand ab und gehe auf ihn zu. „Du warst immer der harmlose von den. Und wenn du reden möchtest, dann mach. Ich zwinge dich nicht."
„Ist deine Nase eigentlich wieder gut?", lenkt Felix vom Thema ab.
Na gut, dann gehe ich eben darauf ein. Immerhin muss er mir nichts sagen.
„Ich war nicht beim Arzt, aber sie tut nicht mehr wirklich weh, also denke ich, dass sie okay ist", erzähle ich und wende mich wieder von ihm ab. „Ich gehe mal wieder in die Klasse."
„Warte!", hält Felix mich zurück. „Ich habe eine Frage und nur du kannst mir helfen."

Hi, Leute! Ich wollte mich mal wieder bedanken! Danke, für 221 Reads, 56 Votes und 159 Kommentare! Ihr motiviert mich echt, weiterzumachen!

CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt