10. Ein Foto und eine Folge Minecraft

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POV Patrick
„Irgendwann bringe ich Taddl und alle anderen Schwulettchen noch um", knurrt Freddie. Er sitzt am Lenkrad und steuert in die Richtung von Felix Haus. Heute möchte ich nämlich mit zu diesem nach Hause, da meine Eltern es nicht so prickelnd fanden, dass ich mit so kurzem Abstand zweimal nachsitzen musste.
Es ist ein schwüler Nachmittag, nach der Schule sind wir mit dem Auto von Freddie nach Hause gefahren. Jodie ist anscheinend schon gegangen, nachdem sie erfahren hat, dass Manu im Krankenzimmer ist. Sebastian haben wir als erstes nach Hause gebracht, da er am nächsten an der Schule dran wohnt.
Ich sehe Felix an seinem Gesicht an, dass er ziemlich erschrocken ist, wegen Freddies Kommentar. Schnell reißt er sich zusammen und nickt bloß. Ich muss ihn fragen, warum er das gemacht hat. Und deswegen soll Freddie sich mal ein bisschen beeilen.
Endlich halten wir an Felix Haus und wir steigen aus und verabschieden uns von Freddie. „Tschüss!", rufe ich ihm so und Felix tut es mir gleich. Dann fährt er wieder davon.
Nachdenklich folge ich Felix ins Haus. Warum hat er so reagiert? Mag der Taddl etwa? Oder Manu? Nee, das kann nicht sein. Aber wenn er die beiden nicht mag, warum zögert er immer, wenn wir auf sie losgehen.
„Du, Felix?", frage ich und stoße meinem Kumpel meinen Ellbogen in die Seite, während ich meine Schuhe ausziehe und stelle sie in ein leeres Fach des Schuhschrankes, da ich weiß, wie sehr seine Eltern auf Ordnung stehen.
Dieser zuckt kurz zusammen, lässt sich aber nichts deutlich ansehen. „Hm?", erwidert Felix und stellt seine Schule neben meine.
„Warum hast du eben so komisch reagiert, als Freddie das mit dem Umbringen gesagt hat?", bohre ich nach und folge Felix die Treppe Koch in sein Zimmer.
„Habe ich gar nicht!", verteidigt Felix sich und lässt sich auf sein Bett fallen.
Ich setze mich neben ihn auf die Decke.
„Doch, hast du", sage ich ruhig und muss grinsen.
„I-ich muss mal aufs Klo", sagt er schnell, steht auf und verlässt das Zimmer.
Weiterhin grinsend gucke ich mich um. An seiner Wand neben der Tür sind einige Regale befestigt, auf denen eingerahmte Fotos stehen und mehrere hängen auch an der Wand. Sonst befinden sich noch ein Schrank, ein Schreibtisch mit Drehstuhl und ein Bett mit dunkelblauer Bettwäsche im Zimmer. Neben diesem steht ebenfalls ein Nachttisch, auf dem immer eine Lampe und eine Wasserflasche stehen.
Plötzlich fällt mein Blick auf ein Foto, welches ein wenig unter dem Kissen hervor guckt. Ich ziehe es heraus und gucke es an.
„Was machst du da, Patrick?", fragt die leicht zitternde Stimme von Felix aus Richtung der Tür.
Geschockt gucke ich auf. Mein Kumpel steht im Türrahmen und erwidert meinen Blick ebenso erschrocken.
„Felix? Ist das ...?"
„Wehe, du sagst es jemandem!"

POV Manu
Zufrieden lege ich mein Handy wieder beiseite.
Ich freue mich schon auf Sonntag. Bestimmt kann ich Taddl einige Sachen beibringen und wir werden gute Freunde. Ich bin zwar kein Skateprofi, aber ein paar Tricks kann ich schon. Und vielleicht werde ich ihm auch erzählen, dass ich schwul bin. Wenn er es nicht schon von der Bande erfahren hat. Oder von jemand anderen aus der Klasse. Aber soll ich ihm sagen, dass Jodie mir schon gesagt hat, dass er ebenfalls auf Männer steht?
Mein Handy meldet sich mit einer Nachricht von Michael.

Zümbl :3

Hey, Manu :) Kommst du in den TS? Meine Zuschauer haben Bock auf Minecraft.

Klar. Wer ist noch dabei?

Maurice. <3

Uii, ein Herzchen. Für Maurice?

Ja -_-

;)

Man, er ist mein bester Freund! Also kommst du jetzt auf den TS?

Jup

Bis gleich, du Killerschwein :3

Bis gleich, du Zimbelmann :3

Wenige Sekunden später warte ich darauf, dass mein PC hochfährt. Schnell schiebe ich noch einige Zettel und Hefte weg und ziehe meine Tastatur etwas näher ran. Dann tippe ich mit flinken Fingern mein Passwort ein und öffne den TS. Michael und Maurice sind schon online. Schnell joine ich ihnen.
„Hey, Leude!", begrüße ich die beiden. Sie erwidern den Gruß. „Was spielen wir?"
„Lass mal Murder spielen", schlägt Maurice vor.
Micha stimmt ihm zu. „Ja, okay." Nach ein paar Klicks auf seine Tastatur startet Zombey die Aufnahme. „So, Leute und herzlich willkommen zu einer kleinen Runde Minecraft Murder zusammen mit Manu ...", sagt er und wartet auf eine Begrüßung von mir.
„Hallo", sage ich mit meiner Tumorstimme.
„... und natürlich maudado!", beendet Zombey seinen Satz.
„Guten Tag!", begrüßt Maurice nun auch die Zuschauer.

POV Felix
„Möchtest du reden?", fragt Patrick leise. Ich kenne ihn schon seit dem Kindergarten und wir sind direkt beste Freunde geworden.
Ich ziehe meine Knie ein und schlinge meine Arme um diese. „Ich weiß nicht ...", murmele ich dumpf.
„Hey, du kannst mir alles sagen. Versprochen", verspricht mein bester Freund flüsternd und legt einen Arm um meine Schultern.
Ich drücke ihn weg, was ich jedoch keine zwei Sekunden später bereue, als ich sehe, wie verletzt Patrick aussieht. „Tut mir leid", murmele ich. „Aber ist die Situation nicht irgendwie klar?"
Patrick nickt nachdenklich. „Ich hätte nie gedacht, dass du auf ..."
Ich lege ihm einen Finger auf den Mund. „Lass es. Ich habe sowieso keine Chance bei ihm", sage ich und lehne mich gegen die breite Schulter meines besten Freundes.
„Ja, da hast du wahrscheinlich Recht. Aber du kannst es ihm wenigstens sagen", schlägt dieser vor und legt wieder seinen Arm um mich. Auch wenn es in der Schule so scheint, als wären wir nur Kumpel, stehen wir uns in Wirklichkeit ziemlich nah. Und zwar nicht nur Patrick und ich.
„Ich traue mich aber nicht!", rufe ich und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. „Er wird mich hassen. Und nicht nur er."
„Ich werde dich nie hassen dafür, Fellino. Ich finde zwar, dass Homosexualität falsch ist, aber ..."
Okay, das reicht sowas von. „Geh bitte!", sage ich.
„W-was?", stottert Patrick.
„Du hast mich schon verstanden!", sage ich etwas lauter und nehme meine Hände vom Gesicht.
„Nein, so meinte ich das nicht ...", erwidert Patrick Schnell.
Ich stoße seine Hand von meinen Schultern und fahre ihn an: „VERDAMMTE SCHEISSE NOCHMAL, GEH ENDLICH!" Mir schießen Tränen ins Gesicht. Nein, Felix, jetzt nicht auch noch weinen.
„A-aber, Felix ...!", stottert der Junge.
Ich hole mit einer schnellen Bewegung und knalle ihm eine.
Schmerzverzerrt hält Pat sich die Wange und starrt mich an. Dann verlässt er wortlos das Zimmer und schließt die Tür hinter sich.
Ich kauere mich auf meinem Bett zusammen und lasse den Tränen freien Lauf. Wie kann Patrick nur sowas sagen? Ich finde zwar, dass Homosexualität falsch ist. Den Satz hat er einem bisexuellen Jungen, der somit also auch halb homo ist, genau in die Fresse geklatscht! Wie kann man nur so dumm sein? Alles nur wegen Freddie ...

CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt