51.

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POV Palle
Entnervt drücke ich Kelly von mir weg, welche schon wieder mit ihren knallroten Lippen auf mich losgehen möchte, um mit ihrem Lippenstift irgendwo in meinem Gesicht lippenförmige Flecken zu hinterlassen. "Übertreib's nicht, ich muss auch noch manchmal atmen können", beschwere ich mich über ihre ständigen Kuss-Attacken und weiche etwas zurück, falls sie wieder auf die Idee kommt, ihre Bakterien auf mir zu hinterlassen. Dieses Mädchen kennt echt kein Erbarmen.
Schmollend verschränkt die Blondine ihre Arme vor der Brust und versucht möglichst süß zu mir hoch zu gucken. "Ich habe doch wohl das recht dazu, meinen Freund zu küssen", mault sie mit ihrem tschechischen Akzent und schnappt sich wieder meine Hand, um mich etwas näher zu sich ziehen. Ihre Lippen scheinen anscheinend wieder den Weg zu meinem Gesicht zu suchen, worauf ich gerade allerdings kein Bock habe. Nein, danke.
Ich reiße meine Hand von ihr los und entferne mich einige Meter von meiner anhänglichen "Freundin".
Sie versteht anscheinend nicht, dass ich kein Interesse an ihr habe, sondern sie bloß ausnutze um mir sicherzugehen, mich unter Kontrolle zu behalten. Meine Gefühle dürfen definitiv nicht wieder die Überhand gewinnen. Ich bleibe straight wie ein Strich. Ein äußerst grader Strich. Keine einzige Kurve! Nicht eine einzige! Das ist ja wohl hundertprozentig sicher. Zumindest bekomme ich durch meine "Beziehung" mit Kelly immer mehr die Überzeugung. Hoffe ich zumindest. Küsse und Berührungen eines Mädchens gefallen mir bestimmt immer noch so gut wie früher, aber Manus Lippen... Stop! Keine einzige Kurve, habe ich gesagt!
"Und ich habe das recht dazu, zu atmen", entgegne ich etwas fies, als ich schließlich beschlossen habe, meine Geste auch zu erklären, und fahre mir genervt stöhnend durch die Haare.
Kelly kichert, streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelt mich liebevoll an. "Natürlich hast du das, mein Schatz", nickt sie und küsst zärtlich meine Wange. Sofort verspüre ich das verlangen, mir über die Wange zu wischen, aber unterdrücke es aus Freundlichkeit.
Aber dann löst sie sich wieder und schaut mich prüfend von oben bis unten, und dann wieder nach oben an. "Was ist da eigentlich dran mit der Sache mit Manuel? Dass du angeblich schwul bist?" Beim Erwähnen der gleichgeschlechtlichen Liebe verzieht sie angeekelt die Lippen. Sie ist mindestens genauso eine Homophobe wie Freddie, nur dass er dies mit Fäusten zeigte und sie mit fiesen Beleidigungen. Beide haben null Akzeptanz bei dem Thema. Ihre Linien sind grade und wirklich ohne Kurven. Oke, ich sollte den Strich mal vergessen und mich auf die Antwort konzentrieren.
Ich starre sie ungläubig an. Glaubt sie den Mist etwa? Ich dachte die ganze Zeit, das alles wäre geklärt und alle hätten verstanden, was wirklich passiert ist. Was auch immer das ist. "Was? An der Sache ist gar nichts dran! Ich bin nicht schwul!", kläre ich sie auf. "Ich liebe einzig und alleine dich!"
Lüge!, schießt es mir durch den Kopf, aber das ignoriere ich, da ich kurz darauf Kellys Lippen auf meinen spüre, während sie ihre Arme auf meinen Schultern ablegt. Lächelnd bewege ich meinen Mund gegen ihren und lege die Hände um ihre Taille.
Doch irgendwas stimmt nicht. Das tolle Gefühl, welches ich bei unseren Küssen gespürt habe, wo wir das erste Mal zusammen waren, war nicht mal halb so stark vorhanden. Es ist mir eher etwas unangenehm und fühlt sich komisch an. Ja, es ekelt mich beinahe an..
Das darf doch nicht wahr sein!
Erschrocken schubse ich Kelly leicht von mir, woraufhin sie mich verdattert und etwas wütend anstarrt. "Spinnst du?", fragt sie angepisst.
"Äh, w-wir müssen... in die K-Klasse", erkläre ich schnell und mache mich auf die Socken ohne ihr auch nur einen weiteren Blick zuzuwerfen.
Ekel! Warum verspüre ich Ekel beim Kuss mit einem Mädchen? Hat sich meine straighte Linie etwa für eine Abzweigung entschieden? Das kann doch nicht sein. Niemals bin ich schwul oder bisexuell und sowas. Patrick Mayer und schwul? Das passt einfach nicht zusammen.
Vor mir sehe ich Felix in Richtung Schule laufen. Plötzlich bekomme ich eine grandiose Idee, weshalb ich schnell an Tempo zunehme und schließlich neben ihm her gehe. "Hey", begrüße ich meinen besten Freund.
Felix grinst mich an. "Na, heute mal nicht mit deiner zweiten Hälfte zusammen?", kichert er.
Lachend verdrehe ich die Augen und verpasse ihm einen freundschaftlichen Stoß mit der Schulter. "Spinner", gackere ich und versuche mich schnell wieder zusammenzureißen, was auch nach einigen Versuchen klappt. Dann räuspere ich mich und frage möglichst beiläufig, ob er heute Nachmittag Zeit hätte. "Wir könnten zocken und dann... könnte ich dich auch noch was ernstes fragen", schlage ich vor, wobei der zweite Teil des Satzes etwas nuschelnd aus mir rauskommt.
Zögernd nickt Felix. "Klar, komm einfach nach der Schule mit zu mir, okay?", fragt er und lächelt mir etwas zu, als hätte er diese Frage nicht erwartet. Zu meinem Glück sagte er nichts zu der 'ernsten Frage', die ich ihm stellen würde.
"Geht klar", grinse ich und schlage mit ihm ein. Dann kommen wir auch schon vor der Klasse an, wo sich unsere Wege dann trennen, weil ich wegen der neuen Sitzordnung ganz vorne sitze, wo die Lehrer mich gut im Blick haben, und er in der vorletzten Reihe seinen Platz hat.
Hoffentlich wird Felix meine Frage beantworten. Ich muss einfach meine Sexualität herausfinden, da ich mir nicht mehr sicher bin, ob meine Linie nicht doch ein paar Abzweigungen genommen hat.

Etwas länger als die anderen Kapitel :3 Ich schnuppere Kürbistumoooor xD

CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt