55.

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Plötzlich höre ich eine wütende Stimme die mir irgendwie bekannt vor kommt, allerdings kann ich sie nicht direkt zuordnen, da ich fast weggenickt wäre, weil ich durch die ganze Aufregung auf Grund des Treffens kaum geschlafen habe. Erst als Patrick sich eilig von mir löst, schlage ich meine Augen auf und sehe hoch zu der Person, welche uns heimtückisch angrinst.
"So ist das also", grinst Freddie und verschränkt die Arme vor der Brust. "Der Patrick ist also auf's andere Ufer gewechselt."
Ohne in der Lage zu sein, was zu erwidern, starre ich den Älteren bloß stumm und verzweifelt an. Scheiße, scheiße, scheiße, warum ausgerechnet er?
Während ich immer noch keinen Anschein mache, etwas zu entgegen, steht Palle auf, wodurch Freddie einige Schritte zurück gehen muss. "Es ist nicht das, wonach es aussieht und ich bin nicht schwul! Außerdem haben wir uns hier nur z-zufällig getroffen."
Den ersten Satz konnte Patrick noch halbwegs glaubwürdig rüberbringen, aber beim zweiten klingt er ziemlich unsicher und stammelt etwas. Zusätzlich ist die Erklärung, warum wir hier so aneinander gekuschelt auf der Bank saßen, auch nicht wirklich überzeugend.
"Ach", belustigt hebt Freddie eine Augenbraue und betrachtet sein Gegenüber, "und deswegen müsst ihr so öffentlich auf einer Bank rumschwulen? Ist ja ekelhaft." Angeekelt verzieht er das Gesicht und spannt deutlich seine Muskeln an.
Ängstlich ziehe ich die Beine an und knabbere auf meiner Unterlippe rum, während ich meinen Blick auf meine Schuhe gerichtet habe.
Wird Freddie jetzt wieder gewalttätig? Dann haben wir wirklich ein Problem. Aber würde er wirklich in der Öffentlichkeit handgreiflich werden, wenn uns mehrere Passanten direkt zur Hilfe eilen könnten? Das könnte für ihn gefährlich ausgehen, immerhin ist er schon strafmündig und kann in den Jugendknast kommen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass er dieses Risiko eingehen würde, um uns zu verletzen und 'die Menschheit vor Homosexualität zu retten'. Zutrauen würde ich es ihm.
"Ich bin nicht schwul, Freddie, ich habe eine Freundin!", knurrt Patrick und spannt nun ebenfalls die Muskeln an.
Autsch, mein Herz. Das tut weh.
Verächtlich hebt Freddie eine Augenbraue. "Hast du dir diese Schlampe Kelly wiedergeholt, oder was? Die wird dich doch eh wieder betrügen."
"Du hast nicht das recht, so über meine Freundin zu reden!", faucht Palle und baut sich vor Freddie auf, was allerdings nicht sonderlich viel bringt, da dieser ihn immer noch knapp einen halben Kopf überragt.
Ich merke förmlich, wie mein Herz bei seinen Worten bricht. Das tut so unfassbar weh.
"Nunja, mal schauen, wie lange sie deine Freundin bleiben wird, wenn sie das hier sieht", grinst Freddie fies und zeigt Palle sein Handy. Ich kann nicht erkennen, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, allerdings scheint es nicht gerade was positives zu sein, da Patricks Gesicht weiß anläuft, als er auf das Display sieht.
"Lösch das, du Idiot", verlangt der Braunhaarige und versucht nach Freddies Handy zu greifen, allerdings bringt dieser es schnell aus Palles Reichweite. "Das habe ich nicht vor. Sagen wir es so, solange ich im Besitz dieses Fotos bin, wirst du alles machen, was ich sage, weil du sonst genauso endest, wie diese Missgeburt da." Als ich meinen Kopf hebe, sehe ich, dass Freddie in meine Richtung nickt, weshalb ich schnell wieder weggucke und versuche, meine aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Mit Schimpfworten konnte ich noch nie so richtig umgehen.
"Nenn ihn nicht so", droht Patrick und geht einen bedrohlichen Schritt auf Freddie zu, welcher allerdings kaum zurück weicht oder Angst zu haben scheint. Ich merke, wie mein angeknackstes Herz sich wieder etwas zu flicken scheint und ich etwas rosig werde, was sich zum Glück aber schnell wieder legt.
"Was willst du machen, Patrick?", fragt Freddie verächtlich. "Sobald du mich auch nur mit deinem schwulen-verschmutzten Körper berührst, landet dieses Foto auf dem offiziellen Schul-Instagram-Account, wo es jeder sehen kann." Mit einem siegessicheren Lächeln betrachtet Freddie Patrick von oben bis unten und schaut dann wieder zu ihm, ehe er ein gezischtes: "Du bist vollkommen wehrlos." von sich gibt.
"Warum tust du das?" Patricks Stimme scheint nun etwas zurückhaltender, wenn nicht sogar ängstlicher. Er hat keine Lust, so ein Leben zu führen, wie ich, bevor ich mich mit Jodie und Taddl und Ardy angefreundet habe. Auch wenn das mit Jodie jetzt wahrscheinlich endgültig vorbei ist. Sie scheint anscheinend genauso das Interesse an einer Freundschaft verloren zu haben, wie ich.
Freddie gibt einen belustigten Laut von sich und hebt eine Augenbraue. "Ich quäle diese hässlichen Missgeburten von Homos eben gerne. Genauso wie du es früher gemacht hast. Werd wieder normal, Patrick!", faucht er und verengt die Augen zu Schlitzen.
"Ich bin normal. Ich habe mich geändert, aber das war einzig und allein meine Entscheidung und ich sehe ein, dass es scheiße war, andere wegen ihrer Sexualität zu mobben. Man kann nicht beeinflussen, auf welches Geschlecht man steht, also macht es keinen Sinn, die Personen dafür zu 'bestrafen'." Beim letzten Wort malt er mit seinen Fingern Gänsefüßchen in die Luft.
Mit offenem Mund schaut nicht nur Freddie, sondern auch ich ihn an. Ich dachte immer, dass Patrick immer noch was dagegen einzuwenden hat, aber sich bei mir Mühe geben will, weil er unsere Freundschaft nicht verlieren möchte, aber stattdessen hat sich seine Meinung gravierend geändert.
"Du bist doch komplett bescheuert. Geh verrecken, Patrick Mayer", knurrt Freddie und spuckt Palle vor die Füße, ehe er auf den Absatz kehrt macht und aus dem Park verschwindet.
"P-Palle?", wage ich irgendwann, meinen Mund aufzumachen. "W-was war auf dem F-Foto?"
Seufzend lässt Palle sich neben mich auf die Bank fallen. "Ich habe.. dir als du im Halbschlaf warst ganz vielleicht einen kleinen Kuss auf den Kopf gegeben.. und davon hat er ein Foto..."
Erschrocken sehe ich ihn an. "Patrick, wenn das jemand sieht, bist du geliefert!"
Zerstreut nickt Palle und vergräbt das Gesicht in den Händen. "Ja, kann sein..."
Innerlich fasse ich einen Entschluss. Ich weiß, dass es mir wehtun wird, aber ich kann Patrick so etwas nicht antun. Ich will ihm helfen. Ich kann nicht anders.
"Patrick?", fange ich leise an und fange an, meine Finger ineinander zu verknoten und wieder zu lösen. Ich warte, bis der fragende Blick der Person neben mir auf mir liegt, bevor ich fortfahre: "Ich habe nachgedacht und ich finde.. wir sollten keine Freunde mehr sein. Ignorier mich einfach. Wenn jemand das Foto sieht, dann-"
"Willst du mich verarschen?", unterbricht Patrick mich und dreht mein Gesicht zu sich. "Das ist doch unwichtig."
"Ich will aber nicht, dass du gemobbt wirst!", entgegne ich und stehe energisch auf. "Es fällt mir schwer, aber ich finde keinen anderen Weg. Lebewohl, Patrick." Ich senke meinen Kopf und mache mich traurig auf dem Weg, aus dem Park raus. Und dann merke ich, wie mir die Tränen in die Augen schießen.

Uffff.. am Ende haben meine Finger alles von alleine geschrieben. xD
Danke an Toney_the_Wolf, denn ohne dich wäre das Treffen langweilig geworden. xD
Danke für die Ideen, mein Idol :3 Hab dich lieb💛

CAN'T YOU SEE? ᵏüʳᵇⁱˢᵗᵘᵐᵒʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt