Es ist nun eine Woche vergangen in der mein Leben total aus dem Ruder lief. Morgen ist der zweite Mai. Es wird einer der schwersten Tage der mir noch bevorsteht. Die Beerdigung.
Ich gehe rüber zu Lous Bücherregal und ziehe das Briefbuch heraus um das letzte Kapitel zu lesen.
Ich glaube ich bin jetzt bereit dafür. Der Tag neigt sich dem Abend und draußen fängt es an zu dämmern obwohl die Tage mitlerweile schon etwas länger geworden sind. Jetzt liege ich mit dem Buch auf dem weichen Sofa, schmeiße die Decke über mich da es mir in der karierten Boxershorts und Tims T-Shirt doch langsam zu frisch wird, wobei die Sonne schon ordentlich Kraft hat. Vor allem wenn sie durch das große Fenster strahlt. Aber jetzt wo die Sonne sich versteckt hat friere ich ein wenig. Ich öffne das Buch und blätter bis zu der Seite die noch ungelesen ist. Ich hole tief Luft und beginne die ersten Zeilen zu lesen.sofort merke ich, wie sich schon wieder Tränen in meinen Augen sammeln. Weit komme ich allerdings nicht, da es plötzlich an der Tür klopft. Genervt stehe ich auf und gehe Richtung Tür. Noch nicht ganz angekommen rufe ich: "Tim verpiss dich endlich und lass mich in Ruhe." In letzter Zeit steht er oft vor der Tür und möchte mit mir reden. Für mich gibt es allerdings nichts mehr zu reden, obwohl mein Herz immer noch an ihm hängt. Anfänglich hat er geklingelt aber nachdem ich die Klingel einfach ausgestellt habe und jeden Versuch des Wiedersehens gekonnt vermieden habe, wartete er immer öfter auf einen der Hausbewohner, der ihm Zutritt ins Treppenhaus gewährt.
Es klopft ein weiteres mal. "Lou bist du da?" Verdutzt muss ich schlucken. Ich kann die Stimme nicht zuordnen und frage mich ob das ein geschmackloser Scherz sein soll ?
"Wer ist da?" Will ich wissen. Doch es ertönt nur ein : " Mach mal bitte die Tür auf."
Normalerweise würde ich einem Fremden niemals die Tür öffnen. Ich bin viel zu schissig und vermute immer gleich einen Serienmörder oder Vergewaltiger. Aber was habe ich noch zu verlieren? Im schlimmsten Fall wandert meine Seele in den Himmel. Mit einem Ruck öffne ich die Tür und stehe wie versteinert da. "Lou?" Sieht mich der Typ fragend an. Als ich meine Fassung zurück erlange antworte ich kühl "Lou ist nicht hier, du bist zu spät!" Und knalle die Tür vor seiner Nase zu. Das kann doch nicht sein verdammter Ernst sein. Mein Blut kocht in meinen Adern. Jetzt? Warum jetzt? Jetzt wo es zu spät ist? Ich komme grade nicht drauf klar. Paddy Kelly steht vor Lous Tür? Vor etwa neun Monaten als sich Lous Situation verschlechtert hat habe ich mir ein Herz gefasst und eine Nachricht an Paddys Facebook Account gesendet. Sie hat mich nie darum gebeten aber ich wusste dass sie seine Musik liebte und ihr Hoffnung gab. Des öfteren sprach sie davon, ihn gerne mal treffen zu wollen um mit ihm zu reden. Nicht dieses Fangedöns von wegen: er wär so geil, sondern über die Hintergründe der Musik und die Erkenntnisse des Lebens die er gewonnen haben soll. Zusammen war ich mit ihr auf einigen Konzerten und fand die Musik auch nicht schlecht, allerdings war ich aber auch nicht so angefixt dass ich mir seine CD hätte nonstop anhören müssen.
Aber da sie aus den ganzen Songs soviel Kraft schöpfte dachte ich, ich sollte einfach einen Versuch starten. Klar ist mir bewusst dass er ne Menge Nachrichten von Fangirls bekommt und meine Chancen gleich null sind. Trotzdem verfasste ich eine Nachricht:
Hallo Paddy oder MPK-Team,
mir liegt da etwas sehr am Herzen worum ich in dieser Nachricht bitten möchte. Ich bin mir im klaren darüber, dass euch solche Anliegen zu Hauf erreichen aber ich bitte darum diese Mail wenigstens bis zum Ende zu lesen.
Kurz zur Situation:
Es geht hier nicht um mich sondern um meine beste Freundin Lou. Leider ist sie vor einiger Zeit sehr schwer an Brustkrebs erkrankt und es sieht leider nicht sehr gut aus obwohl anfänglich eine gute Prognose gestellt wurde, haben sich Metastasen gebildet. Sie liebt deine Musik und schöpft immer viel Kraft und positive Energie aus ihr. Für sie scheint es mehr als nur Musik zu sein und würde unheimlich gerne mal mit dir sprechen, über das Leben, die Hoffnung und alles was dazugehört.
Natürlich weiß ich, dass du ein sehr beschäftigter Mann bist, der sicherlich keine Zeit findet sich mit seinen Fans auf einen Kaffe zu treffen und über das Leben zu fachsimpeln. Aber hier geht es nicht um einen Kaffee sondern um die Erfüllung eines letzten Traums.
Klar wäre ein persönliches Treffen der Knaller, jedoch würde sie sich sicher genau so über einen Anruf oder eine private Nachricht freuen. Wenn es dir wirklich wichtig ist zu wissen, was du mit deiner Musik bewirkst und welche Lebensgeister du weckst solltest du dir diese Begegnung nicht entgehen lassen.
Nun hoffe ich, dass diese Nachricht nicht im Papierkorb landet.
Liebe Grüße TildaAnbei habe ich noch persönliche Daten wie E-Mail Adresse, Handynummer und Adresse gesendet. Bis zum heutigen Zeitpunkt habe ich keine Rückmeldung erhalten. Und dann öffne ich die Tür und er steht da? Eine Woche zu spät? Jetzt könnte ich einen Boxsack echt gut gebrauchen. Ich werfe mich zurück auf das Sofa, drücke mein Gesicht in das Kissen und schreie so laut ich kann. Nach einiger Zeit beruhige ich mich wieder. In Gedanken spreche ich zu Lou:" So ein Idiot, taucht einfach zu spät auf. Ich weiß wieviel es dir bedeutet hätte, das macht mich einfach so unglaublich sauer." Schon wieder kann ich meine Tränen nicht bändigen, die machen auch einfach was sie wollen. So langsam bin ich schon genervt von mir selber und meinem ständigem rumgeheule. Ich komme mir dumm vor. Ist es nun Selbstmitleid oder einfach tiefe Trauer die ich empfind?
Was würde ich darum geben wenn Tim jetzt hier wäre und ich mich fallen lassen könnte aber nein, dieses Arschloch hat seine Hormone nicht unter Kontrolle und schnappt sich gleich die nächst beste um sie sich klar zu machen. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich wirklich ganz alleine auf dieser großen weiten Welt bin. Das führt, by the way, nicht dazu, dass meine Tränen aufhören zu kullern. Entschlossen gehe ich zum Kühlschrank hole mir eine Flasche Cola heraus und den Whiskey aus der Vitrine. Ich schütte mir den Whiskey ins Glas und gebe ein Schuß Cola hinzu, für die Farbe. Ich höre Lous Stimme in meinem Ohr, "gute Mische honey!" "Like always", säusel ich vor mich hin und nehme einen großen Schluck. Danach schnappe ich mir Lous ipad und suche auf YouTube nach Michael Patrick Kelly um mir einige der Songs mal genauer anzuhören. Während ich den Liedern lausche trinke ich meinen Whiskey, bis mir irgendwann die Augen zufallen und ich mich für eine Zeit aus der Realität verabschiede.
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There is hope
FanfictionEin dramatischer Schicksalsschlag stellt Tildas Leben total auf den Kopf. Sie verliert sich in ihrer Trauer und gibt sich selbst auf. Ob eine unerwartete Begegnung ihrem Leben wieder einen neuen Glanz verleihen kann? Ihr dürft mir gerne Feedback dal...