"Hast du einen Moment? Ich würde dich gerne etwas fragen", nehme ich seine warme Stimme wahr. Unsicher schweift mein Blick zu Paddy. "Was gibt's?" frage ich gespielt cool. "Ich würde gerne wissen, was an dem Tag los war." "Es war ein scheiß Tag", gebe ich zurück. Er wirft mir einen skeptischen Blick zu: "Das reicht mir nicht"
Das reicht ihm nicht?! Langsam lodert das Feuer wieder in mir, Wut steigt in mir auf. "Sorry, aber ich befinde mich bei der Arbeit, nicht grade der richtige Zeitpunkt Privatangelegenheiten zu klären."
"Ich habe Zeit. Wann hast du Feierabend?", fragt er mich eindringlich. Bei einem Blick in seine Augen muss ich feststellen, dass sie verdammt sexy sind. Schnell sammel ich mich wieder und antworte kühl : "sobald der letzte Gast gegangen ist." "Okay, in der Zeit nehme ich noch zwei Bier,diesmal bitte vom Fass!"
Ich zapfe das Bier in die Gläser als ich bemerke das Lukas Augen zu fallen."Hey,Luke! Du solltest dich auf den Weg ins Bett machen!" grinse ich frech. "Mhh" stößt er hervor. Als ich die Bier vor Paddy abgestellt und zwei Striche auf den Deckel geschrieben habe , geh ich zu Lukas rüber und ziehe leicht an seinen langen Haaren die er im Nacken zu einem Zopf gebunden trägt. "Jaaaa Mama, ich geh ja schon" erhebt er sich von dem Hocker und schließt mich in seine Arme. "Gute Nacht, Lieblingskollegin" säuselt er mir leicht verpeilt in mein Ohr bevor er durch die Küche verschwindet. Ein glückliches Pärchen betritt die Bar und setzt sich an einen Tisch, in der hintersten Ecke. Wahrscheinlich wollen sie nicht beobachtet werden. "Es kann noch dauern" , sage ich genervt zu Paddy. Er grinst nur und schiebt mir das zweite Bier rüber. "Cheers" . Ich hebe das Glas und nicke ihm zu bevor ich ein Schluck daraus nehme. " Ich mach mich los" erhebt sich seine Begleitung mit der er die ganze Zeit über irgendwelche Musik diskutiert hat. Habe das alles nicht so mitbekommen, da Lukas und ich in unserem Gespräch vertieft waren. Tja, jetzt steh ich hier, hinter meinem Zapfhahn und überlege wie ich aus der Nummer wieder rauskomme. Schon eine bizarre Situation. Gefühlt jedes zweite Mädel würde sich ein Loch in den Bauch freuen wenn sie an meiner Stelle wäre und ich habe eher Angst. Angst, dass mich die Vergangenheit einholt. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht was passieren wird. Entweder, breche ich zusammen oder, ich raste aus. Vielleicht sollte ich ihm einfach sagen, dass das heute keine gute Idee ist. Aaahhh ich bin überfordert. "Tilda, legst du den Deckel weg? Ich zahle morgen" stört Martin meine Gedanken und verlässt das nette Stübchen. Okay, langsam wird es ernst. Nur noch die zwei Turteltäubchen in der hintersten Ecke, die schon eine ganze Weile mit zwei BierCola auskommen, und wir beide. In dieser Situation fühle ich mich sichtlich unwohl und fahre mir mit meiner Hand ständig durchs Haar um meine gelösten Strähnen aus dem Gesicht zu bekommen. Schließlich fasse ich mir ein Herz und versuche ein Gespräch aufzubauen, da ich die Stille nicht mehr ertragen kann.
" Was führt dich hier her?", will ich wissen "War 'ne Empfehlung von einem Kumpel, Jannis, falls dir der Name was sagt,er meint, hier kann man ganz in Ruhe ein Bier trinken." "Japp, da hat der Jannis recht, kein Starrummel" blitzt es aus meinen Augen. "Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du nicht gut auf mich zu sprechen bist?!" Äußert er mit ernster Miene. "Blitzmerker" nuschel ich, während ich mich umdrehe um zwei neue Bier einzulassen. Er wirkt nachdenklich und sagt: "Schon merkwürdig, dass wir uns gar nicht kennen und du mich am liebsten mit deinen Blicken töten würdest."
"Don't judge me until you've walked in my shoes" fahre ich ihn an. Er hebt eine Augenbraue: "Also Lady, i never judge anyone und jetzt ist es Zeit zu reden." Er steht auf und lukt um die Ecke in der das Pärchen die Finger nicht voneinander lassen kann.
"Sorry guys, aber wir schließen." Verdutzt gucke ich Paddy hinterher.
Das Mädel schreckt zusammen und lenkt sofort ein: " Ähm, ja klar. Wir kommen nach vorne um zu zahlen." Als die beiden den Laden verlassen haben zöger ich kurz ob ich jetzt hinterher laufen soll um abzuschließen? Mich mit einem fremden Mann in der Keipe einzuschließen, komnt mir ziemlich verrückt vor. Kurzerhand entschließe ich mich aber dafür, gehe zur Tür und drehe den steckenden Schlüssel um. Paddy schlägt vor in eine der Sitzecken zu gehen um in Ruhe reden zu können. Ich stimme dem Vorschlag zu
" Such dir einen Platz, bin sofort da." Nervös husche ich hinter die Theke, drehe die Musik etwas leiser und nehme die zwei Bier mit. Jetzt wird es ernst. Eigentlich weiß ich auch gar nicht was ich sagen soll. Augen zu und durch,ich gehe zum Tisch, stelle die Gläser ab und lasse mich gegenüber von ihm, auf die Bank fallen. Mit fragenden Blick sieht er mich durchdringlich an, seine Augen ziehen mich in den Bann. "Jetzt schieß mal los." fordert er mich auf. Ich muss tief Luft holen, denke kurz nach und finde einfach keine Worte. Cleverste Methode in so einem Fall ist eine Gegenfrage, lobe mich quasi selbst für diesen grandiosen Einfall. "Womit?" frage ich unschuldig. Er legt den Kopf etwas schief und schaut mich ernst an: " was habe ich dir getan? Ich kenne dich nicht einmal." Schnell, noch eine Gegenfrage forder ich mein Gehirn auf. "Warum warst du bei Lou?", frag ich ihn schwer schluckend. Jetzt habe ich seinen Blick fest fixiert. "Das ist eine ziemlich private Angelegenheit, ich weiß nicht wie du zu ihr stehst und möchte ihre Geschichte ungern breittreten."
"Fair play", pflichte ich ihm anerkennend bei.
"Now, its your turn!", fordert er mich auf. "Wie bist du an sie geraten?", versuche ich es noch einmal. Paddy mustert mich mit einem grinsen: " bist du eifersüchtig?" Jetzt scheint das Gespräch in die falsche Richtung zu laufen. Eifersüchtig? Was glaubt er denn wer er ist? "Falsche Frage", fauche ich ihn an, "eifersüchtig darauf, dass du zu ihr wolltest und nicht zu mir? Träum weiter! Was Leute wie du sich einbilden! Nur um das mal klarzustellen, ich bin keine deiner Groupies." Seine Augen werden größer, er scheint mit so einer Antwort nicht gerechnet zu haben. Schnell setze ich das Bier an und trinke es halb aus um meine Wut runterzuspülen. Irritiert wagt er noch einen Versuch : " young Lady, ich wollte dich nicht blöd von der Seite anmachen. Jetzt musst du aber auch mal sehen, dass ich völlig ahnungslos bin und die Situation gerne klären würde." In mir kippt die Stimmung, das ist hier grade echt zu viel für mich. Panisch bemerke ich, dass sich meine Augen glasig anfühlen. "Lou ist mein Herzensmensch", teile ich mit zittriger Stimme mit. Plötzlich scheint es ihm wie Schuppen von den Augen zu fallen: "also hast du..?". Bevor er die Frage zu Ende stellen kann, nicke ich während mir eine Träne über die Wange läuft. Er legt seine Hand auf meine,die auf dem Tisch ruht, um mich zu trösten. Schnell ziehe ich sie weg. " Bitte nicht", flüstert ich kaum hörbar. "Warum? Warum bist du so spät?", frage ich ihn und sehe ihm tief in die Augen. Mitlerweile ist es mir egal, dass ich hier heulend sitze. Ich habe versucht wütend zu sein und doch gewusst, das meine innere Stimmung kippen würde. Wenigstens kann ich mich auf mich verlassen.
Betroffen sieht er zu mir rüber: " es tut mir Leid, ich wusste nicht..- ich weiß grade nicht was ich sagen soll." Jetzt tut er mir Leid. "Schon gut", bringe ich ihm mit einem gestelltem Lächeln entgegen. Erschrocken darüber, wie schnell man sich in die Vergangenheit zurück katapultieren kann, stehe ich auf. "Bin gleich wieder da, muss mal grade für kleine Mädchen", teile ich ihm mit und verschwinde.
Ich stehe vor dem Waschbecken und atme tief in meinen Bauch. Mein Blick bleibt an meinem Spiegelbild hängen. Jämmerliches, kleines Mädchen, denke ich. Drehe den Wasserhahn auf und forme mit meinen Händen eine Schale um fließendes Wasser zu sammeln und es mir ins Gesicht zu schlagen. Das tut richtig gut. Nachdem ich mein Gesicht abgetrocknet habe, mache ich mich auf den Weg zurück.
Wieder am Tisch setze ich mich zurück auf meinen Platz und bemerke, dass Paddy total in Gedanken versunken ist. "Sorry", sage ich und senke meinen Blick auf die Tischplatte. Er grinst zaghaft und meint: " ach kein Problem, wenn man muss, muss man eben ." Ein Lächeln huscht über meine Lippen. "Nein, mal im Ernst. Manchmal bin ich eine richtige Zicke. Im Endeffekt habe ich gar nicht damit gerechnet, dass irgendeine Reaktion auf die Mail kommt, geschweige denn ein persönlicher Besuch. Aber ich habe es halt so sehr gehofft." Er nickt verständnisvoll und erwidert: "sieh an, die fauchende raubkatze gibt es auch in sanft! Es ist schon okay, ich weiß wie es ist wenn man eine schwere Zeit durchmacht." Was passiert hier grade mit mir? Im ersten Moment hätte ich ihn am liebsten getötet, dann fand ich ihn ganz sympathisch , im nächsten Moment hätte ich ihm wieder die Augen auskratzen können. Und jetzt? Jetzt finde ich ihn eigentlich ganz nett.
" Ja, Lou hat mir so einiges über dein Leben erzählt", berichte ich.
Unsere Blicke treffen sich erneut und wieder muss ich mir eingestehen, dass diese Augen der Wahnsinn sind. "Hoffentlich springe ich jetzt nicht in das nächste Fettnäpfchen", sagt er sanft, " aber ich würde gerne mehr von der Dame erfahren, der es wichtig gewesen wäre einmal persönlich mit mir zu sprechen." Jetzt muss ich schlucken, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ich jetzt nicht über sie sprechen möchte. Mal ganz ehrlich, ich kenne ihn nicht soll aber mit ihm über meine verstorbene beste Freundin reden? Diese Situation überfordert mich. Andererseits würde es mir vielleicht gut tun mal über sie sprechen zu können? "Jetzt grade ist ein schlechter Zeitpunkt. Ich bin total aufgewühlt und es ist spät. Wenn es dich aber wirklich interessiert können wir gerne ein anderes mal darüber sprechen!" Somit gebe ich die Entscheidung ab und füge mich dem was da kommt.
Beiden Optionen wären für mich okay. Paddy wirft einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr :
" Wahrscheinlich hast du recht. Kann ja nicht jeder so eine Nachteule sein wie ich ", grinst er verschmitzt, "Donnerstag Abend?".
"Da bin ich hier. Wie wäre es mit Samstag?"
" Da muss ich arbeiten. Wie wär es mit Montag?", fragt er mich.
"Montag um 19 Uhr bei Lou zu Hause? Dann kann ich dir auch ein paar Fotos von ihr zeigen", schlage ich vor und versuche somit dieses hin und her zu beenden. "Halb acht, klingt perfekt", grinst er. Ich nicke. Einen kurzen Moment sitzen wir noch da und trinken unser Bier aus bevor ich aufstehe und die restlichen Gläser spüle. " Wie kommst du nach Hause?", will er wissen. "Ich nehme die Bahn"
Meine kleine Tasche hänge ich mir um, als wir den Laden verlassen. "Bis Montag", verabschiede ich mich. "Soll ich dich nicht lieber nach hause bringen?".
"Scheiße", fluche ich, " hab mein Handy liegen lassen. Ich laufe noch schnell rein. Und danke das ist lieb von dir aber ich bin schon ein großes Mädchen", zwinker ich ihm zu, " bis bald!"
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There is hope
FanfictionEin dramatischer Schicksalsschlag stellt Tildas Leben total auf den Kopf. Sie verliert sich in ihrer Trauer und gibt sich selbst auf. Ob eine unerwartete Begegnung ihrem Leben wieder einen neuen Glanz verleihen kann? Ihr dürft mir gerne Feedback dal...