Mein Leben plätschert die nächsten Tage weiter vor sich hin. Diese Begegnung allerdings, ist mir im Kopf geblieben. Ich lege alle meine Kraft darein, meine Schutzmauern wieder zu errichten, was nicht so einfach ist. Es ist als würden in mir zwei "Ich's" wohnen. Mein eines "Ich" ist cool, locker und ziemlich selbstbewusst. Diese Seite dominiert mein Leben momentan. Das andere "Ich" sitzt in meinem Herzen hinter verriegelter Tür. Manchmal schafft es mein wahres kleines "Herz-Ich" zu entkommen. Das passiert dann ganz plötzlich, sodass das "Harte-Ich" total überrumpelt ist und eine Zeit lang braucht um das "Herz-Ich" wieder einzufangen. Auch wenn ich alleine zu Hause bin oder nachts wach liege ist das Herz-Ich oft am Start.
Vielleicht weil das "Harte-Ich" eine Pause braucht und zu kraftlos ist die Tür verschlossen zu halten. Es ist ziemlich anstrengend mit zwei Ich's zu leben, aber so langsam habe ich mich damit arrangiert, nicht mehr eins zu sein.Mitlerweile ist es Montag. Die Sonne, die durch das Schlafzimmerfenster in mein Gesicht strahlt, weckt mich. Ich greife mein Handy was links neben mir im Bett geschlafen hat und von Tims T-shirt versteckt wird. Ja, ich kuschel abends immer noch damit und ja, ich vermisse ihn sehr. Mit einem müden Blick starre ich auf mein Handy. Oh, schon14:30 Uhr muss ich mit erschrecken feststellen. Ich schlüpfe aus dem Bett, um in die Küche zu gehen und die Kaffeemaschine einzuschalten. Mein Tagesrhythmus ist genau so gestört wie ich, denke ich und muss grinsen. Ich bin wirklich richtig froh, dass niemand in meinen Kopf gucken kann. Ob andere Menschen auch so komische Gedanken haben wie ich? Achselzuckend trinke ich den Kaffee aus und verschwinde im Bad.
Frisch geduscht, in ein Handtuch gewickelt, setze ich mich aufs Sofa um mich ein bisschen mit meinem Handy zu beschäftigen. Endlich werden meine Gedanken leiser. Plötzlich durchfährt mein Körper ein Geistesblitz. Heute ist Montag. Hastig springe ich auf, werfe mich in eine bequeme Jogginghose, Tims Shirt, welches ich übrigens noch nie gewaschen habe, seit ich es mitgenommen habe. Ich weiß, ziemlich eklig. Mein Blick schweift durch die Wohnung, auch eklig. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich heute Besuch bekomme, denke ich. Es wird nämlich echt Zeit dieses Chaos mal zu beseitigen. Kurzerhand schalte ich die kleine Anlage ein. "..und ich wollte noch Abschied nehmen..", klingt Xavier aus den Boxen. Mein "hartes-Ich" protestiert bis ich andere Musik einlege. Nach zweieinhalb Stunden bin ich zufrieden mit meinem Werk. Es duftet frisch und die Wohnung glänzt. Mein Magen meldet sich, den muss ich vorher überhört haben. Ich schnappe mir eine Banane aus der Küche, die mein Loch im Bauch füllen soll. Essen ist momentan nicht meine Lieblingsbeschäftigung.
Es ist kurz nach sechs und so langsam macht sich Nervosität in mir breit. Mit einem prüfendem Blick begutachte ich das Wohnzimmer bis er an dem großen Bild über dem Esstisch hängen bleibt. Ein Bild aus der guten alten Zeit. Es ist ein großes, gerahmtes Foto von Lou und mir. Man sieht uns von hinten, wie wir auf einer Düne sitzen und die weite des Meeres betrachten während der Sonnenuntergang unsere Seelen küsst. Das muss 2001 gewesen sein, als wir ein langes Wochenende in Hooksiel an der Nordsee verbracht haben. Die Vibration meines Handys holt mich zurück ins Hier und Jetzt. Es liegt auf dem Wohnzimmertisch. In diesen Momenten ist mein "hartes-Ich" immer sehr dominant und schaltet auf ignore. In dem kleinen roten Kreis , der die Anzahl der ungelesenen Nachrichten auf Whatsapp anzeigt, ist die Zahl 81 zu sehen. So dominant ist mein "hartes-Ich".
Ich öffne die Balkontür und trete hinaus. Es ist ziemlich heiß und die Sonne knallt direkt auf die gemütliche Sitzecke die Lou und ich, aus alten Europaletten, selbst gebaut haben. Lou liebte ihren Balkon. Leider muss ich gestehen, dass ich mich nicht um ihn gekümmert habe. Schnell ist der Staubsauger hervorgeholt. Innerhalb von einer halben Stunde sieht er aus wie neu.
Jetzt wird es aber auch echt Zeit mich anzuziehen.aber was soll ich denn anziehen?, frage ich mich selbst. Ich ziehe Lous himmelblaues knielanges Kleid aus dem Schrank und streife es über, bevor ich im Bad verschwinde um meine langen Haare zu bändigen die mitlerweile von der Sonne getrocknet wurden. Abschließend trage ich noch etwas mascara auf. "Done", sage ich zu mir selbst und tapse zurück ins Wohnzimmer. Aus dem Regal neben dem Fernseher krame ich ein Fotobuch hervor und blätter es durch, schließlich habe ich Paddy versprochen Fotos zu zeigen. Viele Schnappschüsse sind zu sehen. Hinter vielen dieser Bilder steckt eine Geschichte und bevor ich mich wieder in Gedanken verliere schlage ich das Buch zu. Aufgeregt laufe ich von einem Raum in den anderen und weiß nichts mit mir anzufangen. Immer wieder stelle ich mir die Frage ob ich so aufgeregt bin weil ich gleich über Lou sprechen soll oder vielleicht weil ich ihn wiedersehe. So ein Schwachsinn, denke ich und hüpfe vor den Spiegel im Flur. Mit großen Augen sehe ich mich ungläubig an.
Es klingelt. Ich laufe zur Gegensprechanlage. "Komm hoch", sage ich während ich den Knopf drücke der die Tür öffnet. Hastig eile ich ins Schlafzimmer, ziehe das Kleid aus und schlüpfe in windeseile in eine jeansshorts und Streife mir ein dunkelblaues T-Shirt über. Was ist nur in meinem Kopf vorgegangen, dass ich es echt in Betracht gezogen habe ein Kleid zu tragen ? Es klopft an der Tür."Komme", rufe ich. Schnell noch einen Spitzer Parfüm bevor ich die Tür öffne.
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There is hope
FanfictionEin dramatischer Schicksalsschlag stellt Tildas Leben total auf den Kopf. Sie verliert sich in ihrer Trauer und gibt sich selbst auf. Ob eine unerwartete Begegnung ihrem Leben wieder einen neuen Glanz verleihen kann? Ihr dürft mir gerne Feedback dal...