In meinem kleinen Apartment angekommen beschließe ich, erst einmal duschen zu gehen. Meine durchgeschwitzten Trainingssachen lasse ich langsam neben mir auf die dunklen Fliesen im Badezimmer gleiten. Schnell steige ich in meine kleine, aber dennoch ausreichende Dusche und drehe das warme Wasser auf.
Die feinen Wassertropfen gleiten ganz sanft über meine weiche Haut an meinem ganzen Körper. Sofort entspannen sich meine Muskeln, die am frühen Morgen schon einige Kilometer hinter sich gebracht haben.
Fertig mit der Waschprozedur lehne ich mich mit meinem Kopf gegen die kalten Fliesen und genieße noch ein paar Minuten die Wärme des prickelnden Wassers um mich herum.
Zugegebenermaßen eine Wärme die mir fehlt.
Eine Wärme die mir Jayden einst gab.
Ja, auch bei Jayden und mir lief es Mal anders. Er war nicht immer so ein Monster. Ich genoss es damals immer sehr wenn er sich von hinten an mich ran schlich, seine Arme um meine Hüfte schlang, seinen Kopf auf meinen Hals legte und mir ins Ohr hauchte, wie sehr er mich liebte. In diesen seltenen Momenten fühlte ich mich mit solch einer Wärme durchflutet und unendlich geliebt. Umso weniger konnte ich damals nachvollziehen, was aus uns geworden war, aus dem einst unschlagbaren Team, dem Traumpaar schlecht hin.
Ich wollte einfach nicht loslassen und hielt mich schon viel zu lange fest an den wenigen, guten Momente, die aber sehr schön und besonders für mich waren.
Leicht aufseufzend stelle ich das fließende Wasser ab und somit auch meine Erinnerungen an Jayden. Den Jayden, den ich geliebt habe.
Bibbernd ziehe ich mein großes Handtuch von der dafür vorgesehenen Stange, rubble mich damit ab und wickle mich darin ein. Ein kleineres Handtuch drehe ich zu einem Turban um meine nassen Haare herum.
Eingewickelt gehe ich zurück an meinen Kleiderschrank und suche mir Unterwäsche, ein einfaches T-Shirt und eine enge Jeans heraus. Gerade als ich meine Unterwäsche angezogen habe, werde ich durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Ein Blick auf den Display verrät mir, dass es Meine beste Freundin ist.
„Hey Liz", begrüße ich sie direkt und laufe mit dem Handy am Ohr zurück zu meinem Schrank. Dieser hat einen großen Spiegel an der Front, in dem ich mich genauer betrachte. Meinen schlanken, knochigen Körper, der viel zu wenig Muskeln besitzt. Dafür aber keine Hämatome mehr. Nur die übrig gebliebenen Narben blitzen je nach Lichteinfall hervor.
„Hey Ava, alles klar bei dir?", fragt sie mit ihrer typischen fürsorglichen Art. Allerdings höre ich in ihrer Stimme noch etwas anderes heraus, kann aber nicht genau definieren was es ist, weshalb ich meine Stirn in Falten lege.
„Was ist los, Liz?", bohre ich direkt eindringlich nach und setze mich im Schneidersitz auf mein Bett. Einen Moment ist es ganz still auf der anderen Seite der Leitung.
„Ach man, dir kann man auch nichts vormachen!", entfährt es ihr etwas barscher als beabsichtigt. Allerdings brabbelt sie gleich weiter munter drauf los und lässt mich nicht zu Wort kommen. „Eigentlich sollte es eine Überraschung werden, aber da du ja jetzt schon nach meinem wohl bemerkt ersten Satz Lunte gerochen hast, werde ich es dir verraten. Adam und ich werden dich am Samstag besuchen kommen, und wenn es dir nix ausmacht bis Sonntag bleiben. Was sagst du, Avi Baby?" Die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus.
Einen Moment lang ist es erneut still zwischen uns und die Worte müssen erst einmal zu mir durchdringen. Ich habe ja mit allem gerechnet, aber ganz bestimmt nicht damit.
Sie so schnell wieder zu sehen erfüllt mich mit so viel Freude, dass ich nicht anders kann, als ein überdimensionales Grinsen auf dem Gesicht zu tragen. Wenn mich jemand so sehen könnte, würde sich bestimmt fragen, aus welcher Anstalt ich geflohen bin.
„Das ist ja mal ne mega geile Überraschung, die du da ausgeplaudert hast! Klar könnt ihr bis Sonntag bleiben. Von mir aus auch für immer." Lache ich freudig auf.
„Allerdings müsst ihr euch irgendetwas Matratzenartiges mitnehmen. Einen Schlafsack oder so. Ich habe nur ne ganz kleine Wohnung und mit Besuch habe ich so schnell noch nicht gerechnet." Meinen Blick lasse ich dabei durch meine eher bescheidenen vier Wände schweifen.
„Ja wieso auch? Du wohnst ja erst ein paar Tage in Miami. Schon ulkig das ich noch nicht einmal die paar Tage ohne dich aushalte und dir gleich hinterher fahren muss." Liz Lachen hallt verhalten durch den Lautsprecher hindurch.
Wie sehr auch ich diese verrückte Nuss, die wenigen Tage, vermisst habe, wird mir erst jetzt richtig bewusst. Ich freue mich wirklich sehr auf Liz und ihrem Freund Adam.
„Wießt du schon ungefähr, wann ihr am Samstag hier seit?", frage ich sehr neugierig nach. Ungeduldig laufe ich, immer noch nur in Unterwäsche bekleidet, in meinem Schlafzimmer umher. Bei einem weiteren Blick in den Spiegel, stelle ich fest, dass zumindest mein BH mit meinem String zusammen passt. Beides in Schwarz mit Spitze verziert.
„Also ich denke so gegen Abend. Adam muss ja auch erst arbeiten und holt mich dann hier ab.", antwortet Liz, nachdem sie gefühlt eine halbe Stunde überlegen musste.
Adam arbeitet als Automechatronicker in der Firma seines Vaters, die in Mancos ihren Sitz hat. Wie das nun mal so ist mit dem Erbgut.
Liz studiert an einem College in der Nähe von Mancos, um nah bei Adam zu sein und nicht so weit weg wie ich. Sie fand die Idee mit Miami auch gut, hat es aber nicht übers Herz gebracht, Adam so weit hinter sich zu lassen. Was ich ihr auch nicht verübeln kann. Adam ist einer von den guten Jungs und hat mir versprochen, solange ich in Miami bin mit beiden Augen auf sie Acht zu geben.
„Ja cool, ich freue mich jedenfalls riesig auf euch. Allerdings muss ich dich jetzt leider abwürgen. Ich habe gleich noch eine Vorlesung und stehe noch halb nackt, mit nassen Haaren in meinem Zimmer herum." Hastig fährt mein Blick von meinem Spiegelbild zu der Uhr in der Küche herüber.
„Nur in Unterwäsche in der Vorlesung aufzutauchen würde dir auch keinen Abbruch tun.", kichert sie erneut. „Aber Verständnis habe ich trotzdem. Du kannst dich die Tage ja einfach nochmal melden."
„Ja werde ich, Lizzi. Bye", verabschiede ich mich hastig.
„Bye Avi.", dringt es noch kurz aus dem Hörer, ehe ich aufgelegt habe.
Hastig schlüpfe ich in meine enge Jeans und streife mir schnell mein T-Shirt über. Im Badezimmer angekommen ziehe ich mir das kleine Handtuch von meinem Kopf und hänge es über den Handtuchhalter zum Trocknen.
Mit meiner Haarbürste entwirre ich meine leichten Locken und beginne diese trocken zu föhnen. Immer, wenn meine Haare nass sind, kräuseln sie sich zu vielen kleinen Schlangenlinien. Wenn man so will, habe ich keine glatten und keine lockigen Haare. Ich habe beides, kann es mir also aussuchen. Dafür muss ich sie nur unterschiedlich trocknen. Ein großer Vorteil wenn man auf Abwechslung steht.
Mit getrockneten Haaren suche ich hektisch meine Sachen zusammen. Nach der Vorlesung will ich direkt zum Blade's gehen, deswegen packe ich auch gleich wieder meine große Sporttasche. Die Kleine in die Große, und auf gehts.Auf dem Weg zum Campus herrscht reges Treiben um mich herum. Es scheint so, als würden alle nur für ihre Vorlesungen aus ihren Löchern kriechen. Von der morgendlichen Ruhe ist nichts mehr übrig. Allerdings stört mich das gerade wenig.
Vor dem Hörsaal angekommen, verrät mir ein erneuter Blick auf die Uhr, überpünktlich zu sein.
Erleichtert, dass ich es doch noch rechtzeitig geschafft habe, beschließe ich, mir einen Kaffee am Automaten zu holen.
Vor diesem angekommen krame ich mein Kleingeld heraus und werfe vierzig Cent in den dafür vorgesehenen Schlitz.
Heute habe ich Lust auf einen pechschwarzen Kaffee. Ohne alles, einfach nur Koffein.
Einen Pappbecher stelle ich unter den Hahn und warte voller Vorfreude auf die dunkle Flüssigkeit. Das Zischen verrät mir, dass es jeden Moment soweit ist.
Da kommt sie schon, heiß und dampfend füllt sich mein Becher.
Vollbepackt laufe ich mit meinem gefüllten Kaffeebecher und meinen Taschen in Richtung Hörsaal.
Kurz vor diesem angekommen, will ich mir einen Schluck des braunen Gesöffs genehmigen, allerdings stoße ich während dessen gegen jemanden. Der ganze Becher entleert sich über meiner Brust.
„Scheiße, ist das heiss!", presse ich schmerzhaft hervor und blicke an mir herunter.
Mein T-Shirt ist vorne herum fast komplett mit dem heißen Kaffee bedeckt. Ich ziehe den nassen Stoff etwas von meiner Haut weg, um den Schaden wenigstens etwas zu minimieren, als ich es vor mir auch fluchen höre.
„Mensch, kannst du blöde Tussi nicht mal deine Augen auf machen?", ertönt es sehr schrill. Beim Hochschauen erblicke ich eine Blondine, die bis hinten geschminkt ist und ihr Kleidungsstil knapper als knapp unter ihrem Po endet. Zudem gewährt sie so viel Einblick, dass man seiner Fantasie überhaupt kein bisschen freien Lauf lassen kann. Oder doch, wie sie wohl abgeschminkt aussehen wird.
Wer ist hier wohl eher die Tussi, frage ich mich augenblicklich.
Beim näheren Absuchen auf Kaffeeflecke, springen mir ihre Brüste wortwörtlich ins Gesicht. Die sind doch niemals echt, denke ich mir, mit einem erschrockenen Gesicht. Wer hat denn bitte freiwillig solch große Wassermelonen?
Allerdings erinnere ich mich wieder, warum ich sie so anstarre, kann jedoch keinen einzigen dunklen Fleck auf ihr entdecken. Warum schnauzt die mich dann so an, schießt es mir gleich in den Kopf und meine Augen verengen sich zu Schlitzen. Wenn ich sie getroffen hätte, dann könnte ich ihr Verhalten ja verstehen, aber nicht so.
Augenblicklich werde ich wieder durch ein nerviges Geräusch, was anscheinend ihre Stimme darstellen soll, aus meinen Gedanken gerissen.
„Genug gestarrt, du Opfer? Komm Lucy.", schnaubt die Barbie vor mir und stöckelt mit ihrem Brünetten Zwilling davon. So überrumpelt von der Dreistigkeit, die Barbie an den Tag gelegt hat, stehe ich immer noch wie angewurzelt mit offenem Mund an Ort und stelle.
„Oh mein Gott, Ava, was hast du denn gemacht?", dringt die entsetzte Stimme von Jenny plötzlich zu mir durch. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie mein mit Kaffee geschmücktes Oberteil an.
„Ich bin gegen Barbies stahlharte Brust gelaufen und dagegen haben meine Süßen leider keine Chance." Das konnte ich mir nicht verkneifen und zeige mit meinen Händen auf mein nasses T-Shirt.
Jennys Blick in diesem Moment, unbezahlbar!Überarbeitet am 05.07.2019
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Angel Kiss (Beendet)
Romance"Ich gebe nicht auf, niemals. Wenn es sein muss, dann kämpfe ich bis zum bitteren Ende und notfalls noch weiter." Ava Sawyers große Leidenschaft ist das Boxen. Im Boxverein eines alten Bekannten möchte sie von vorn beginnen, einen Neustart wagen, d...