Kapitel 50 -

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Masons Sicht

Angespannt lenke ich das Auto von Josh Richtung Heimat, da wirft sich mir glatt die Frage auf, welches Zuhause ich ansteuern soll?! Meinen Kumpel werde ich heute bestimmt nicht alleine lassen. Wie es mit den Mädels hingegen aussieht, kann ich nicht beantworten.
Jenny gleicht eher einem Geist als sich selbst und Ava, nun ja, sie scheint tief in Gedanken versunken zu sein. Als ich einen flüchtigen Blick in ihre Richtung schweifen lasse, fällt ihr, zum Glück, mein Mustern nicht auf. Ihre Haare hat sie irgendwie lockig gemacht, was ihr verdammt gut steht. Sie gleicht einem Engel, der seinen sonst so intensiven Glanz irgendwo in dieser abgefuckten Lagerhalle, zwischen diesen ganzen Dreckskerlen verloren hat.
Kopfschüttelnd lenke ich meinen Blick wieder auf die leere Straße. Auch wenn ihr Anblick mir einen Stich versetzt so will ich mich von ihr fern halten und sie soll, wenn überhaupt, den nächsten Schritt machen. Mein Kuss bei ihr Zuhause war immerhin deutlich genug!
Wir biegen gleich auf die Schnellstraße ab und von dort aus ist es nicht mehr weit bis nach Hause.
„Wo soll ich euch rauslassen?", durchbricht meine tiefe Stimme die erstickende Stille. Aufmerksam beobachte ich Ava im Rückspiegel.
Erschrocken zuckt sie hoch und wirft mir einen fragenden Blick zu.
„Wir bleiben bei Josh!" Sie überrascht mich mit ihrer festen Stimme und ich hebe eine Augenbraue an. Nie habe ich damit gerechnet, dass Ava freiwillig die Hand meines Kumpels halten will.
Klar, sie ist in letzter Zeit oft mit uns um die Häuser gezogen aber nach dem Kuss hat sie nicht nur mich sondern auch jeden Einzelnen der Jungs gemieden. Was öfter für große Verwirrung bei Ihnen gesorgt hat, da keiner sich ihren plötzlichen Abstand erklären konnte, mich mit eingeschlossen.
Dass sie mir aus dem Weg geht, leuchtet mir zwar ein, aber die Distanz zwischen den Jungs ist nicht fair. Jeder Einzelne von ihnen mag sie, sogar Alex, der eher Abstand zu jeglichen Weibern hält. Aber Ava nicht zu mögen gleicht schon fast einem Weltwunder, denn sie ist etwas ganz Besonderes! Ihr selber scheint das in keinster Weise klar zu sein, was sie nur noch sympathischer macht.
„Ich passe auf ihn auf, ihr müsst nicht extra mit. Schlaft euch lieber-"
„Nein! Du brauchst gar nicht weiter reden. Wir kommen mit, so lasse ich ihn bestimmt nicht alleine und schlafen kann ich sowieso nicht mehr.", unterbricht sie mich barsch und den letzten Teil nuschelt sie kaum hörbar. Mit einem einfachem Nicken gebe ich mich geschlagen, immerhin ist sie loyal, was ich ihr hoch anrechne und diese Nacht war schon aufregend genug.
Welche Frau geht schon freiwillig zu solchen illegalen Fights, nur um ihrer Freundin beizustehen? Oder zieht einen anstrengenden Morgen dem kuschelweichen Bett vor? Genau, Keine! Außer der zerknautschte Engel auf Josh's Rückbank hinter mir. Bei diesen Gedanken macht mein Herz einen kleinen unmerklichen Hüpfer.
Ihr Blick hält für einige Sekunden Meinem stand und wenn mich nicht alles täuscht, funkeln ihre Augen nicht so angenehm wie sonst, sie wirken glasig und verloren. Ihr leuchtendes Grün ist verschwunden, eher matt und von Tränenflüssigkeit umringt. Überrascht hebe ich eine Augenbraue, als sie den Blick senkt, ihre Augen schließt und eine klitzekleine, kaum merkliche Träne ihre weiche Wange herunter rinnt.
Überfordert mit der Situation, frage ich mich, was ich tun soll.
Seit Delia, war mein Umgang mit Frauen noch nie über flüchtige Bekanntschaften hinaus gegangen und diese eine ernsthafte Beziehung liegt schon ein paar Jahre hinter mir.
Soll ich sie fragen, was mit ihr los ist, oder doch lieber so tun, als wenn ich nichts mitbekommen habe? Spidergirl scheint mir eher eine der starken Persönlichkeiten zu sein und wenn sie weiß, dass ich ihre Gefühlslage mitbekommen habe, wird es ihr definitiv unangenehm sein. Deprimierender muss ich das Ganze nicht noch zusätzlich gestalten, also entscheide ich mich für die zweite Variante und schweige. In dieser Hinsicht zumindest.
„Dann fahre ich uns alle am Besten zu Noah und mir," teile ich Ava meine Entscheidung mit. Sie nickt mir einverstanden zu und starrt weiterhin gedankenverloren aus dem Fenster.

Nach weiteren zehn Minuten kommen wir vor meiner Wohnung zum Stehen.
„Na dann wollen wir mal", flüstere ich mir selber leise zu. Allerdings fällt mir ein, dass ich Josh nicht alleine mit Ava aus dem Auto bekomme, also werde ich nach schauen, ob Noah da ist. Vorhin, als ich von Ava um Hilfe gebeten wurde, war er mit den Jungs unterwegs. Was schonmal bis in die frühen Morgenstunden gehen kann.
„Ich bin gleich wieder da.", verkünde ich und steige aus dem Wagen aus, um in unserer Wohnung nach meinem Mitbewohner zu suchen.
Leise knarzend öffne ich die Schlafzimmertür von ihm und stecke meinen Kopf durch den Spalt, nur, um schnarchend empfangen zu werden. Leicht amüsiert darüber erscheint ein Grinsen auf meinem Gesicht.
Geräuschlos schleiche ich mich zu ihm herüber und rüttle an seinem Arm, bis er seine Augen erschrocken aufreißt.
„Alles gut Kumpel. Ich bin's nur, Mason."
„Was verdammt nochmal machst du um diese Unchristliche Uhrzeit in meinem fucking Zimmer?!", blafft er mich muffelig an. Er ist eine der größten Diven, wenn es um seinen Schönheitsschlaf geht!
Augenrollend erkläre ich ihm die Situation mit Josh, Jenny und Ava, dass sie draußen warten und unsere Hilfe brauchen.
Als Noah endlich den Ernst der Lage erkennt und sich sicher ist, dass es kein schlechter Scherz ist, zieht er sich in Windeseile um.
„Wie kommt Josh zu so einem Scheiß? Und dann nimmt er auch noch die Mädels mit!" Schockiert über den illegalen Kampf und sein Handeln, will das Ganze nicht in seinen Kopf gehen, genauso wenig wie in Meinen. Immerhin setzt er seine ganze legale Karriere als Boxer damit aufs Spiel. Wenn Daniel nur einen Hauch einer Ahnung hat, wird er Josh rausschmeißen. Auf die Frage, wieso er die Mädels mitgenommen und gleichzeitig in so große Gefahr gebracht hat, habe ich ebensowenig eine Antwort.
„Ich habe keinen blassen Schimmer", seufze ich einmal laut auf.
Auf dem Weg zum Auto weise ich meinen Kumpel noch auf den Zustand von Jenny hin, damit er nicht doch noch auf die Idee kommt, dass alles hier nur ein großer Scherz ist. Selber habe ich noch nie unter Schock gestanden und muss zugeben, dass Jennys Verhalten sehr irritierend ist. Ungläubig nimmt er es erst einmal hin. Am Besten, er überzeugt sich gleich selbst davon.

Angel Kiss (Beendet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt