Das laute Klingeln der ersten Runde ertönt ohrenbetäubend laut. Alle Anwesenden blicken erwartungsvoll auf den hell erleuchteten Boxring, so wie auch die Jungs und ich. Nur mit dem klitzekleinen großen Unterschied, dass mein Freund sich in diesem Ring befindet, was mich zugegebenermaßen sehr nervös macht.
Anfangs jubelte jeder seinem Favoriten zu, so auch wir Mason, doch jetzt ist es ganz still um uns herum und jeder verfolgt die ersten unspektakulären Schläge aufmerksam. Sie ähneln zwei Raubkatzen, die sich gegenseitig umkreisen, abchecken und austesten, wie weit sie gehen können, bis der Erste ansetzen wird, um seine Faust hervorschnellen zu lassen.
Zwischen Mason und Anatol herrscht Eiszeit, was man nur all zu deutlich spürt. Sogar ein Blinder würde die explosive Stimmung der Beiden sofort wahrnehmen.
Aber auch die Abneigung zueinander ist ihnen deutlich anzusehen. Wobei ich nicht verstehen kann, warum Anatol solch ein Verhalten an den Tag legt. Immerhin hat er Mason's Freundin in den Tod getrieben und nicht umgekehrt. Wütend darüber spannt sich auch mein Körper an.
Bei all den schlimmen Dingen, die ich heute über die Tarek-Brüder erfahren habe, kann ich kein bisschen Mitleid mit einem von ihnen empfinden. Weswegen ich stolz mein Kinn erhebe und Alles genauestens verfolge. Schließlich verteilt mein Freund gerade einige schmerzende Treffer auf die hässliche Visage von seinem Gegner.
Jubel bricht um uns herum aus.
Mein umherschweifender Blick fängt eine tobende Menge, wie sie euphorisch im Einklang aufschreit und wie sie Mason zurufen, ein.
Auf der anderen Seite des Rings sehen die Gesichter nicht so erfreut aus. Vitali und sein Trainer blicken sehr finster auf das Schauspiel vor ihnen, bis der Gong erneut ertönt und somit die dritte Runde beendet wird. Blitzschnell hechten sie an die Seile und kümmern sich um den Berg aus Muskeln, der nun nicht mehr so sehr von sich selbst überzeugt scheint. Erfreut darüber erhellt sich mein Gesicht hinterlistig.
Da ich Mason nicht ablenken möchte halte ich mich auch während des Kampfes im Hintergrund. Daniel und Noah leisten ihm genug Beistand, da mache ich mir überhaupt keine Sorgen, denn er ist bei Ihnen in den besten Händen.
Mein Boxer sitzt auf einem kleinen Hocker und bekommt eine Flasche von Noah gereicht, aus der er sofort gierig trinkt. Daniel steht vor ihm gebeugt und redet auf ihn ein, weswegen er immer wieder verstehend mit dem Kopf nickt.
Hektisch schiebt Noah den Zahnschutz zurück in Mason's Mund. Dieser ist dafür da, um sich vor Verletzungen am Kieferknochen, Lippe, Mund und Zähne zu schützen, beziehungsweise sie so gering wie möglich zu halten.
Im Football schützt ein solcher Schutz sogar vor Gehirnerschütterungen. Denn es entsteht eine so große Druckwelle durch den harten Aufprall des Ober- und Unterkiefers, dass es zu einer solchen Verletzung kommt. Das hat mir Adam damals erzählt, als er beschlossen hatte, dem Footballteam unserer High School beizutreten. Allerdings hat er diesen Sport schnell wieder verworfen. Er ist eher der Typ, der sich an öligen Motoren die Hände schmutzig macht.Nach dem nächsten Läuten steht Mason ruckartig und voller Energie auf. Sein Blick ist dabei so fokussiert, dass ich am liebsten in seine momentane Gedanken- und Gefühlswelt schlüpfen würde, nur um ihn ein wenig der Last abzunehmen die er empfinden muss.
Sein Kontrahent sieht zugegebenermaßen leider auch wieder besser aus. Enttäuscht rümpfe ich meine Nase.
Dieser Zustand hält bei Anatol dennoch nicht all zu lange an.
Verblüfft von der Gefasstheit, die mein Freund an den Tag legt, trotz der Vergangenheit mit den Tarek-Brüdern, genieße ich die nächste Runde genauso wie die Runden zuvor.
Rein nach Punkten müsste Mason definitiv weit Vorne liegen, aber mein Gefühl sagt mir, dass es Heute auf ein K.O. hinauslaufen wird.
Anatol würde nie freiwillig aufgeben und Mason hat so lange auf diesen Kampf hingearbeitet, weshalb er sich den Sieg ebensowenig nehmen lassen wird. Davon bin ich überzeugt!
„Er ist wirklich in Bestform", brummt Kelvin zufrieden neben mir.
„Oh ja das ist er!" Ein breites Grinsen ziert mein weiches Gesicht.
Erneut schweift mein Blick zur anderen Seite herüber, in der Hoffnung auf einen entsetzten Zwilling zu stoßen. Nur fehlt leider jede Spur von Vitali. Stattdessen fange ich Galanow ein, wie er wütend die Hände in die Luft schmeißt. Amüsiert kichere ich vor mich her. Aufgeblasener Wicht, denke ich über sein Verhalten welches er vorhin an den Tag gelegt hat nach.
Erneutes Rundenende und somit wird sich wieder aufopferungsvoll um die Boxer gekümmert.
Daniel schmiert abermals Mason's leicht lädiertes Gesicht mit einem Gemisch aus Adrenalin und Vaseline ein. Das Adrenalin stoppt die Blutung seines Schnitts an der linken Augenbraue und die Vaseline schmiert die Wunde zu und hält die Haut elastisch damit der Schnitt nicht noch weiter aufreißt. Unter Anderem dient die Vaseline auch den nicht aufgeplatzten Hautstellen um ihr Elastizität zu spenden und ein solches Aufreißen zu verhindern.
Scheinbar geht der Kampf doch nicht so spurlos an meinem Freund vorbei wie erhofft. Aber was habe ich auch erwartet? Anatol ist immerhin amtierender Regionalmeister und das wird man nicht einfach über Nacht. Da gehört schon eine ordentliche Prise Können dazu.
Die nächste Runde wird angestimmt, doch die sonst so fokussierte Art des Boxers scheint wie weggeblasen. Einige üble Schläge prasseln auf ihn nieder und durchbrechen ab und zu seine, momentan wirklich grottige, Deckung.
Mit gerunzelter Stirn betrachte ich das Desaster, welches sich genau vor mir abspielt. Was ist nur los mit ihm, frage ich mich und meine Stirn wirft Falten.
Mason scheint nach irgendjemanden in der Menge zu suchen, weswegen er seinen Gegner fast vollkommen ignoriert und Dieser einige böse Treffer erzielt.
Aufgewühlt begreife ich nicht, was in ihm vorgeht. Die restlichen Zuschauer ebenso wenig. Lautes Gemurmel geht durch die Reihen.
Immer noch tosend blickt Mason um sich herum, bis seine Smaragde auf Meine treffen. Die Zeit steht für einen Bruchteil einer Sekunde Still.
Unsicher, was mit ihm los ist, blicke ich ihm entgegen. Er hingegen scheint durch mich hindurch zu sehen. Langsam verzweifelt frage ich mich, ob ich sogar etwas falsch gemacht habe und er sich deswegen so komisch verhält. Aber womit nur, rattert es durch meinen Kopf.
Die Mine des Boxers wechselt abrupt zu panisch und blickt mich nun wieder voll und ganz an. Hektisch fuchtelt er mit den Händen herum und ruft irgendetwas unverständliches über die Menge hinweg. Nur leider kommt nichts vernünftiges bei mir an, da er auch schon den nächsten Schlag einstecken muss.
Sein kleiner Schnitt an der linken Augenbraue ist nun eine große klaffende Wunde, aus der das Blut nur so heraus strömt. Entsetzt reiße ich meine Augen auf. Mit keiner plausiblen Erklärung, was verdammt nochmal hier vor sich geht ertönt ein überhebliches Lachen hinter mir. Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen.
Ab da geht alles ganz schnell.
Mason dreht sich so unerwartet zu seinem Gegner herum, dass dieser nicht mit der Härte seiner Schläge gerechnet hat und plötzlich zu Boden geht. Während des Aufpralls ist Mason schon halb über die Seile gesprungen und brüllt panisch meinen Namen.
Augenblickliche Unruhe bricht um mich herum aus. Nur ich stehe wie angewurzelt da.
Versucht alles zu erfassen was hier vor sich geht, bekomme es aber einfach nicht hin. Wie in Watte gepackt verstehe ich keinen einzigen Laut um mich herum.
Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich wie Jemand neben mir nach meiner Schulter greift. Abrupt werde ich an eine harte Brust gedrückt. So fest und ruckartig das ich nur dumpf die Luft herauspressen kann.
Lautes Gebrüll durchbricht meinen komatösen Zustand.
„Packt ihn fest!", brüllt eine raue Stimme.
Nach dem Grund dieser Aufruhe suchend taucht Mason vor meinen Augen auf. Er steht über jemanden gebeugt und holt immer und immer wieder aus, um mit seiner Faust feste auf diesen Jemand einzuschlagen.
„Du wirst nie wieder Irgendwem etwas antun!", zischt Mason wütend.
Josh, Kalvin und Percey versuchen Mason von dieser Person weg zu bekommen, was ihnen aber nicht so recht gelingen will. Einfach zu viel Adrenalin rauscht durch seinen Körper und sorgt für die konstante Kraft, die er eigentlich nicht mehr aufbringen können sollte.
Verwirrt darüber an wessen Brust ich gedrückt werde, wenn Mason vor mir völlig ausflippt, drücke ich mich von dem muskulösen Körper weg. Die aufkommende Anspannung fällt aber sofort von mir ab, als ich in Alexanders besorgtes Gesicht blicke. Seine Augen scannen meinem gesamten Körper, von Oben bis nach Unten und wieder zurück, ab. Erleichtert entspannt er sich.
Mein Blick gleitet wieder besorgt zurück zu den Jungs. Gott sei Dank haben sie Mason wieder fest im Griff, was mir freie Sicht auf die bewusstlose Person auf dem Boden verschafft.
Es ist Vitali.
Neben ihm liegt ein Klappmesser, welches nun von Alex aufgehoben wird, der sich an mir vorbeigeschoben hat.
Immer noch total ahnungslos suchen meine Augen nach zwei ganz bestimmte Smaragde, die auf mich zukommen.
„Geht's dir gut?" Total aufgelöst reißt sich mein Freund die Boxhandschuhe von den Händen und kommt vor mir zum stehen. Er ist so groß, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen muss, um ihn richtig betrachten zu können.
Seine linke Gesichtshälfte ist total blutverschmiert, was von der Platzwunde über seiner Augenbraue kommen muss. Mitfühlend verziehe ich mein Gesicht schmerzverzerrt.
Nun ist er der Jenige, der mich an beiden Händen fasst und meinen ganzen Körper abscannt , genauso wie es Alex vor wenigen Minuten noch getan hat. Was ist denn bloß los mit denen?
„Die Frage ist doch eher ob es dir gut geht?" Total überfordert durch das Interesse meines Wohlbefindens, obwohl er die klaffenden Wunden sichtbar trägt, ziehe ich ihn in meine Arme, um ihn am liebsten nie wieder los zu lassen. Einen kurzen Moment kann ich seinem Herzschlag lauschen, wie er sich allmählich verlangsamt. Schlag um Schlag das Tempo drosselt und sanfter gehen seine Rippen schlägt.Nach einer halben Stunde ist von den ganzen Besuchern im Galanow's nichts mehr zu sehen. Nur noch die Jungs, Daniel, Galanow selbst, ich und einige Polizeibeamten stehen in vereinzelten Grüppchen herum.
Alexander überreicht einem der Polizisten das Klappmesser, welches er vorhin neben Vitali aufgehoben hat. Es wird in eine dieser klischeehaften Plastiktüten, wie man sie aus dem Fernsehen kennt um Spuren zu sichern, gesteckt. Mit einem Nicken entfernt sich der Officer und geht zu einem Koffer in diesen er scheinbar all die Beweise des heutigen Abends steckt.
Immer noch kann ich nicht fassen, was sich vorhin hinter meinem Rücken abgespielt hat.
Laut den Erzählungen und unzähligen Zeugenaussagen wollte mich Vitali tatsächlich mit diesem Messer verletzen oder sogar töten, wenn meine Jungs nicht Schlimmeres verhindert hätten.
„Ich bin so froh das dir nichts passiert ist, Spidergirl."
„Und wir erst!", stöhnen die restlichen Jungs. Erleichtert zieht mich mein Freund an seine trainierte Brust, an die ich mich sofort schmiege und seinen angenehmen Duft inhaliere. Sanft streicht er mir über den Rücken was ich mehr als genieße. Plötzlich legen sich noch weitere Bizeps, Trizeps und Sixpacks um uns.
Jeder einzelne der heißbegehrtesten Junggesellen Miamis beteiligt sich an der Gruppenumarmung, weswegen ich schmunzeln muss. Jenny würde in Ohnmacht fallen, wenn sie das sehen würde.
Leicht hebe ich meinen Kopf in den Nacken um Mason besser mustern zu können. Sein Schnitt wurde bestens von Daniel versorgt, was ihn nicht mehr ganz so lädiert aussehen lässt.
Während unsere Augen aufeinander treffen erwärmt sich augenblicklich meine Brustgegend so dermaßen, dass es mir wie Schuppen von den Augen fällt.
Dieser Kerl bedeutet mir mehr als ich je in Erwägung gezogen habe.
Vor meinem inneren Auge spielen sich im Schnelldurchlauf all die Szenen ab, die ich mit ihm und den Jungs in Verbindung bringe:Das erste Aufeinandertreffen vor Daniels Boxclub. Wo ich auf die bescheuerte Idee mit der Spinne gekommen bin und so meinen Spitznamen von Mason verpasst bekommen habe.
Als Mason mich nach meinen wilden Punch Out Drills vor den fragenden Blicken der Jungs beschützt hat, obwohl wir uns noch nicht einmal beim Namen kannten.
Die vielen anstrengenden gemeinsamen Trainingseinheiten.
Die Party, wo ich so ausgelassen und zugegebenermaßen sehr zügellos, vor allem unwissend, mit Mason getanzt habe.
Die vielen Besuche im Biscuit und die damit verbundenen tollen Gespräche.
Meine allererste Fahrt mit einem Motorrad.
Die ausgelassenen Stunden am Strand, ob joggend oder beim Sonnenbaden.
Meine verräterische Panikattacke im Biscuit und den damit verbundenen wunderschönen Kuss, welcher zu einem Liebesgeständnis mir gegenüber geführt hatte. Nur war ich wiedermal blind vor Angst und habe es fast komplett versaut.
An den Abend, an dem Josh seinen illegalen Kampf hatte. Wie schlimm es um ihn stand, was mir heute noch einen Schauer über den Rücken jagt, und wie selbstverständlich uns Mason dort heraus geholfen hat. Trotz unserer Funkstille.
Wie Mason mir an diesem Abend, oder soll ich besser Morgen sagen, bei der Erzählung meiner Vergangenheit beigestanden hat und er mich auch an seine Teil haben ließ. Wie er gegen all meinen Erwartungen zu mir gehalten hat. Mir klar gemacht hat, dass es nicht meine Schuld war, sondern ein blöder Unfall. Zudem hat er mir an diesem Abend meinen zweiten Kuss gestohlen.
Bei all diesen Erinnerungen muss ich schmunzeln zugleich bedrückt schnaufen. Es ist einfach so viel in der kurzen Zeit passiert. Schlimme Dinge sowie die schönsten in meinem Leben.
So eng liegt Freud und Leid beieinander.
Ein wirklich heftiges Auf und Ab.Seine Augen funkeln so unglaublich hell, dass ich mich jedes Mal auf's neue in ihnen verliere, in der Hoffnung mit ihnen für immer zu verschmelzen.
„Ich liebe dich, Mason."
Hey meine Lieben,
das Ende von Angel Kiss ist nun da, was ich einfach immer noch nicht fassen kann!
Für mich war es die Erste, und somit eine ganz besondere Reise.
Ava hat mich oft in ihre Welt eintauchen lasse, wofür ich ihr sehr dankbar bin, denn es ist ein wirklich tolles Projekt für mich gewesen. Etwas traurig bin ich ja schon...Aber ich hoffe euch hat es gefallen und trotz meiner langen „Sendepause" nicht aufhören lassen es zu lesen.
Über ein Feedback eurerseits würde ich mich wirklich sehr freuen.
Was kann ich verbessern und was hat euch besonders gefallen?
Wollt ihr noch mehr von Ava, den Jungs und dem Boxen?
Fühlt euch gedrückt
❤️eljomucona❤️
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Angel Kiss (Beendet)
Romance"Ich gebe nicht auf, niemals. Wenn es sein muss, dann kämpfe ich bis zum bitteren Ende und notfalls noch weiter." Ava Sawyers große Leidenschaft ist das Boxen. Im Boxverein eines alten Bekannten möchte sie von vorn beginnen, einen Neustart wagen, d...