Josh tritt mit großen Schritten auf diesen Travis zu und lugt finster auf ihn herab. Er ist bestimmt zwei Köpfe größer und auch wesentlich muskulöser als dieser Widerling. Das scheint auch Diesem klar zu sein, denn seine Vorfreude, unserer Verabredung eine zu verpassen, verpufft sogleich und er hebt beide Arme abwehrend in die Luft.
Etwas schadenfroh darüber muss ich mir ein Schmunzeln verkneifen.
„Hätte ich gewusst, dass die Schnecken zu dir gehören, dann hätte ich mein Geschwafel für mich behalten, Josh." Reumütig rechtfertigt sich der Schwarzhaarige und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Seine Freunde, die dieses Szenario genauso aufmerksam wie Jenny und ich mitverfolgen, scheinen genau so viel Respekt vor unserem Freund zu haben, denn es mischt sich keiner ein.
Allerdings ist mir aufgefallen, dass mich einer von diesen Typen viel zu aufdringlich mustert. Er scheint angestrengt zu grübeln und sogleich frage ich mich, ob wir uns irgendwoher kennen könnten? Vielleicht von einem meiner Turniere oder eines von Jaydens. Immerhin habe ich ihn zu jedem einzelnen begleitet und wir waren keine Unbekannte in der Boxszene.
Er hat ganz kurze dunkle Haare, einen Dreitage Bart, braune mandelförmige Augen und ist auch sehr gut in Form. Seine Statur verrät mir, dass er viel trainiert und keineswegs so ein Hämpfling wie dieser Travis ist. Unsere Augen treffen sich für einen kurzen Moment und ich kann sehen wie er ganz langsam seine Grübchen hebt. Ich hingegen ziehe meine Stirn kraus, weil ich nicht weiß, was das zu bedeuten hat.
Verwirrt wende ich mich wieder meinen Freunden zu und erkenne schnell, dass die Unterhaltung mit Travis beendet ist, denn wir setzen uns in Bewegung.
Mit einem letzten schadenfrohen Blick in dessen Richtung laufe ich zufrieden an ihm vorbei. Er hingegen schaut nur angespannt auf den Boden.
Wir nähern uns dem Boxring und das Gedränge um uns herum wird immer aggressiver. Der Geruch von Alkohol mischt sich noch zusätzlich unter die anderen Nuancen, was mich erneut die Nase rümpfen lässt. Alkohol konnte ich noch nie ausstehen und der Geruch davon erinnert mich viel zu sehr an Vergangenes.
Die Lagerhalle füllt sich allmählich immer mehr, sodass wir uns wirklich durch die Massen quetschen müssen. Jetzt verstehe ich ansatzweise, wie sich ein Baby bei seiner Geburt fühlen muss. Zügig presse ich mich an den Leuten vorbei, um meine Freunde, die Hand in Hand vor mir her laufen, nicht aus den Augen zu verlieren. Immerhin habe ich Jenny versprochen, für Sie da zu sein, da wäre es äußerst unvorteilhaft, verloren zu gehen. Ihr kann ich ansehen, dass sie es hier alles andere als angenehm findet. Selber finde ich es auch nicht gerade grandios, aber meine Angst hält sich in Grenzen. Ihre hingegen spiegelt sich sehr gut in ihren, sonst so strahlenden Augen wieder.
Josh bleibt vor einem alten Boxring stehen, der auf einer Erhöhung steht, um sich von den Massen abzuheben, und redet mit einem jungen Kerl, der an den Seilen gelehnt steht. Dieser nickt ihm wissend zu und sieht zu Jenny herunter, die ihm zögerlich die Hand reicht. Meine Wenigkeit hält sich im Hintergrund. Es geht hier schließlich nicht um mich.
Jennys Blick gleitet zu mir und sie beugt sich nach mir herüber.
„Das ist Jet, ein Kumpel von Josh. Er wird ein Auge auf uns haben, solange er im Ring steht.", erklärt sie mir vielversprechend. Verstehend nicke ich meiner Freundin einfach nur zu. Immerhin ist es hier viel zu laut, um sich vernünftig zu unterhalten. Da kann ich mir meine Spucke auch sparen.
Jet, der wirklich süße Grübchen hat, schenkt mir ein warmes Lächeln, während Josh in meine Richtung zeigt, was ich gleich erwidere. Wenigstens ein angenehmes Gesicht unter den vielen undurchschaubaren Gestalten.
Der Boxring ist im Moment leer und beim genauen Hinsehen, kann man das ganze Blut darauf erkennen. Auch in mir steigt langsam die Nervosität auf. Immerhin ist das Ganze hier kein Kinderkram mehr. Josh wird gleich in diesen alten, mit Blut beschmierten Ring steigen, und wenn er nicht aufpasst, auch seines darüber verteilen. Dieser Gedanke passt mir gar nicht und ich schiebe ihn schnell wieder bei Seite. Josh schafft das!
Ein älterer Mann mit einem Mikrofon in der Hand betritt die Mitte der Seile und sagt den nächsten Kampf an.
„Ladys und Gentleman, es geht spannend weiter mit unserem blitzschnellen Knight und schlagkräftigen Dawson." Der Mann zieht das letzte Wort des Satzes ganz lang und die Menge tobt. Alle grölen wie verrückt die Namen der Boxer wild durcheinander.
„Ihr wisst Alle, wie es läuft. Die Wetten werden Vorne entgegen genommen und nach Beendigung des Kampfes folgt die Auszahlung. Also nutzt die restlichen Minuten und wählt euren Sieger." Der Ansager lässt das Mikrofon sinken und stellt sich an den Rand des Ringes. Interessiert verfolge ich das ganze Geschehen vor mir, sodass ich gar nicht mitbekommen habe, dass Josh bereits umgezogen ist. Jenny steht mit Jet an den Seilen und verfolgt, genau so wie ich, das ganze Theater.
Knight steigt selbstbewusst und konzentriert in den Ring, als die Menge zu Toben beginnt. Mit lauten Pfiffen und Jubel wird er begrüßt, umso neugieriger bin ich, wer sein Gegner, dieser Dawson, nun ist. Mit kleinen Schritten tapse ich zu Jenny heran und riskiere einen Blick auf die andere Seite zu dem Herausforderer von Josh.
Das gibt es doch nicht, denke ich mir und verstehe jetzt genau, warum er mich vorhin so schelmisch angegrinst hat. Josh's Gegner ist der Typ von vorhin. Einer der muskulösen Kerle, die bei Travis standen. Der mit den raspelkurzen Haaren. Total baff gaffe ich ihn einfach nur ungläubig an.
Wenn die Menge gerade am Toben war, steht sie jetzt kurz vor einer Explosion, so sehr jubeln sie dem Kurzhaarigen zu. Überrascht über diese plötzliche Anfeuerung Dawsons schaue ich fragend zu Jet. Dieser lehnt sich leicht zu mir herüber.
„Dawson ist ein zäher Gegner, der aber für Josh kein Problem sein sollte. Sein einziger Vorteil ist seine Brutalität mit der er vorgeht. Wenn Josh also nicht gut aufpasst, wird ihm seine gute Technik und Schnelligkeit nichts nützen. Aber so wie ich unseren Kumpel kenne, wird er ihn locker in die Tasche stecken.", versichert er mir. Was mich wirklich beruhigt. Ein ungutes Gefühlt hingegen bleibt dennoch.
Die beiden Männer stehen sich in der Mitte gegenüber und Dawsons schaut direkt in mein Gesicht. Seine schmalen Lippen öffnen sich leicht und verziehen sich zu einem wirklich widerlichem Lächeln. Unbeeindruckt wende ich meinen Blick auf Josh. Irgendetwas scheint sein Gegner ihm noch gesagt zu haben, denn er schaut jetzt auch zu mir und sein Körper verkrampft sich kaum merkbar. Aber ich schwöre, dass ich es gesehen habe.Mir bleibt keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn die erste Runde wird mit einem lauten Gong eingeleitet. Das schlechte Bauchgefühl hingegen bleibt und verheißt mir nichts Gutes. Aber wenn ich mir die erste Runde so anschaue, ist Josh seinem Gegner klar im Vorteil. Genauso wie es Jet gerade noch gesagt hat. Josh hält seine Deckung sehr gut aufrecht und tastet sich mit ein paar einfachen Schlägen an Dawson heran. Dieser bleibt aber eher gelassen und hält seine verbundenen Fäuste hoch. Spannt hin und wieder seine Muskeln an, wenn ein Schlag von Josh kommt.
Die Menge wird langsam unruhig und fängt an zu schimpfen, dass sie mehr sehen wollen. Sie würden ja nicht umsonst bezahlen. Wut steigt in mir auf und ich kann nicht fassen, dass diese Leute zum Leid anderer extra hier her kommen. Jenny und ich sind immerhin als Unterstützung da und Josh hat bestimmt seine Gründe. Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, aber es muss einfach eine plausible Erklärung geben!
Jenny zuckt heftig zusammen und ich greife automatisch nach ihr und halte sie fest in meinen Armen. Ein Blick auf die Kämpfer jagt auch mir einen Schauer über den Rücken. Josh hat eine große Platzwunde über seinem linken Auge und es strömt sehr viel Blut seine Wange herunter. Die Menge jubelt augenblicklich zufrieden. Entsetzt drücke ich Jenny noch näher an mich heran.
„Keine Sorge, Jenny. Auch bei normalen Kämpfen können solche Wunden entstehen. Wenn die Runde vorbei ist, wird sich Jet bestimmt direkt darum kümmern", beruhige ich meine Freundin.
Angespannt verfolgen wir den Kampf. Josh hat Schwierigkeiten, Treffer zu landen und Dawson nutzt natürlich die Schwachstelle für sich. Er versucht immer wieder, auf die blutende Wunde von Josh zu treffen, aber wenigstens kann dieser die Angriffe gut abwehren.
Ein erneuter Gong ertönt und Josh kommt direkt in unsere Ecke, um sich auf einem Hocker verarzten zu lassen. Immerhin machen sie wenigstens das. Denn Boxhandschuhe sind hier anscheinend nicht erlaubt. Die beiden Boxer haben nur die Hände getaped. Bestimmt, damit die blutgeilen Zuschauer mehr zu gucken haben. Angewidert und zornig verspannen sich meine Muskeln.
„Kann ich irgendetwas tun, Jet?"
„Ja. Tupf mal bitte mit einem Lappen das Blut von der Wunde, damit ich sie eventuell Kleben kann. Aber nur wenn du damit klar kommst." Der Mann mit den bezaubernden Grübchen zeigt auf einen Eimer in dem mehrere Lappen liegen. Sogleich lasse ich Jenny mit einem letzten prüfenden Blick los und wende mich Josh zu. Immerhin hat er meine Hilfe gerade nötiger.
Leicht feucht presse ich den weißen Lappen auf Josh's klaffende Wunde, die einfach nicht aufhören will zu bluten. Nicht mehr lange und die nächste Runde wird wieder eingeläutet. Fluchend mustere ich den Boxer vor mir. Seine gebräunte Haut ist mit einem glänzenden Schweißfilm überdeckt und an manchen Stellen seines Körpers hat er, von einigen Treffern, Prellungen. Schwer atmend trinkt Josh einige Schlücke Wasser. Der eigentlich weiße Lappen in meiner Hand ist schon komplett Rot und ich verringere den Druck auf die Platzwunde, nur um mich zu vergewissern, ob sie noch blutet. Zum Glück ist das aber nicht mehr der Fall und Jet kann mit seiner Arbeit anfangen. Mit einem letzten Wischer über Josh's Wange, schmeiße ich den Lappen zurück in den Eimer und geselle mich wieder zu Jenny. Diese schaut sehr erschüttert auf ihren Freund herunter.
„Alles klar?", frage ich sie.
„Ja!", lügt sie mich an, denn ich kann ihr ansehen, wie sehr sie das Ganze hier mitnimmt und ich kann es mehr als verstehen. Man geht ja schließlich nicht alle Tage zu illegalen Kämpfen und schaut zu, wie der eigene Freund verletzt wird. Aufmunternd schenke ich ihr ein warmes Lächeln, was von ihr aber nicht erwidert wird.
Der nächste Gong ertönt und die zweite Runde beginnt. Jet stellt sich wieder zu uns und mustert mich fragend, bis er sich zu mir herüber beugt.
„Bist du Krankenschwester oder so?" Jet legt seine Augenbrauen Kraus.
„Nein, wieso fragst du?"
„Na weil du dich überhaupt nicht geekelt hast, die Wunde zu versorgen." Immer noch verwirrt schaut er mich an.
„Ach das meinst du. Ich boxe selber und da kommt es ja schonmal öfter zu Verletzungen.", erkläre ich dem Freund von Josh. Überrascht heben sich seine Augenbrauen.
„Okay, damit habe ich jetzt nicht gerechnet." Seine Grübchen kommen anerkennend zum Vorschein. Verlegen lächle ich einfach nur zurück bis unsere Aufmerksamkeit, durch lautes Aufschreien der Menge, zurück auf den Ring gerichtet wird.Hey meine Lieben,
ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende 😊Da hat sich Josh aber auf etwas eingelassen. Ob er da wieder heil rauskommt, was meint ihr?
❤️Fühlt euch gedrückt❤️
❤️ Bis nächste Woche ❤️
❤️ eljomucona ❤️
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Angel Kiss (Beendet)
Romance"Ich gebe nicht auf, niemals. Wenn es sein muss, dann kämpfe ich bis zum bitteren Ende und notfalls noch weiter." Ava Sawyers große Leidenschaft ist das Boxen. Im Boxverein eines alten Bekannten möchte sie von vorn beginnen, einen Neustart wagen, d...