Kapitel 15 - Links oder Rechts ?

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Jenny steht noch einen Moment regungslos da und schaut geschockt auf mein beschmiertes T-Shirt. Ich hingegen schaue Barbie noch finster hinterher, wie sie lasziv den Gang mit ihrem dunklen Zwilling entlang stöckelt. Der männlichen Gattung scheint es sehr zu gefallen, denn die Blicke werden immer schmutziger und ihr Grölen immer lauter. Angewidert verziehe ich mein Gesicht.
Typisch Männer! Wenn sie zwei Brüste, bei ihr wohl eher Wassermelonen, entdecken, scheint deren Gehirn unterversorgt zu sein und das ganze Blut fließt scheinbar nur in die untere Region.
„Wenn du willst, kann ich dich zu deinem Wohnheim begleiten, damit du dich schnell umziehen kannst. " Jenny sieht freundlich zu mir herüber und holt mich aus meinen missachtenden Gedanken, die ich der Männerwelt entgegen empfinde.
Angenehm überrascht schenke ich ihr ein ehrliches Lächeln.
Das ist wirklich eine super liebe Geste von ihr, weswegen ich es ihr hoch anrechne. Es ist schon Ewigkeiten her, dass Jemand bereit war, etwas für mich ohne Hintergedanken zu tun, weshalb mir leicht wärmer ums Herz wird.
„Ach Quatsch, ich habe meine Sportsachen dabei. Ich ziehe mir einfach davon etwas an. Du kannst ja schonmal in den Hörsaal gehen und ich ziehe mich schnell auf einer Toilette um", schlage ich vor. Die Riemen meiner Sporttasche fest umschlungen halte ich Ausschau nach dem stillen Örtchen.
„Okay, die Toiletten sind eine Etage höher, direkt rechts an der Treppe. Dann sagen wir bis gleich?" Ob Jenny Gedanken lesen kann?
„Ja bis gleich, ich beeile mich", sage ich beiläufig und schaue mich suchend nach dem Treppenhaus um. Ich erkenne neben dem Kaffeeautomaten eine Glastür die in das Treppenhaus führt. Also bewege ich mich auf diese zu und versuche mein nun kaltes T-Shirt von mir fern zu halten. Es ist nicht gerade ein angenehmes Gefühl auf meiner verbrühten Haut.
Mit Schwung drücke ich die schwere Glastür des Treppenhauses auf und bereue es sogleich. Es ist so hell durchflutet, dass sich meine Augen erst einmal daran gewöhnen müssen, weswegen ich sie zu schmalen Schlitzen zusammen presse. Die komplette Außenwand des Treppenhauses besteht aus lichtdurchlässigem Glas, also ist es kein Wunder, dass ich hier halb erblinde. Zumindest könnte ich versuchen, die Uni zu verklagen.
Genervt komme ich ein Stockwerk weiter oben an und drücke erneut eine schwere Glastür auf. Jenny meinte direkt rechts, aber ich sehe leider keine Toiletten oder etwas was annähernd danach aussieht. Grüblerisch verharre ich einen Moment in meiner Position und checke die Ebene ab. Irgendwo muss schließlich das blöde Bad sein.
Plötzlich fällt mir eine Gruppe von Männern auf. Sie stehen zu sechst weiter hinten vor einem Hörsaal und unterhalten sich lautstark. Ab und an lacht mal einer von ihnen. Mir scheint es so, als würde ich ein paar von ihnen kennen, aber um Genaueres sagen zu können, bin ich einfach zu weit entfernt von ihnen.
Ermahnend erinnere ich mich wieder an mein eigentliches Ziel, die Toiletten!
Ich muss endlich aus diesen eklig nassen Klamotten heraus. Plötzlich erspähe ich die gesuchten Räumlichkeiten als sich mein Blick nach Links richtet und ein Gefühl der Freude in mir aufkeimt. Jenny scheint wohl auch eine von denen zu sein, die Rechts und Links Mal gerne vertauschen. Zufrieden laufe ich auf die Tür zu und öffne diese, begleitet von einem knarrenden Geräusch.
Vor einem Waschbecken in der hintersten Ecke stelle ich meine Sporttasche auf den Boden, hocke mich daneben und ziehe den langen Reisverschluss auf. Auf der Suche nach etwas Akzeptablem durchwühle ich jeden noch so kleinen Winkel. Meine Wahl fällt schlussendlich auf ein weißes T-Shirt, welches mir viel zu groß ist. Für das Training perfekt, aber um in der Uni damit rumzurennen nicht gerade meine erste Wahl. Allerdings möchte ich dann doch ungerne nur mit einem Sport BH bekleidet in meiner Vorlesung auftauchen.
Seufzend schnappe ich mir das weiße Shirt und lege es über das Waschbecken, um mir mein nasses Oberteil zuerst von meinem Körper zu streifen. Dieses lasse ich mit einem lauten Platscher auf den Boden fallen. Links neben mir nehme ich mir einige Papierhandtücher aus dem Spender, mache sie mit lauwarmem Wasser nass und wringe sie etwas aus. Mein Duschgel, welches ich mir schon parat gestellt habe, schmiere ich etwas auf die feuchten Tücher in meiner Hand. Es duftet so frisch nach Mango. Ich liebe diesen Duft und atme ihn mit vollem Genuss ein.
Nur noch im BH bekleidet wasche ich mir meinen Bauch und mein Dekolleté vorsichtig ab. Es roch so stark nach Kaffe und war so klebrig, dass ich es einfach nicht bis nach der Vorlesung ertragen hätte. Noch nie konnte ich es leiden wenn etwas an mir klebte.
Leise zische ich auf, weil eine betroffene Stelle schmerzt.
Erleichtert, dass ich endlich fertig bin, werfe ich die nassen Papiertücher in den kleinen Mülleimer und schaue in den riesigen Spiegel vor mir. Aber was ich dort sehe erschreckt mich dermaßen und ich werde sogleich an etwas erinnert.
Mit zittrigen Händen fahre ich mir leicht über meine Brust die überall ganz rot und geschwollen von dem heißen Kaffee ist. Sogar mein Bauch hat einige rote Flecken. Das habe ich ja Mal wieder super hinbekommen, fluche ich innerlich.
Wenn ich später im Blade's bin, werde ich Daniel fragen ob er eine Salbe für mich hat. Schließlich ist es in guten Boxclubs üblich diverse Salben, Mittelchen und Verbände für den Notfall parat zu haben.
Bei dem weiteren Betrachten im Spiegel erinnern mich diese roten Male an ähnliche Flecken die ich damals gehabt habe. Eigentlich sollte dieser Tag ein schöner Tag werden, aber so kann man sich täuschen...

Überarbeitet am 27.07.2019

Angel Kiss (Beendet) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt