Fertig gestylt und angezogen schlendern wir zu dritt durch den schmalen Flur, der nach unten zur Party führt.
Mit jedem Schritt wird die Musik lauter und immer mehr Leute stehen in vereinzelten Grüppchen herum. Je näher wir der Party kommen, desto dominanter wird auch der Geruch von Alkohol und Schweiß, der beißend in meine Nase steigt.Unten angekommen muss ich staunen, denn ich habe nie damit gerechnet, dass hier so viele Menschen hinein passen.
Der ganze Eingangsbereich ist so brechend voll, dass man kaum einen Fuß vor den Anderen setzen kann.
Weswegen wir uns durch die schwitzenden Körper hindurch kämpfen, bis wir abseits eine offene Wohnungstür entdecken und in die darauffolgende Wohnung schlüpfen.
„Hier drin sind wir erst einmal sicher vor dem ganzen Tumult da draussen. Hätte echt nicht gedacht, das die Party solche Ausmaße annimmt", entschuldige ich mich bei Ihnen. Liz und Adam sind nur wegen mir hier, und ich habe ehrlich gesagt deswegen ein ziemlich schlechtes Gewissen.
Wenn ich ihnen die Sache mit der Party schon vorher mitgeteilt hätte, dann hätten sie sich ein ruhigeres Wochenende aussuchen können, doch nun müssen sie mit mir da durch. Ob sie wollen oder nicht.
„Ist doch eigentlich ganz cool und lass' die ersten mal müde werden, dann sieht es schon wieder ganz anders aus.", winkt Liz nur ab und schaut sich in der kleinen Wohnung um. Adam und ich tun es ihr gleich.
Diese Wohnung ist genauso aufgeteilt wie meine, nur dass sie spiegelverkehrt angebracht ist. Eigentlich logisch, da sie auf der gegenüberliegenden Seite liegt.
Eingerichtet ist sie etwas trostlos, keine Farben, keine Bilder oder irgendetwas Privates.
Entweder wohnt hier ein Mann oder die ganzen Dinge wurden aufgrund der Party beiseite geschafft.
Als wir weiter zum Schlaf- und Wohnbereich vordringen wird uns klar warum sich hier „niemand" rumtreibt:
Zwei miteinander wild rumknutschende Pärchen räkeln sich halb nackt auf den Betten herum.
Abrupt bleiben wir wie angewurzelt stehen, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Aber sein wir mal ganz ehrlich, die Vier würden nicht einmal ein Erdbeben mitbekommen, so intensiv, wie sie miteinander beschäftigt sind.
Als ich meinen Blick zu Liz wende, kann ich die Belustigung in ihren Augen sofort aufblitzen sehen und muss mir ebenfalls ein Lachen verkneifen.
Wer hätte auch schon daran gedacht, hier eine Orgie anzutreffen, wenn nur ein paar Meter entfernt eine riesige Party steigt? Klar, auf Partys wird viel getrunken, was die Hemmschwellen drastisch senkt, aber die Außer-Rand-und-Band-Partys steigen sonst nur im TV.
Adam hat sich endlich aus seiner Schockstarre gelöst und zum Gehen umgedreht.
Man kann ihm die Fremdscham ansehen. Liz bemerkt es scheinbar auch und streicht ihm liebevoll über den Arm, während wir ihm zum Ausgang folgen.Zurück im Gedränge bricht gleichzeitig das Gelächter aus mir und Liz heraus.
„Was war das bitte?", schreit sie schon fast in meine Richtung, da die Musik sehr laut ist.
Als Antwort darauf zucke ich nur belustigt mit den Schultern und folge Adam, der auf eine frei gewordene Ecke zusteuert.
Der Bass zu dem gespielten Lied verpasst mir eine extreme Gänsehaut und durchflutet mich mit solch einer positiven Energie, dass ich mich sogar freiwillig ein wenig im Takt mitbewege.
Das Lied höre ich gerade zum ersten Mal und ich muss zugeben, dass es mir gefällt, obwohl ich eigentlich eher auf Rock und Metal stehe.
„Schatz, alles gut bei dir?", erkundigt sich Liz bei Adam der noch etwas durcheinander von gerade eben scheint.
Adam ist einer von den guten Jungs. Einer der sein Mädchen auf Händen trägt und den roten Teppich nur für sie ausrollt.
Wenn ich so darüber nachdenke, dann habe ich ihn noch nie außer Kontrolle oder gar betrunken gesehen.
Er ist schon immer die vernünftige Seele von uns gewesen. Das sogenannte Engelchen auf der Schulter und hat uns gezügelt, wenn wir wiedermal über die Stränge geschlagen haben.
Er ist eigentlich das komplette Gegenteil von Liz, aber vielleicht passen sie auch deswegen so gut zusammen.
„Ja, alles gut, Schatz", versichert er Liz. Ausgelassen beugt er sich zu ihr herunter und küsst sie sanft. Ein Zeichen für mich, auf die Suche nach etwas Trinkbarem zu gehen, und Jenny habe ich auch noch nicht gesehen, kein Wunder bei dieser Menschenmenge.
„Hey, ihr süßen Turteltauben, ich suche uns mal etwas zum Trinken.", zwinkere ich meinen Freunden zu und mache mich erneut auf den Weg durch die schwitzende Masse.
Die Bar müsste genau auf der anderen Seite des Foyers liegen, dass weiß ich noch von heute morgen, als sie aufgebaut wurde. Dementsprechend kämpfe ich mich immer weiter durch die tanzenden, grölenden und betrunkenen Leute, in der Hoffnung, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben.
Die Stimmung ist wirklich ausgelassen und jeder feiert was das Zeug hält.
Zwischendurch halte ich immer wieder Ausschau nach Leuten, die ich kenne, aber leider ohne Erfolg.
An der Bar, die aus zwei Tischen und vielen verschiedenen Getränken besteht, angekommen, entscheide ich mich für Bier. Ich will nach drei roten Bechern greifen, als ich in ein bekanntes Gesicht genau vor mir blicke.
„Hey, Ava, da bist du ja endlich!", reißt Jenny mich in ihre Arme und lacht. Sie ist eine so verrückte Frohnatur, ich muss direkt mit ihr lachen und erwidere ihre Umarmung.
„Das ist doch Mal 'ne geile Party oder?", fragt sie mich aufgeregt, als ob Ostern und Weihnachten auf einen Tag gefallen ist.
Sie dreht sich um und schaut in die Menge zu den tanzenden Körpern.
„Ja, da hast du Recht, ich habe ja nicht damit gerechnet, dass hier so viele Leute hineinpassen", gestehe ich ihr und nehme die drei Becher in meine Hände.
Jenny lacht laut auf und wendet sich wieder mir zu. „Süße, die Partys hier in Miami sehen immer so aus. Es sei denn, es ist eine scheiß Party, dann solltest du aber auch gleich wieder gehen", erklärt sie mir. Jede Party soll hier so voll sein? Ungläubig lausche ich ihren Worten.
„Sag mal, warum hast du drei Becher in der Hand? Bist du solch eine Schnapsdrossel oder sind die für unsere heißen Jungs?" Ihre Augen wurden mit jedem Wort größer und man kann ihre Vorfreude auf die Jungs vom Boxclub schon förmlich riechen.
„Also erstens sind es nicht unsere heißen Jungs, denn ich habe keinerlei Interesse an ihnen und nein, ich bin keine Alkoholikerin. Ein Becher ist für mich und die anderen beiden für zwei Freunde von mir." Jenny schaut mich prüfend an und nimmt sich auch einen der Becher von dem Tisch.
„Ach, zwei Freunde also? Dann kannst du sie mir ja bestimmt auch vorstellen?" Zufrieden schaut sie mich an und deutet mir mit ihrer freien Hand an, vor zu laufen, damit sie mir folgen kann.
Als wir uns in Bewegung setzen muss ich über ihr Verhalten schmunzeln. Jenny ist wirklich eine Marke für sich, mit ihrer zarten Gestalt in der so viel Power verborgen liegt.
Bei dem nächsten Lied tobt die Menge und scheint völlig zu eskalieren.
Stolz und zufrieden stelle ich aber dennoch fest, dass nichts aus den Bechern fehlt, als wir endlich der zappelnden Masse entkommen sind.
Ich blicke hinüber zu der Ecke, in der ich Liz mit Adam zurück gelassen habe und sehe, wie sie sich lachend unterhalten. Wahrlich eine Kunst bei dieser Lautstärke.
Adam schenkt ihr zwischendurch immer wieder ein verliebtes Lächeln, was er gut genug drauf hat, um damit Jede um seinen Finger wickeln zu können. Doch zu seinem Glück ist er nicht an anderen Frauen interessiert, denn dann könnte er etwas erleben!
Mit großen Schritten laufen Jenny und ich schnurstracks auf die Beiden zu.
„Da bin ich wieder, habe Bier und Jenny mit im Gepäck", meine ich und deute dabei auf die Kurzhaarige hinter mir. Sie schaut freudestrahlend zu meinen besten Freunden.
Liz und Adam nehmen mir erst einmal jeweils einen Becher aus der Hand und wenden sich dann ebenfalls Jenny zu.
„Hey, ich bin Liz und das ist Adam, mein Freund." Meine beste Freundin streckt meiner neuen Freundin die Hand zur Begrüßung aus. Genau so wie ich Liz kenne, direkt ihr Revier markiert. Bei diesem Gedanken muss ich amüsiert schmunzeln.
„Ich bin Jenny, freut mich euch beide kennen zu lernen. Also, woher kennt ihr euch? Wohnt ihr zwei auch hier im Wohnheim?", erwidert die Kurzhaarige die Begrüßung. Sie streckt dem Traumpaar neben mir ebenfalls die Hand aus.
„Nein, Adam und ich kennen Ava schon ewig. Wir sind zusammen aufgewachsen. Adam und ich sind nur zu Besuch hier", erklärt Liz. Danach nimmt sie einen Schluck aus ihrem Becher, den ich ihr mitgebracht habe.
Aufmerksam beobachte ich die Szene vor mir und hoffe innerlich, dass die beiden Mädchen sich mögen. Um ehrlich zu sein, ist Jenny mir schon sehr ans Herz gewachsen. Aber wenn Liz sie nicht mag, dann ist es so eine komische Stimmung und es wäre echt blöd, beide immer voneinander fern halten zu müssen. Denn ich hoffe, dass Liz noch häufiger zu Besuch kommt. Doch bis jetzt gestaltet sich das Ganze eher positiv, weswegen ich erleichtert das Gespräch verfolge.
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Angel Kiss (Beendet)
Romance"Ich gebe nicht auf, niemals. Wenn es sein muss, dann kämpfe ich bis zum bitteren Ende und notfalls noch weiter." Ava Sawyers große Leidenschaft ist das Boxen. Im Boxverein eines alten Bekannten möchte sie von vorn beginnen, einen Neustart wagen, d...